Lenovo & Co. Chinas Konzerne erobern den Weltmarkt

Im stagnierenden PC-Markt kennt Lenovo seit Jahren nur einen Kurs: aggressives Wachstum. Der Computer-Riese könnte schon bald Weltmarktführer HP überholen. Eine große Werbekampagne soll die Marke nun in Deutschland bekannter machen. Eine chinesische Erfolgsgeschichte mit Nachahmungspotenzial.

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Nummer eins: Mit Notebooks wie diesem auf einer Hongkonger Messer Anfang des Jahres mischt Lenovo den weltweiten PC-Markt auf. Quelle: dapd

Bernhard Fauser übernimmt die Aufgabe für Deutschland, die Lenovo für den gesamten Weltmarkt vorhat. Mit vielen Millionen Euro soll der Deutschland-Chef des chinesischen PC-Herstellers die Marke in Deutschland bekannter machen. Für den Juni kündigte er eine große Kampagne mit Plakaten, in TV und Kinos an, und die steht stellvertretend für Lenovos Weg des Wachstums: Chairman Yang Yuanking will mit dem Konzern so schnell wie möglich an die Weltspitze.

Das könnte schon in diesem Jahr so weit sein. Noch führt der strauchelnde PC-Hersteller Hewlett-Packard den Markt mit einem Anteil von rund 17 Prozent im ersten Quartal an. Während Konkurrenten wie Dell und Acer mit sinkenden Verkäufen zu kämpfen hatten, schnellte Lenovo mit einem weltweiten Wachstum von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bis auf Platz zwei vor. Mit fast fast 12 Millionen verkauften Computern kommt Lenovo inzwischen auf 13 Prozent Marktanteil. In Europa, Vorderasien und Afrika wuchsen die Chinesen den Marktforschern von Gartner zufolge gar um fast 50 Prozent. Damit stellt Lenovo alle anderen in den Schatten. Und das in einem Markt, der seit Jahren als träge gilt, in dem die Hersteller mit geringen Wachstumsraten zu kämpfen haben, und dem Branchenkenner angesichts von Smartphones und Tablet-Computern eine schwierige Zukunft voraussagen.

Mit IBM-Computern an die Spitze

Lenovo hat eine rasante Geschichte hinter sich. Erst 1984 gegründet, vertrieb das Unternehmen anfangs Geräte seiner heutigen Konkurrenten in China. Ende der achtziger Jahre kamen die ersten eigenen Computer, 2004 war Lenovo Marktführer in China. Den Grundstein für den heutigen Erfolg legte der Konzern 2005, als er die PC-Sparte von IBM übernahm. Auf einen Schlag verfünffachte sich der Umsatz fast. Mit den damals als unzerstörbar geltenden ThinkPad-Laptops landete Lenovo plötzlich im Handgepäck von Geschäftsleuten in aller Welt. Die IBM-Übernahme brachte zudem eine riesige Menge Know-How und Renommée ins Haus. IBM kam damals auf einen Marktanteil von rund sechs Prozent, Lenovo auf etwas mehr als zwei. Und nun kämpft ein chinesisches Unternehmen, das vor acht Jahren noch kaum jemand im Westen kannte, um die Vorherrschaft auf dem PC-Markt.

Schon bald könnten andere chinesische Konzerne dem Beispiel folgen und die Weltmärkte in ihren Branchen aufmischen. Konzerne, die wie zuvor Lenovo heute noch unbekannt sind. Das bekannteste Beispiel ist derzeit die Solarbranche, wo chinesische Anbieter mit teils umstrittenen Methoden auch die deutsche Konkurrenz überrollen.

Chinesen machen im deutschen Mittelstand fette Beute
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Doch es gibt noch eine Reihe anderer Unternehmen. Da ist zum Beispiel der Netzwerkausrüster Huawei, der sich zum schärfsten Konkurrenten des US-Riesen Cisco aufgeschwungen hat und nun auch im Smartphone-Markt angreifen will. Da ist die Suchmaschine Baidu, Marktführer in China, die ihren Umsatz in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdreifacht hat und deren Aktie mit mehr als 130 Dollar rund tausend mal so viel kostet wie vor drei Jahren. Das Öl- und Chemiekonglomerat Sinopec belegt Platz fünf in der Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt - und macht dabei noch überwiegend in China Geschäfte.

Ausländische Marken als Wachstumsmotor

So könnten auch bald deutsche Werbeflächen aussehen: Lenovo hat eine millionenschwere Werbeoffensive in Deutschland angekündigt, um seine Marke bekannter zu machen. Quelle: dapd

Statt mühsam zu lernen und es mit der eigenen Marke im Ausland zu versuchen, steigen chinesische Konzerne nach und nach bei ausländischen Firmen ein - und kaufen sich den schnellen Fortschritt einfach hinzu. So lösen sie sich von dem Ruf, nur schlechte Imitatoren hochwertiger Produkte aus dem Westen zu sein. Dirk Schmidt, China-Experte von der Universität Trier, beobachtet diese Tendenz schon länger. "Es war schon lange der Wunsch der Regierung, die vielen Devisenreserven in etwas anderes als Staatsanleihen zu investieren", sagt er. Zudem zwinge die harte Konkurrenz auf dem Heimatmarkt viele chinesische Konzerne, im Ausland zu expandieren.

Auch für Deutschland kommen die wichtigsten Investoren heute aus China. Das jüngste Beispiel für deren Investitionsfreude ist die Übernahme des schwäbischen Betonpumpenherstellers Putzmeister durch die Sany-Gruppe. Sany baut Bagger, Betonmischer und -pumpen, Straßenbaumaschinen, Windturbinenzubehör und ist für China das, was Caterpillar für die USA ist. Mit dem Putzmeister-Deal entsteht nun ein neuer Betonpumpen-Weltmarktführer. Das schwäbische Aichtal wird damit zur Zentrale einer chinesischen Wachstumsgeschichte.

Und das ist offenbar erst der Anfang. "Wir erwarten eine Welle von chinesisch-deutschen Übernahmen. Gerade bahnen sich ein paar sehr große Geschäfte an", sagte vor kurzem Yi Sun, China-Expertin der Beratungsfirma Ernst&Young, der Nachrichtenagentur Reuters. Ein weiteres Beispiel: Mit dem Autozulieferer Kiekert ging ein klassischer Mittelständler an den chinesischen Konkurrenten Hebei Lingyun. Auch Lenovo langte 2011 noch einmal zu und übernahm den Aldi-Zulieferer Medion. Reuters berichtet von mehr als 20 solchen Übernahmen oder Beteiligungen in Deutschland, die gerade verhandelt werden. Einige hätten ein Volumen von mehr als einer Milliarde Euro.

Versteckspiel hinter etablierten Marken

Für IBMs PC-Sparte bezahlte Lenovo seinerzeit 1,75 Milliarden Dollar, die sich mehr als gelohnt haben. Zwei Jahre prägte das IBM-Logo noch die Notebooks und Desktop-Rechner des Konzers, seither blieb nur der "Think"-Schriftzug. Anders als der PC-Hersteller halten sich viele chinesische Konzerne allerdings noch damit zurück, ihre eigene Marke im Ausland bekannt zu machen. Denn die Übernahmewelle ermöglicht es ihnen auch, die Märkte versteckt hinter etablierten Marken zu erobern. Beispielsweise denken Volvo-Käufer nicht unbedingt daran, dass ihr Geld in die Kasse des chinesischen Autoherstellers Geely fließt. "So halten die Unternehmen all das verborgen, was negativ mit der chinesischen Wirtschaft verbunden wird, wie etwa Qualitätsprobleme oder der Schutz geistigen Eigentums", sagt Schmidt.

Deshalb ist er gespannt, wie Lenovo künftig in Deutschland auftritt. Wenn die Werbestrategie aufgeht, wird es nicht mehr lange dauern, bis der Konzern auch in Deutschland und Europa seine Konkurrenten überholt. So könnte Lenovo das Eis brechen - und die Europäer sich schon bald an chinesische Marken gewöhnen.

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