Vorbilder
Wenn Apple-Gründer Steve Jobs in San Franciscos Moscone-Konferenzzentrum seine Anhänger mit seinen rhetorischen Fähigkeiten verzauberte, saß auch Mayer im Publikum und lauschte begeistert dem Altmeister. Vor allem mit Jobs’ fast zwanghafter Versessenheit auf Details konnte sie sich gut identifizieren. Erst als sich das Verhältnis zwischen Apple und Google merklich abkühlte, wurden ihre Besuche seltener.
Ihre Mitarbeiter nervte Mayer aber dennoch manchmal mit der Frage, wie wohl Steve Jobs entscheiden würde. Mit ihm fühlte sie sich seelenverwandt, weil die von Jobs dirigierten Produkte ähnlich wie die von Google das Leben von Millionen von Menschen beeinflussen. Mayer bewundert Jobs’ Kunst des Weglassens. „Es muss simpel und elegant sein“, begründete Mayer das karge Antlitz der Google-Startseite.
Von Jobs hat sie auch gelernt, wie wichtig die richtige Vermarktung eines Produktes ist. Doch die Magie ihres verstorbenen Meisters vermochte Mayer nie auf die GoogleDienste zu übertragen.
Freunde und Gegner
Die neue Yahoo-Chefin ist nicht nur mit den Google-Gründern Sergey Brin und Larry Page eng verbunden. Mit Page war sie sogar kurzzeitig liiert, die Beziehung galt lange als Tabu. Auch Ex-Google-Chef Eric Schmidt gilt als Förderer Mayers, auch wenn sie mehrmals mit ihm wegen Budgets aneinandergeriet. „Eine wahre Perfektionistin“, gratulierte Schmidt der Ex-Kollegin als einer der Ersten zur Beförderung.
Vorwürfe, dass Online-Unternehmen ihre Nutzer ausspionieren, nimmt Mayer persönlich. Für viele der beanstandeten Dienste wie Google Maps und Street View war sie zuständig. Kritiker wie den Anwalt David Boies, der Google als gefährlichen Monopolisten brandmarken will, versteht sie nicht. Sein Name ist tabu. Doch mit ihm wird sie künftig aneinanderrasseln, denn um Yahoo zu retten, muss sie Informationen über die Nutzer sammeln.
Ziele und Visionen
Mayer hat die Chance, eine Ikone des Silicon Valley zu retten. In der Internet-Branche ist sie bestens vernetzt, die Strategie des großen Yahoo-Konkurrenten Google kennt sie bis ins Kleinste, ebenso den Zukunftsmarkt im Internet: die lokale Online-Werbung. Ein harter Brocken wird für sie Microsoft.
Der Softwarekonzern betreibt die Yahoo-Suchmaschine, Yahoo erhält davon garantierte Zahlungen, verliert aber Marktanteil an Microsofts Suchmaschine Bing. Das muss Mayer stoppen, möglicherweise über eine stärkere Allianz mit Google. Yahoo ist so angeschlagen, dass jeder kleine Fortschritt als Erfolg gilt. Dass Mayer Google-Aktien besitzt, spielt keine Rolle. Im Silicon Valley ist dies bei Personalrochaden an der Tagesordnung.