Klage gegen Facebook „WhatsApp lässt Nutzern praktisch keine Alternative“

Verbraucherschützer verklagen WhatsApp wegen der Datenweitergabe an Facebook. IT-Rechtsanwalt Jan Schneider über die Erfolgsaussichten, den Symbolcharakter der Klage und was ein Urteil gegen Whatsapp bedeuten würde.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht bei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Düsseldorf: Quelle: PR

Düsseldorf Diese Ankündigung sorgte für Aufregung: WhatsApp erklärte im August 2016, dass es Nutzerdaten auch an den Mutterkonzern Facebook weitergeben wolle. Verbraucher- und Datenschützer kritisierten das Vorhaben heftig – und legten mit einer Abmahnung nach. Nachdem diese folgenlos blieb, geht der Streit nun vor Gericht. Jan Schneider, Fachanwalt für IT-Recht bei SKW Schwarz Rechtsanwälte, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Herr Schneider, worum geht es in der Klage der Verbraucherschützer gegen WhatsApp?
Die Verbraucherzentrale Bundesverband ist der Auffassung, die Speicherung von Nutzerdaten und insbesondere deren Weitergabe an den WhatsApp-Eigner Facebook verstoße gegen Datenschutzrecht. Die Verbraucherschützer klagen deshalb gegen die entsprechenden Klauseln in den WhatsApp-Nutzungsbedingungen. Eigentliches Ziel der Klage ist es aber, die Datenweitergabe dauerhaft zu stoppen und die Löschung der bereits weitergeleiteten Daten zu erreichen.

WhatsApp hat die Weitergabe von Daten an Facebook ausgesetzt. Warum also die Klage?
Solange es kein entgegenstehendes Gerichtsurteil gibt, könnte WhatsApp die Datenweitergabe jederzeit wieder aufnehmen. Bereits im September 2016 haben die Verbraucherschützer die betreffenden Klauseln in den Nutzungsbedingungen per Abmahnung beanstandet. Nachdem WhatsApp die Klauseln aber bislang nicht geändert hat, ist die Klage die naheliegende Konsequenz.

Wie beurteilen Sie die Klage – hat sie nur Symbolcharakter?
Die Klage zeigt, dass die Verbraucher- und Datenschützer zunehmend selbstbewusster werden und auch eine gerichtlichen Konfrontation mit einem US-Konzern nicht scheuen. Insofern dürften auch andere Unternehmen den Ausgang dieser Auseinandersetzung genau beobachten und daraus für sich Schlüsse ziehen.


Die Erfolgsaussichten

WhatsApp erklärt, dass die im August 2016 geänderten Nutzungsbedingungen mit anwendbarem Recht in Einklang stünden. Wie ist Ihre Einschätzung?
Mit der Änderung der Nutzungsbedingungen hat WhatsApp seinen Nutzern praktisch keine Alternative zu einer Zustimmung zur Datenweitergabe gelassen, weil die Nutzung von WhatsApp andernfalls nicht mehr möglich ist. Datenschutzrechtlich ist eine solche erzwungene Einwilligung allerdings unwirksam. Damit lässt sich die Datenweitergabe mit hiesigem Datenschutzrecht kaum mehr in Einklang bringen.
Problematisch ist vor allem auch die Weitergabe der Daten von solchen WhatsApp-Nutzern, die gar keinen Facebook-Account besitzen. Werden zudem auch Telefonnummern aus den Telefonbüchern der WhatsApp-Nutzer an Facebook weitergegeben, helfen weder die Einwilligungen der WhatsApp-Nutzer noch Vertragsklauseln, weil es hier um Daten Dritter geht, die mit WhatsApp gegebenenfalls gar nicht nutzen.

Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten?
Bei einer Klage gibt es immer die eine oder andere Unwägbarkeit, zum Beispiel die Frage, ob das angerufene Gericht sich für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts überhaupt als zuständig betrachtet. Weil das Vorgehen von WhatsApp aber mit deutschem Datenschutzrecht wohl kaum vereinbar sein wird, kann ich mir gut vorstellen, dass die Klage zumindest in Teilen erfolgreich sein wird. Der Fall wird dann aber ziemlich wahrscheinlich in die nächste Instanz gehen.

Was würde ein Urteil zugunsten der Verbraucherschützer bedeuten?
Ein Urteil im Sinne der Kläger wäre ein beachtliches Signal für den deutschen und europäischen Verbraucher- und Datenschutz. Vielleicht noch bedeutsamer als der Ausgang dieses Rechtsstreits ist aber vielleicht der Umstand, dass solche Verfahren überhaupt geführt werden. Unternehmen räumen dem Thema Datenschutz zunehmend einen hohen Stellenwert ein und bemühen sich, die eigene Geschäftstätigkeit mit den gesetzlichen Anforderungen bestmöglich in Einklang zu bringen. Die Erfahrung zeigt, dass dies auch häufig gut möglich ist. Bestenfalls wird der Datenschutz dann nicht mehr als Hemmnis verstanden, sondern als Qualitätsmerkmal der eigenen Dienste oder Produkte. Von dieser Entwicklung profitieren letztlich Verbraucher und Unternehmen gemeinsam.

Herr Schneider, vielen Dank für das Interview.

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