
WirtschaftsWoche Online: Mister Hurd, bisher hat Oracle vor allem Software verkauft, die in den Firmen fest installiert ist. Jetzt bieten Sie immer mehr Software über das Internet zur Miete an, das Cloud Computing. Können Sie Ihr Cloud-Geschäft schnell genug hochfahren, um das schrumpfende Kerngeschäft auszugleichen?
Mark Hurd: Das Cloud-Geschäft liegt derzeit bei sieben Prozent unseres Umsatzes und wird stark wachsen. Wir haben im letzten Quartal unsere Buchungen – also abgeschlossene Verträge, deren Umsätze noch nicht in die Bilanz geflossen sind – mehr als verdoppelt. Oracle wird in diesem Jahr für mehr als 1,5 Milliarden Dollar Gesamt-Buchungen in der Cloud haben – damit sind wir sehr zufrieden. Unser Kerngeschäft ist aktuell vor allem durch Währungseffekte und den starken Dollar belastet.
Akzeptieren die Anleger diese Übergangsphase von Oracle? Denn das Cloud-Geschäft ist noch nicht so profitabel wie der klassische Software-Verkauf.
Das Cloud-Geschäft wird sehr profitabel sein. Es dauert eine gewisse Zeit zum Hochfahren, bis wir durch Größenvorteile die Kosten senken können. Aber wir haben uns zu einer vielversprechenden Marge in der Cloud verpflichtet – nämlich einer Verdopplung der operativen Gewinnmarge von zuletzt 40 Prozent auf 80 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Langfristig betrachtet wird sich unser Geschäftsmodell daher nicht sehr stark verändern. Sowohl das traditionelle Software-Geschäft wie auch die Cloud sind lukrative und profitable Sparten für uns.





Vor Ihrem Wechsel zu Oracle waren Sie fast fünf Jahre CEO von Hewlett-Packard. Wie hat sich das IT-Geschäft seitdem verändert?
Der Markt von 2005 ist nicht mehr mit dem von 2015 vergleichbar. Unternehmen suchen heute nach Lösungen, die ihre IT vereinfachen. Und die Cloud stellt eine Kombination aus Hard- und Software dar, die so integriert sind, dass sie eine Lösung bilden. Die Cloud ermöglicht zum ersten Mal, dass sich die Kunden nicht um ihre IT kümmern müssen. Sie brauchen nur die Software über das Internet zu beziehen. Die gesamte Verantwortung für Management und Pflege der Software liegt jetzt beim Cloud-Anbieter.
In der IT-Industrie gibt es etablierte Riesen wie IBM und HP, die schrumpfen. Auf der anderen Seite stehen junge agile Herausforderer wie die Cloud-Anbieter Salesforce oder Splunk. Wo steht Oracle?
Das volle Potential der Cloud
Für die Untersuchung “Tapping cloud's full potential" hat die Unternehmensberatung Bain & Company weltweit mehr als 400 Unternehmen befragt. Die Befragung ergab, dass bislang lediglich 18 Prozent des IT-Betriebs von Unternehmen in der Cloud stattfinden. Fehlende Anpassung interner Prozesse verhindert laut der Analyse die Nutzung des vollen Potenzials der Cloud. Die Folge laut Bain: „Unternehmen realisieren nur ein gutes Drittel der finanziellen Vorteile von Cloud-Lösungen“. Zudem gerieten die Unternehmen in Sachen Innovationskraft und Entwicklungsgeschwindigkeit ins Hintertreffen. Das gefährde auf lange Sicht die Wettbewerbsfähigkeit.
Es stimmt, unsere Konkurrenten sind nicht mehr dieselben wie früher. Aber das bereitet uns keine Sorgen: Wir sind auf dem Weg, der größte Cloud-Anbieter zu werden. Es gibt nur wenige alte Tech-Companies die auch in der neuen Ära erfolgreich sind, aber Oracle wird dazu gehören.
Oracle hat in der vergangenen Dekade viele Wettbewerber übernommen und sich dadurch neue Märkte erobert. Werden Sie diesen Weg weiter gehen?
Oracle fühlt sich sehr wohl mit dem gegenwärtigen Portfolio, das teils auf Zukäufen und teils auf Eigenentwicklungen beruht. Werden wir weiter Zusammenschlüsse und Übernahmen machen? Ja, vermutlich, wenn sie für uns strategisch Sinn ergeben.