Mark Zuckerberg Die dunkle Seite des Milliardärs

Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg will Grenzen überwinden und die Menschheit retten. Seine privaten Geschäfte aber entzaubern den Gutmenschen-Gestus als Fassade.

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Zuckerbergs Geheimnis: Der Facebook-Gründer predigt Transparenz, Fairness und Offenheit. Für sein privates Reich gilt das nicht. Quelle: dpa

Die Entzauberung des größten Stars der Internetwirtschaft beginnt an einem Junimorgen des vergangenen Jahres. An einem Ort, 3800 Kilometer entfernt vom Silicon Valley mitten im Pazifik. Es ist wie immer heiß in Lihue, der Hauptstadt der zu Hawaii gehörenden Insel Kauai, als bei Bill Buley das Telefon klingelt. Buley ist Chefredakteur der Inselzeitung „The Garden Island“, ein weißhaariger Mann Ende 50, der gerne Shorts und T-Shirt zur Arbeit trägt. Als er dem Anrufer an jenem Tag zuhört, ahnt er bald, dass er die beste Geschichte seines Lebens in der Leitung hat.

Der Mann beschwert sich über den Bau einer zwei Meter hohen Mauer an der Koolau Road im Nordosten der Insel. Der werde rücksichtlos vorangetrieben. Einheimische würden vom Strand ausgesperrt, geschützte Tiere bedroht. Bullige Wachleute benähmen sich rücksichtslos.

So weit, so alltäglich. Schließlich gibt es in der Gegend seit Jahren Ärger über Ortsfremde, die sich strandnahe Grundstücke kaufen und die Einheimischen verdrängen. Doch Buleys Pulsschlag steigt schlagartig, als er den Namen des Mauerbauherrn erfährt: Mark Zuckerberg. „Ich wusste sofort, das wird Schlagzeilen in den ganzen USA machen“, sagt er, und seine Augen blitzen.

Seit 2014 hat sich der Facebook-Gründer für rund 100 Millionen Dollar ein 300 Hektar großes Paradies zusammengekauft. Pila'a Beach liegt in der Nähe von Kilauea an der Nordküste der westlichsten und geologisch ältesten der acht Hauptinseln des Hawaii-Archipels, Kauaʻi. Quelle: AP

300 Hektar privates Paradies

Der Chefredakteur täuschte sich. Die Story sollte sich nicht nur in den USA verbreiten, sondern in der ganzen Welt. Denn hier ging es nicht mehr nur um ein laut Anwohnern „monströses Bauwerk“, um Repressalien, Furcht vor aggressiven Anwälten und Ärger über schwer zugängliche Traumstrände. Was schließlich sogar Kamerateams von CBS und BBC nach Kauai brachte, war der offensichtliche Widerspruch zwischen dem Mark Zuckerberg, den sie auf Hawaii kennengelernt hatten, und dem, der sich fast täglich als Wohltäter zelebriert. Zuckerberg, der 33-jährige Gründer und Chef des sozialen Netzwerks Facebook, ist mit einem Vermögen von 62 Milliarden Dollar der fünftreichste Mensch des Planeten. Er hat sich seit 2014 auf Kauai für rund 100 Millionen Dollar ein 300 Hektar großes Paradies zusammengekauft, umgeben von Stränden, bewachsen mit Palmen, rundum tummeln sich Albatrosse, Mönchsrobben und Meeresschildkröten. Aber umgeben ist es von einer zwei Meter hohen Steinmauer, es drohen weit sichtbare Verbotsschilder in den Facebook-Farben blau und weiß und Wächter in Geländefahrzeugen.

Das Unternehmen Facebook in Zahlen

Ausgerechnet der Mann, der Offenheit und Transparenz zulasten von Privatsphäre fordert, denn „die Wahrheit muss sich nicht verbergen“. Ein Unternehmer, der mit seinem sozialen Netzwerk die ganze Menschheit digital vernetzen will. Und Zuckerberg hat in den vergangenen Monaten einiges getan, um diese Botschaft zu verbreiten. Im Februar veröffentlichte er einen Brief, in dem er den Beginn einer neuen Zeit ausrief. Bisher habe sich Facebook darauf konzentriert, den Austausch innerhalb von persönlichen Netzwerken zu verbessern. Jetzt gehe es um etwas Größeres: „Unser Job bei Facebook ist es, den Menschen zu helfen, den größtmöglichen positiven Einfluss auf die Welt auszuüben.“ Er und seine Frau Priscilla gingen medienwirksam voraus und versprachen, 99 Prozent ihres Vermögens für gute Zwecke zu verwenden. Seitdem tourt Zuckerberg quer durch die USA, um den echten Menschen zuzuhören. An der Universität Harvard warb er mit großer Geste für Frieden auf der Welt und ein bedingungsloses Grundeinkommen. Zuckerbergs Eintreten für das Hehre und Gute ging so weit, dass nicht wenige in seiner Heimat Kalifornien ihm politische Ambitionen unterstellten. Dabei galt er lange Zeit als eher an Geschäften denn an Menschen interessiert. Und so drängt sich die Frage auf, ob es womöglich mit den Geschäften nicht mehr so gut läuft, wenn er sich plötzlich so intensiv für Menschen interessiert.

Tatsächlich fällt die Charmeoffensive in eine Zeit, in der es kriselt. Facebook ist unter Druck geraten, zwar noch nicht ökonomisch, wohl aber politisch und gesellschaftlich. Seit die Plattform zunehmend Hassreden und Gewaltvideos anzieht, stellen Politiker und Bürger weltweit die Frage nach der Verantwortung. In Deutschland ist ein strenges Haftungsgesetz in Vorbereitung. Zudem fragen Regulatoren und Wettbewerbshüter: Ist es wirklich wünschenswert, dass der Zuckerberg-Konzern nach Käufen des Fotodienstes Instagram und des Kurznachrichtenservice WhatsApp Social-Media-Monopolist ist? Will Zuckerberg wirklich nur unser Bestes, wenn er künftig die Gedanken seiner Nutzer lesen oder das menschliche Bewusstsein im Netz zusammenschalten möchte?

"Das Gesicht des Neokolonialismus"

Im gleichen Maße, in dem die Skepsis gegenüber Facebook wächst, steigt auch der Druck auf Zuckerberg, als Person das Vertrauen zurückzugewinnen, das anderswo verloren geht. Dass Zuckerbergs Wohltaten ausgerechnet jetzt so offensiv dargestellt werden, mag da gerade noch als Zufall durchgehen. Wer sich aber mit den privaten Geschäften des Jungmilliardärs beschäftigt, hört schnell auf, an Zufälle zu glauben. Sie zeigen den strahlenden Helden des Digitalzeitalters als rabiaten Neureichen, der fast alle Vorurteile bestätigt.

Das sind die jüngsten Milliardäre der Welt
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Der Facebook-Chef ist ein Phantom

Der Kuhio-Insel-Highway führt vom Sitz der Lokalzeitung in Lihue an spektakulären Buchten, Sandstränden, Golfplätzen und sattgrünen Farmen vorbei. Kurz hinter der Meilenmarkierung 20 geht es scharf rechts in die Koolau Road. Auf der rechten Seite der schmalen Asphaltstraße liegen adrette Einfamilienhäuser mit Vorgärten, Wiesen, Grillplätzen und Verandas. Und dann ist sie plötzlich da, die „Zuckerberg-Mauer“. Zwei Meter hoch, aus dunklen Felssteinen errichtet. Sieht aus, als ob sie schon seit Jahrzehnten dort steht. „Rein ästhetisch ist sie ganz okay“, sagt Sally Nolan, eine freundliche ältere Dame, die genau gegenüber wohnt.

Im Juli vergangenen Jahres ist die pensionierte Lehrerin aus Idaho zu ihrem Sohn nach Kauai gezogen. Da war die Mauer gerade fertig geworden und ärgerte die Nachbarschaft. Deshalb machte auch Nolan selbstverständlich bei einer Protestdemonstration im Januar mit. Die Lokalzeitung berichtete von nur zehn Teilnehmern. „Wir waren weit mehr als 50“, empört sich die Lehrerin. Schließlich ging es nicht mehr nur um die Mauer, sondern auch um die Arroganz des Bauherrn. Wie selbstverständlich hatte sich Nolan bei ihren neuen Nachbarn vorgestellt, als sie einzog. Zuckerberg hat nie geklingelt.

Privater Pfad: Den öffentlichen Weg zum Strand an seinem Grundstück in Hawaii hat sich Zuckerberg angeeignet. (Zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Matthias Hohensee

Bis heute ist er ist ein Phantom geblieben auf der Insel. Einen der wenigen Fotobeweise seiner Anwesenheit besitzt der Fast-Food-Imbiss Bubba Burger in Hanalei, wo der Milliardär vor ein paar Jahren mit Ehefrau und Entourage speiste. Von Nolans Nachbarn will zunächst keiner über das Wenige reden, was sie hier von ihm wissen. Wer sich schließlich überzeugen lässt, spricht nur unter der Bedingung, dass der Name nicht genannt wird. Warum? „Ich habe Angst“, sagt eine Nachbarin. Nein, eine direkte Bedrohung gäbe es nicht. „Die wollen das aus der Öffentlichkeit raushaben, und jeder, der redet, stört dabei.“ Gegen die Mauer haben die Nachbarn zunächst versucht, auf juristischem Wege vorzugehen. Doch im Bauamt zeigt sich schnell, wie hoffnungslos das wäre. Die Mauer blockiert nach ihrer Ansicht zwar die frische Brise vom Meer, Standort, Höhe und Material sind jedoch streng nach Bauvorschriften gewählt.

„Doch dann stach Mark in das größte Wespennest, das man auf Hawaii finden kann“, sagt die Nachbarin. Auf seinen knapp 300 Hektar Land, die direkt an den Pazifik grenzen, befinden sich acht Parzellen von hawaiianischen Familien. Diese Landstücke, Kuleanas genannt, wurden vor mehr als 150 Jahren vom hawaiianischen König an seine Untergebenen zur Nutzung übertragen und sind seitdem über Generationen weitervererbt worden. Das Problem ist, dass sie sich kreuz und quer über das Anwesen des Milliardärs verteilen. Über Tarnfirmen versuchten Zuckerbergs Anwälte zunächst, die Parzellen günstig zu erwerben. Eine Besitzerin glaubte, an einen örtlichen Bauern zu verkaufen. „Ein Anwalt rief mich an und bot mir 500 Dollar, ansonsten würde ich vor Gericht zitiert“, sagt Erbin Shannon Buckner. Angeblich soll ihre Parzelle nur einen Quadratmeter groß sein, was sie bestreitet. Als Zuckerbergs Anwälte die Daumenschrauben anzogen und gegen insgesamt 100 Personen klagten, schlug die Empörung Wellen. „Das ist das Gesicht des Neokolonialismus“, wetterte die Juraprofessorin Kapua Sproat.

Arrogante Maschen eines prominenten Multimilliardärs?

Zuckerberg lenkte ein, zumindest vordergründig. In der Lokalzeitung veröffentlichte er eine Entschuldigung. „Wir haben einen Fehler gemacht“, schrieb Zuckerberg. Die Klagen hätten nur den Zweck gehabt, herauszufinden, wer zu den Eigentümern zähle. Sie würden eingestellt. Geschehen ist das laut Buckner auch vier Monate später nicht. „Wir haben nichts schriftlich vom Gericht“, empört sie sich. „Er kann behaupten, was er will. Die Realität ist, dass ich nicht auf mein Grundstück komme.“

Ein maßgeschneidertes Loft moderner Klassik
Dass die Einhaltung von festgesetzten Fristen bisweilen Probleme verursacht, ist hinlänglich bekannt. Das weiß auch der schottische Schauspieler Gerard Butler schon längst. Die Renovierungsarbeiten in seinem Eigenheim dauerten – mit schlappen vier Jahren – etwas länger als ursprünglich geplant. Nun trennt er sich aber von der Immobilie. Quelle: REUTERS
Ein Heim voller GegensätzeButler kaufte das zweistöckige Loft in New York 2004 für 2,5 Millionen Dollar. Er hat vieles verändert, auf eine eher ungewöhnliche Art. Auf den fast 300 Quadratmetern bietet er moderne Klassik, kombiniert zeitlose Möbel mit stylischen Elementen – in der Küche zum Beispiel. Kostenpunkt: Knapp sechs Millionen Dollar. Quelle: realtor.com
Eine Galerie für sichDie Einrichtung des Apartments lässt die Bewohner einige Jahrzehnte zurückdenken. Das Loft befindet sich im Stadtteil Chelsea, inmitten vieler New Yorker Kunstgalerien. Quelle: realtor.com
Liebe fürs DetailDoch vier Jahre Renovierung und 13 Jahre Leben hinterlassen ihre Spuren und vor allen Dingen: liebevolle Details. Das will sich auch was kosten lassen. Quelle: realtor.com
Leben im FabrikgebäudeDas Apartment ist in einem alten Fabrikgebäude aus dem 20. Jahrhundert untergebracht. Die edle Einrichtung, die Säulen und Holzvertäfelungen haben aber kaum etwas mit der Fassade des Gebäudes gemein. Quelle: realtor.com
Viel WohnraumAuf den zwei Etagen und 300 Quadratmetern Wohnfläche befinden sich zwei Schlafzimmer und drei Badezimmer. Quelle: realtor.com
Nicht nur der Ausblick ist schönAuch wenn sich aus den Fenstern kein Blick auf den Central-Park bietet, lässt es sich im dunklen Mahagoniholz der Einrichtung wunderbar entspannen. Quelle: realtor.com

Gestus eines Präsidentschaftskandidaten

Zuckerbergs Verhalten könnte als arrogante Masche eines prominenten Multimilliardärs durchgehen. Schließlich hat Oracle-Milliardär Larry Ellison, zwei Ränge in der Superreichen-Liste hinter Zuckerberg, gleich eine ganze hawaiianische Insel aufgekauft und pflegt auch nicht den Ruf des geselligen Nachbarn. Doch anders als Zuckerberg hat Ellison sich nie um den Posten als Retter der Menschheit beworben.

Im Januar dieses Jahres etwa lud Zuckerbergs Facebook zum „Freundschaftstag“, einem von Facebook erfundenen Feiertag. Nutzer aus den USA, die mithilfe von Facebook Gutes tun, kamen in die Unternehmenszentrale im Silicon Valley. Organisatoren von Selbsthilfegruppen waren dabei, Facebook-Vorstand Sheryl Sandberg sprach über den Tod ihres Ehemanns, und irgendwann betrat Zuckerberg den Raum und fand warme Worte. Wenige Wochen später brach er auf, 30 Bundesstaaten der USA zu bereisen, um mit dem Gestus eines Präsidentschaftskandidaten den normalen Menschen und ihren Nöten zuzuhören. So besuchte er die Farmerfamilie Gant in Wisconsin, fütterte dort ein Kalb und fuhr Traktor. Er saß in South Carolina im Gottesdienst einer afroamerikanischen Gemeinde und traf in Ohio Familien, die Angehörige durch Drogenmissbrauch verloren hatten.

Und sollte immer noch jemand an den guten Absichten Zuckerbergs zweifeln, etwa weil die Vorwürfe, Zuckerberg habe die Idee zu Facebook zwei Harvard-Kommilitonen geklaut, nie verstummten, so kann er sich seit einiger Zeit auch ein sehr positives Bild vom privaten Zuckerberg machen. Zuckerbergs öffentliche Facebook-Seite ist mittlerweile eine Art Poesiealbum, dem 91 Millionen Menschen auf der ganzen Welt folgen: Zuckerberg in seiner alten Studentenbude in Harvard, mit seiner Familie in einem Café, mit seiner Tochter auf den Rücken geschnallt beim Fitness, beim Herumalbern mit Microsoft-Gründer Bill Gates. Inzwischen zeigt sich auch seine Frau auf Facebook, gibt so Persönliches preis wie drei Fehlgeburten, die Freude über die Tochter Max und die baldige Ankunft eines weiteren Babys. Die ersten Schritte von Max, die in die Arme ihres Vaters taumelt, ist eins der meistgeschauten Videos auf dem sozialen Netzwerk. Kann so ein Mann wirklich Ungutes im Schilde führen?

Der Edgewood Drive ist eine der typischen Alleen im alten Teil von Palo Alto, gesäumt von Redwoods, Büschen und parkähnlichen Vorgärten, die direkten Blick auf elegante Villen gestatten. Nicht so vor der Hausnummer 1456, wo eine mannshohe Hecke vor Einsicht schützt. Dahinter verbergen sich ein Swimmingpool und ein mehr als 100 Jahre altes Holzhaus mit fünf Zimmern, das Zuckerberg im März 2011 erwarb. Um seine Privatsphäre zu sichern, hat er zudem die umliegenden Häuser gekauft und dafür rund 30 Millionen Dollar ausgegeben. Nun erstrecken sich die Liegenschaften des Facebook-Milliardärs bis zur Hamilton Avenue, der nächsten Parallelstraße. Eigentlich sollten die erworbenen Häuser längst niedergerissen und neu gebaut werden. Vier einzelne Einfamilienhäuser sollen angeblich entstehen, denn für das Zusammenlegen von großen Grundstücken gibt es keine Genehmigung. Doch die Stadtplaner vermuten , dass Zuckerberg eher einen Wohnkomplex errichten will, der die gewachsene Struktur des Viertels zerstören würde. Sollte Zuckerberg also den Ärger auf Hawaii in den Griff bekommen, daheim in Palo Alto erwartet ihn das nächste Problem.

Gemeinnutz mit Hintertürchen

Dabei hatte sich Zuckerberg von Microsoft-Gründer Bill Gates den Tipp geben lassen, sich konsequent um ein gutes Image zu bemühen – schon aus geschäftlichem Interesse. Gates selbst hätte sich einst mehr Sympathie von seinen Kunden gewünscht, als die US-Regierung seinen Konzern Ende der Neunzigerjahre als Monopolisten verurteilte und Gates in dem Verfahren als verstockten und weltfremden Milliardär vorführte. Das würde heute nicht mehr passieren. Gates wird längst als einer der größten Wohltäter der Gegenwart gesehen, der für das Ausrotten von Seuchen und Krankheiten kämpft. Er und seine Frau Melinda sind Mentoren von Zuckerberg und Chan. Sie überzeugten das junge Paar, 99 Prozent ihres Vermögens für gemeinnützige Zwecke bereitzustellen. Allerdings ließ sich Zuckerberg ein Hintertürchen offen: Die dafür vorgesehenen Facebook-Aktien sind nicht in einer Stiftung, sondern in einer Firma gelandet, die das Paar verwaltet. Damit der Chef und Gründer noch lange die Kontrolle über Facebook behält, hat das Unternehmen den Einfluss anderer Aktionäre durch die Ausgabe zusätzlicher stimmrechtsloser Aktien gemindert. Einige Anteilseigner legten Widerspruch ein. Und fanden heraus, dass Zuckerberg sich parallel das Recht zusichern ließ, bis zu zwei Jahren für ein politisches Amt auszuscheiden, ohne die Kontrolle zu verlieren. Zuckerberg bestreitet die Ambitionen.

Öffentliche Person: Zuckerberg tourt derzeit durch die USA, um die Sorgen der Alltagsamerikaner zu verstehen (Zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Facebook

An Zuckerbergs hawaiianischem Domizil haben sich zwei Anwohner bereit erklärt, eine Führung entlang des Anwesens zu geben. Es geht einen staubigen Weg entlang zu einem kleinen Parkplatz. Hier beginnt der Pfad zu Larsens Beach, neben der Mauer und der Klagewelle die dritte Dimension des Zuckerberg-Konflikts – dem freien Zugang zum Strand. Der muss nach US-Gesetzen der Öffentlichkeit gewährt werden. Wo der sogenannte historische Alaloa-Pfad genau entlangführt und wie breit er sein muss, darüber herrscht seit Jahrzehnten Streit zwischen Einwohnern und Landeigentümern. Doch seit Zuckerberg seine Verbotsschilder direkt vor dem Pfad hat aufstellen lassen und so den Zugang zum Strand erschwert, ist er neu aufgeflammt.

Unten am Strand hat Richard Spacer Quartier bezogen. Er ist splitterfasernackt, denn hier tummeln sich die Nudisten. Spacer ist einer ihrer Fürsprecher, außerdem kämpft er für den freien Zugang zu Stränden. Er hat die zerknitterte Kopie eines Gerichtsurteils von 2008 mitgebracht. Es erging gegen die Investmentgesellschaft Falko Partners des ehemaligen Silicon-Valley-Hedgefonds-Tycoons Larry Bowman. Die wurde verurteilt, den Kuleana-Eigentümern Zugang zum Land zu gewähren und den alten Küstenweg wiederherzustellen. Der Entwickler gab daraufhin auf und verkaufte 2013 an Zuckerberg. Spacer kramt sein Smartphone hervor und öffnet die Kopie einer über 150 Jahre alten Karte. Dort ist der historische Alaloa-Weg verzeichnet. Er führt direkt dort entlang, wo der Facebook-Milliardär angeblich seine Villa errichten lassen will – die Privatsphäre wäre damit dahin.

Bisher hat Zuckerberg erst zwei provisorische Holzhütten errichtet, noch also wären Kompromisse machbar. Nudistensprecher Spacer schlägt vor, Zuckerberg solle Land auf seinem Grundstück so tauschen, dass die Kuleana-Eigentümer Zugang zu ihren Parzellen haben. Dann solle er den Alaloa-Weg wiederherstellen und sein Haus entweder weiter vom Strand entfernt aufstellen oder mit Sichtbarrieren schützen. Die direkten Nachbarn wären wohl schon mit einer kleinen Geste besänftigt. Auf CNN hat die Anwohnerin, die sich mittlerweile unbehaglich fühlt, den Beitrag über Zuckerbergs Besuch bei der amerikanischen Farmerfamilie in Wisconsin gesehen und Zuckerbergs Vorhaben, alle US-Bundesstaaten zu bereisen, um mit normalen Menschen zu sprechen. „Warum“, sagt sie, „tut er das nicht mit seinen direkten Nachbarn?“

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