Vor wenigen Tagen dann, und als Folge der neuerlichen Terroranschläge in Paris im November, wurde ein Arbeitspapier aus dem Innenministerium bekannt, das deutliche Einschränkungen in Bezug auf die Nutzung des Internets vorsieht. Laut einem Bericht in Le Monde sieht das Papier neben einem generellen Verbot des TOR-Netzwerks in Frankreich, über das Internet-Nutzer anonym surfen und kommunizieren können, und dem Ruf nach Hintertüren für VoIP-Dienste auch vor, dass offene WLAN-Netze im Fall eines Ausnahmezustands geschlossen werden müssen. Ähnliche Forderungen kennt man bislang nur aus China.
Frankreichs Premier Manuel Valls erteilte den Forderungen der französischen Sicherheitsbehörden im Rahmen eines Fernseh-Interviews zwar postwendend eine Absage, doch die Debatte dürfte damit nicht beendet sein.
Falsche Signale
Für das digitale Deutschland kommt diese Diskussion zur Unzeit. Gerade hatten sich auch Innen- und Sicherheitspolitiker einigermaßen mit den Plänen für offene Netze arrangiert – diese hatten stets befürchtet, flächendeckende Hotspots würden zu einem Anstieg der Kriminalität führen und den Terrorismus befördern – denkt der erste unserer beneideten Nachbarn über eine veritable Rolle rückwärts nach.
Dabei müssen sowohl die Wirksamkeit, als auch die Durchsetzbarkeit und die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen massiv angezweifelt werden. Oder glauben wir ernsthaft, Terroristen planten im Starbucks Hotspot ihre Anschläge? Und wie würde Frankreich ein Verbot des TOR-Netzwerkes technisch realisieren? Experten halten das für ein extrem komplexes Unterfangen.
Allein die offenbar ebenfalls angedachten Hintertüren für die verschlüsselte VoIP-Kommunikation könnten einen realen Erkenntnisgewinn bringen. Aber sie bergen eben auch große Risiken für die Wirtschaft und gefährden das Grundrecht auf Privatsphäre von Millionen von Bürgern. Spätestens der Europäische Gerichtshof dürfte hier begründete Bedenken haben.
Bleibt zu hoffen, dass sich die deutsche Politik von den Diskussionen jenseits der Grenzen nicht beirren und von ihrem Weg abbringen lässt. Das wäre ein herber Dämpfer für all jene, die sich seit Jahren dafür einsetzen, dass der deutsche Sonderweg in Sachen öffentlicher und freier WLAN-Zugänge endlich ein Ende hat. Und ein herber Dämpfer für diejenigen, die auf Basis dieser breitbandigen Drahtlosnetze neue, innovative Geschäftsmodelle realisieren möchten.
Ein schneller, mobiler Internet-Zugang ist ein fester Teil des modernen Lebens. Den sollten wir uns durch reflexartigen Anti-Terror-Aktionismus nicht nehmen lassen.