Lautsprecherhersteller Bose braucht eine Verjüngungskur

Der Chef des Kopfhörer- und Lautsprecherherstellers Bose, Bob Maresca, will mit seinem Unternehmen neue Zielgruppen erschließen. Bunte und günstigere Einstiegsprodukte sollen im Kampf gegen die Konkurrenz helfen.

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Bob Maresca verordnet Bose eineVerjüngungskur. Quelle: PR

WirtschaftsWoche Online: Mister Maresca, ihr langjähriger Vertriebspartner Apple hat mit Beats Electronics einen Ihrer wichtigsten Wettbewerber erworben und macht Bose nun stärker Konkurrenz. Was bedeutet das für Sie?
Bob Maresca: Unsere Beziehung zu Apple ist sicherlich komplexer geworden. Aber sie ist seit Jahrzehnten gewachsen. Unsere Unternehmen ähneln sich, weil wir beide auf Innovation setzen. Ich bin nicht besorgt.

Zur Person

Wirklich nicht? Wettbewerber wie Beats Electronics und Monster machen Ihnen an mehreren Fronten zu schaffen. So setzen sie auf prominente Musikstars in der Vermarktung. Bose nicht. Warum?
Wir werden unseren eigenen Weg finden. Der muss glaubwürdig sein. Wir sind auf hervorragenden Sound fokussierte Ingenieure, die darauf stolz sind. Aber mir ist bewusst, wie stark Mode unser Geschäft mittlerweile beeinflusst. Meine Frau und meine Tochter haben mich schon mehrfach damit aufgezogen, warum wir nur Kopfhörer in Schwarz und Silber anbieten. Nun, das haben wir geändert.

Die besten Geräte für den mobilen Sound
Fiio X3Auffallend viele chinesische Herstellers tummeln sich auf dem Markt für Highend-Produkte. So auch Fiio aus Guangzhou City. Der X3 gehört zu den preiswertesten Modellen auf dem Markt, ist aber bereits für die Wiedergabe von Musik mit 24 Bit/192 kHz gerüstet. Neben MP3 gibt er auch die verlustfreien Formate wie WAV, WMA oder FLAC wieder.Preis: circa 220 Euro Quelle: Presse
Fiio X5Der X5 des chinesischen Herstellers arbeitet mit einem schnellen Dual-Core-Prozessor und kann daher noch mehr verlustfreie Formate verarbeiten als der kleine Bruder X3. Neben MP3 gibt er auch natürlich auch WAV, WMA oder FLAC wieder. Zwei Speicherkarten-Steckplätze mit jeweils 128 Gigabyte sorgen für ausreichend Speicherplatz. Bei Bedarf dient er als Digital-Analog-Wandler an Notebook und PC.Preis: circa 400 Euro Quelle: Presse
PonoDer Musikplayer Pono ist noch gar nicht im Handel, hat aber bereits eine Menge Aufsehen erregt, denn hinter dem hochauflösenden Player steckt Neil Young. Der kanadische Rockmusiker ist kein Freund von MP3. Er will deshalb nicht nur einen gut klingende Musikspieler auf den Markt bringen, sondern auch ein Web-Portal mit hochauflösender Musik starten. Finanziert wird das Projekt per Crowdfunding. Die Finanzierung ist bereits gesichert, der Player soll ab Dezember erhältlich sein.Preis: noch nicht bekannt Quelle: Presse
Colorfly HiFi-Player C4 ProDer C4 Pro nutzt wie andere hochwertige Modelle auch Digital-Analog-Wandler von Cirrus Logic. Musikdateien mit einer Auflösung von maximal 24 Bit/192 kHz werden unterstützt. Bei Kopfhörern ist der Colorfly nicht zimperlich, er beschallt auch große Hörer mit einem Eingangswiderstand von mehr als 300 Ohm. Für die großen Kopfhörer gibt es auch einen 6,3-Millimeter-Klinkeneingang. Die Lautstärke wird über einen nostalgischen Schieberegler gesteuert. Die Rückseite des Players ist aus Walnussholz. Auf welche Weise das dem Klang zugute kommt, ist nicht klar, einen edlen Look bekommt das Gerät aber auf jeden Fall. Auch wenn der C4 Pro so aussieht, als sei er in den Südstaaten der USA von knorrigen Handwerkern in einer Whisky-Destillerie zusammengebaut worden, die Firma Colorfly hat ihren Sitz in China.Preis: circa 580 Euro Quelle: Presse
Hifi Man HM-901Das chinesische Unternehmen Hifi Man ist in den letzten Jahren durch seine elektrostatischen Kopfhörer bekannt geworden. Mindestens ebenso interessant sind die Musikplayer der Firma. Der HM-901 ist das Flaggschiff der Reihe. Eine Besonderheit des HM-901 sind die austauschbaren Verstärkerkarten. So können sowohl die typischen Mobilkopfhörer mit 32 Ohm Eingangswiderstand angeschlossen werden als auch größere und elektrisch anspruchsvolle Hörer, die sonst an der großen Stereoanlage hängen. Das technische Highlight des Geräts sind die Digital-Analog-Wandler ESS 9018 Sabre des US-amerikanischen Herstellers ESS Technology. Unterstützt werden alle gebräuchlichen Dateiformate, neben MP3 und WAV auch das bei hochauflösenden Musikportalen häufige FLAC und Auflösungen bis 24 Bit/192 kHz. Gespeichert wird die Musik auf SD- oder SDXC-Karten. So lassen sich Karten mit bis zu 256 Gigabyte Kapazität einsetzen.Preis: 999 Euro (mit Standard-Verstärker-Modul) Quelle: Presse
Hifi Man HM-802Auch bei diesem Player kann der Käufer zwischen verschiedenen Verstärkermodulen wählen. Das serienmäßig eingebaute Modul ist für die Nutzung mit 32-Ohm-Hörern optimiert. Für das Klangbild entscheidend ist der verwendete DA-Wandler (DAC, Digital to Analog Converter). Hifi Man setzt hier auf zwei DACs von Wolfson, die bei Highend-Kennern für hochgezogene Augenbrauen sorgen. Musikwiedergabe ist bis zu 24 Bit/192 kHz möglich. Alle gebräuchlichen Formate werden unterstützt, darunter AAC, MP3, WAV, FLAC und WMA (24 Bit/bis 192 kHz)Preis: 699 Euro (mit Standard-Verstärkermodul) Quelle: Presse
Astell & Kern AK240Festhalten bitte, der Musikplayer AK240 von Astell & Kern kostet 2499 Euro. Dafür bekommt man den wohl besten mobilen Player auf dem Markt. Das martialisch-kantige Design, das Gehäuse aus Flugzeug-Aluminium und die Rückseite aus Carbon unterstreichen den Anspruch des Geräts. Der AK240 verarbeitet Musikdateien aller gängigen Formate, darunter WAV, WAV, WMA, AAC, DSD, FLAC – und natürlich das unverwüstliche MP3. Er verarbeitet Auflösungen bis zu 24 Bit/192 kHz. Der interne Speicher ist 256 Gigabyte groß, erweitern lässt sich der Speicher durch Micro-SD-Karten, die jeweils bis zu 128 Gigabyte fassen. Ein doppelt bestückter Digital-Analog-Wandler von Cirrus Logic (2 x Mono) soll dem Player in höchste Highend-Sphären heben. Die Lautstärke wird über ein solides Drehrad geregelt. Daneben erfolgt die Bedienung über das Touchdisplay. Die Musik wird entweder über WiFi auf den AK240 übertragen oder auch über ein USB-Kabel vom PC kopiert. Bluetooth hat er auch.Preis: 2.499 Euro Quelle: Presse

Ihre Konkurrenz spricht vor allem jüngere Kunden an. Bose kontert nun mit Einstiegsprodukten wie günstigen Bluetooth-Lautsprechern. Aber funktioniert das auch mit einer Marke, die auch Geräte für mehrere Tausend Dollar offeriert?
Kennen Sie jemanden, der Musik nicht mag? Sicher nicht. Warum also sollten wir uns nur auf eine Kundengruppe fokussieren? Wir werden niemals die billigsten in einer Produktkategorie sein. Aber unser Ziel ist es, für den jeweiligen Preis das beste Produkt zu offerieren.

Bose gehört heute mehrheitlich der Eliteuniversität Massachusetts Institute of Technology (MIT). Wie kam es dazu?
Unser Gründer Amar Bose, der im vergangenen Jahr starb, war viele Jahrzehnte Professor am MIT und ihm sehr verbunden. Er hat die Mehrheit der Aktien dem MIT geschenkt, mit der Auflage, dass diese niemals verkauft werden dürfen.

Regieren Ihnen nun die vielen Professoren des MIT munter ins Tagesgeschäft hinein?
Nein. Die Aktien sind nicht stimmberechtigt. Das wurde von Dr. Bose bewusst so verfügt. Er war überzeugt, dass eine akademische Institution kein Unternehmen führen sollte. Das ist weder ihre Aufgabe noch Expertise. Das MIT bekommt jährlich eine Dividende ausgeschüttet, um diese für Lehre und Forschung zu verwenden.

Die Geschichte des Hifi-Herstellers Bose

Wie hoch ist die, und wer legt sie fest?
Das ist vertraulich zwischen uns und dem MIT geregelt. Nur so viel: Die Mehrheit des Gewinns wird ins Unternehmen für Forschung und Produktentwicklung reinvestiert. Wir sind sehr glücklich, dass wir privat bleiben konnten und uns nicht alle 90 Tage von Aktionären fragen lassen müssen, wie der Gewinn verteilt wird. So können wir Projekte anpacken, die bei einem börsennotierten Unternehmen nicht möglich wären.

Zum Beispiel?
Kopfhörer mit aktiver Rauschunterdrückung, wie sie heute von Piloten oder Flugpassagieren gegen Lärm verwendet werden, würde es wahrscheinlich nicht geben, wenn wir an der Börse gewesen wären.

Das ist die Sparte, die Sie 1997 übernahmen, um sie zu retten.
Ich war damals seit elf Jahren Forscher bei Bose. Als mich Dr. Bose in sein Büro bestellte, dachte ich, dass er Forschungsergebnisse diskutieren wolle. Stattdessen forderte er mich auf, die Sparte mit der aktiven Rauschunterdrückung zu übernehmen und deren Probleme zu lösen. Ich war schockiert. Ich war mit meiner Position als Forscher sehr glücklich und hatte keine Erfahrung im Management.

Warum haben Sie trotzdem akzeptiert?
Man konnte Dr. Bose schlecht etwas abschlagen. Er war davon überzeugt, dass es die richtige Aufgabe für mich wäre. Ein paar Tage danach bekam ich einen Anruf von unserem Finanzchef, den ich noch nie persönlich getroffen hatte. Er lud mich auf eine Tasse Kaffee ein und sagte, Bob, wir beschäftigen uns seit 19 Jahren mit diesen rauschunterdrückenden Kopfhörern. Wir haben bereits 50 Millionen Dollar investiert und werden dieses Jahr weitere sechs Millionen Dollar verlieren. Jemand – und er schaute mich an – muss den Chef davon überzeugen, diese Sparte zu schließen.

Investitionen in neue Abenteuer

Was haben Sie getan?
Ich ging zu Dr. Bose und sagte, vielleicht sind Sie sich dessen nicht bewusst, aber nicht alle Manager sind so enthusiastisch für die rauschunterdrückenden Kopfhörer wie Sie. Er entgegnete: Ja, ja, ich weiß. Was hat es uns bislang gekostet? Ich antwortete: 50 Millionen Dollar. Seine Reaktion werde ich nie vergessen.

Und die war?
Er hob seine Stimme: 50 Millionen Dollar! Bob, wenn das ein börsennotiertes Unternehmen wäre, hätten die mich schon vor Jahren gefeuert! Seine Botschaft war klar. Dr. Bose war fest überzeugt, dass es ein nützliches Produkt war, es deshalb einen Markt dafür geben würde und wir den richtigen Weg noch finden würden.

Die getesteten Kopfhörer im Überblick
Audeze LCD-X: Magnetostatischer Kopfhörer der Referenzklasse mit extragroßen Hörmuscheln. Quelle: Hersteller
Audeze LCD-X: Große Feinlederpolster und stabile Aluminiumverarbeitung sorgen für ein Gewicht von über 500 Gramm. Quelle: Hersteller
Audeze LCD-X: Die Ohrpolster sind asymmetrisch geschnitten für guten Sitz. Quelle: Hersteller
Beyerdynamic Headzone: Das System besteht aus einer Basisstation samt Kopfhörer. Eine Antenne am Kopfhörer registriert Kopfbewegungen und kann die Schallsignale entsprechend verändern. So entsteht ein Raumsignal. Quelle: Hersteller
SPL Phonitor Mini: Der Kopfhörerverstärker mit Matrixschaltung kommt im sachlichen Metallgehäuse, ist aber dezent von innen beleuchtet. Die Matrix-Schaltung rechts ist über drei Kippschalter regelbar. Quelle: Hersteller
SPL Phonitor Mini: Auf der Rückseite gibt es Cinch-Anschlüsse und symmetrische XLR-Anschlüsse. Leider befindet sich auch der Ein-Ausschalter hinten (angeblich aus klanglichen Gründen). Quelle: Hersteller
Ultrasone Performance 880: Technisch-urbaner Look, die spezielle Bügelform spart Platz und sorgt für straffen Sitz am Ohr. Quelle: Hersteller

Heute sind die Kopfhörer, die Umweltgeräusche herausfiltern, eines Ihrer wichtigsten Segmente. Was brachte den Durchbruch?
1998 haben wir tatsächlich weitere sechs Millionen Dollar verloren. Aber wir haben die Qualitätsprobleme gelöst und das Produkt kompakter und kosteneffektiver gemacht. Das Militär nutzte die Kopfhörer für Panzerbesatzungen und Piloten. 1999 haben wir gemeinsam mit American Airlines die ersten rauschunterdrückenden Kopfhörer für Konsumenten im Markt eingeführt. In dem Jahr machten wir den ersten Dollar Gewinn. Wir waren so stolz, dass wir diesen eingerahmt haben. Es hat dann noch fünf bis sechs Jahre gedauert, bis wir die Gesamtinvestitionen wieder drin hatten.

Ein anderes ambitioniertes Bose-Projekt war ein neues System zum Federn von Fahrzeugen. Was ist daraus geworden?
Deswegen bin ich 1986 zu Bose gewechselt. Wir haben die beste Fahrzeugfederung der Welt geschaffen. Mercedes hat uns das bestätigt, ebenso wie General Motors und Honda. Aber – es tut mir weh, das einzuräumen zu müssen – es war leider kein kommerzieller Erfolg.

So boomt der Markt für Kopfhörer

Wo lag das Problem?
Wir haben die schwerste, teuerste und am schwierigsten zu produzierende Fahrzeugfederung der Welt geschaffen. Die verwendeten Magnete sind sehr kostspielig, und der Stromverbrauch ist zu hoch.

Haben Sie die Technologie aufgegeben?
Nein. Statt einen ganzen Wagen zu federn, haben wir uns als Zwischenlösung auf den Fahrersitz fokussiert. Rund 10 000 Trucks sind bislang damit ausgestattet. Die Federung ist auch nicht billig, hat aber Sicherheitsvorteile, weil die Fahrer weniger durchgeschüttelt werden, sich so besser auf die Straße konzentrieren können und ihr Rücken nicht so belastet wird.

Wie viel hat Bose in das Abenteuer investiert?
Eine ganze Menge. Ich bin aber optimistisch, dass es sich ähnlich wie mit den rauschunterdrückenden Kopfhörern verhält. Es ist ein nützliches Produkt. Es gibt einen Markt. Wir haben nur noch nicht den Weg gefunden, es zu vernünftigen Kosten anzubieten.

Sie betonen immer die Vorteile, nicht an der Börse zu sein. Gibt es auch Nachteile?
Eine Herausforderung ist das Einsammeln von Kapital, um neue Vorhaben zu finanzieren. Wir müssen das aus eigenen Mitteln tun. Das begrenzt unser Wachstum. Wir können nicht einfach so unseren Umsatz in einem Jahr verdoppeln. Aber da wir keine Aktionäre befriedigen müssen, können wir eben auch langsamer wachsen. Solange wir uns mit unseren Produkten behaupten und Neues auf den Markt bringen, ist das in Ordnung.

Apple-Chef Steve Jobs hat seinem Nachfolger ans Herz gelegt, bei Entscheidungen nie zu fragen, was er wohl getan hätte. Wie war das bei Ihrem Gründer, der Bose sehr geprägt hat?
Ganz ähnlich. Vor ein paar Jahren wurde Dr. Bose bei einer Diskussionsrunde vor Mitarbeitern aufgefordert, seine Vision der Zukunft darzustellen. Er sagte: Tut mir leid, aber das werde ich nicht tun. Denn sonst besteht die Gefahr, dass ihr eure ganze Zeit verschwenden werdet, meine Vision der Zukunft umzusetzen, anstatt eure zu verwirklichen. Er war Lehrer. Sein Ziel war es, anderen beizubringen, selber zu denken.

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