Mensch gegen Maschine Wie lange geben wir noch den Ton an?

Künstliche Intelligenz ist schon lange kein Mythos mehr: Computer werden immer schlauer. Noch gibt zwar der Mensch den Ton an – aber was, wenn Roboter und Maschinen sich irgendwann gegen uns richten?

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Roboter im Museum für künstliche Intelligenz Quelle: dpa

Vor 23 Jahren berichteten die Medien ausführlich über einen der größten Hacking-Fälle in der Geschichte der USA: der sogenannte KGB-Hack, bei dem eine deutsche Hackergruppe für den russischen Geheimdienst westliche Computersysteme angriff. Im gleichen Jahr erfand Tim Berners-Lee das World Wide Web und Intel präsentierte den 486er-Prozessor mit 25 MHz. Da die Zahl der Computernutzer überschaubar war, wurde 1989 im kollektiven Gedächtnis als Jahr des Mauerfalls gespeichert - alles andere war schnell vergessen.

Rückblickend werden wir 2012 einmal als das Jahr sehen, in dem der klassische Personal Computer starb - und zwar ausgerechnet durch das Unternehmen, das einst seinen Durchbruch brachte: Microsoft. Wie Apple und Google setzt der Windows-Erfinder zunehmend auf Handys und Tablet-Rechner. Cloudspeicher im Internet verdrängen die Festplatte, statt Programme von Webseiten herunterzuladen, geht man in den App-Store. Aber die noch so angesagten Smartphones werden innerhalb von fünf Jahren ihren Status als Technikspielzeug Nummer eins verlieren - wenn die Augmented-Reality-Brillen kommen.

Diese Gadgets kommen 2013
Die Google-BrilleGroß war die Begeisterung als Googles Datenbrille im April 2012 erstmals vorgestellt wurde. Dafür hat das Unternehmen ein Video gedreht, dass die Möglichkeiten dieses Gadgets zeigt. Die Technik, die dahinter steht wird als "Augmented Reality", also erweiterte Realität bezeichnet. Die Idee dabei ist, dass die Software Objekte unserer Umgebung erkennt und uns mit passenden weiteren Informationen versorgt. Außerdem kann die Brille alles, was auch Smartphones leisten. Sie ist zur Kommunikation, zur Routenplanung, zum Fotografieren und vieles weitere geeignet. Was einst der Mausklick war, könnte künftig eine Kopfbewegung oder einfach die Stimme sein. Quelle: dapd
Valves SteamboxValve Corporation hat mit Steam eine Internet-Vertriebsplattform für Computerspiele und Software entwickelt. Nach eigenen Angaben sind hier inzwischen über 35 Millionen aktive Benutzer registriert. Angeblich will das Unternehmen nun auch in das Konsolengeschäft einsteigen. Gerüchten zufolge plant Valve für das kommende Jahr eine eigene Steambox als Konkurrenz Xbox, Wii und PlayStation. Ein genauer Erscheinungstermin ist noch unbekannt. Quelle: Screenshot
Das YotaPhoneIm Herbst 2013 will der russische Hersteller Yota Devices das YotaPhone auf den Markt bringen. Das Android-4.2-Gerät soll zwei Displays besitzen, die unabhängig voneinander arbeiten und so Smartphone und E-Reader miteinander verbinden. Während auf der einen Seite das "normale" Smartphone-Display zu sehen ist, befindet sich hinten ein E-Ink-Display. Dieses soll extrem stromsparend arbeiten. Gespräche zwischen dem Konzern und Mobilfunkbetreibern in Nordamerika und Europa laufen bereits. Der Preis des Smartphones ist noch nicht bekannt. Quelle: Screenshot
Microsofts neue XboxMicrosoft will 2013 wieder groß mit einer Konsole auftrumpfen, die momentan unter dem Projekttitel Xbox 720 läuft. Geplant ist ein geradezu revolutionäres Spielerlebnis. Zumindest ließ sich das Unternehmen eine Methode patentieren, die eine Datenbrille mit der Konsole verbindet. Dadurch könnte "Augmented Reality" wie bei Google Glasses künftig auch beim Gaming zum Einsatz kommen. Zusätzlich will Microsoft eine abgespeckte Xbox 360 rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft 2013 auf den Markt bringen. Quelle: Presse
iPhone 5SKaum war das iPhone 5 auf dem markt, da tauchten auch schon erste Gerücht über die Produktion eines iPhone 5S auf. Eines ist sicher, der Smartphone-Nachfolger aus dem Hause Apple wird kommen - nach aktuellen Informationen wahrscheinlich sogar schon im Frühjahr. Vielleicht aber auch erst im Sommer, Apple selbst hat sich dazu noch nicht geäußert. Angeblich soll es im Dezember bereits erste Testläufe des Smartphones gegeben haben. Außerdem wird vermutet, dass das neue Apple-Gerät mit einem schnelleren Prozessor ausgestattet wird. Bis es soweit ist, werden sich die Gerüchte um das neue iPhone ganz sicher noch einige Mal überschlagen. Quelle: dapd
Facebook-PhoneDas Bild zeigt ein "ChaCha" von HTC, so ähnlich könnte bald das "Facebook-Handy" aussehen. Monatelang war über ein Telefon aus der Zuckerberg-Familie spekuliert worden - jetzt kommen gleich mehrere auf den Markt. Auf den neuen Geräten ist Facebook aber nicht nur einer der Kommunikationswege, sondern das Herzstück. Richtige Facebook-Knöpfe haben etwa die beiden Geräte, die der Hersteller HTC auf dem Mobile World Congress in Barcelona präsentiert. HTC hatte die Markteinführung des Facebook-Handys eigentlich schon für Ende 2012 geplant. Andere Projekte schienen dem Unternehmen jedoch wichtiger gewesen zu sein. Der Termin wurde auf Mitte 2013 verschoben. Quelle: dpa
Samsungs Galaxy S4Neben dem iPhone ist das Galaxy S3 eines der beliebtesten Smartphones bei den Kunden. 2013 will Samsung mit dem S4 nachlegen. Erscheinen soll es im zweiten Quartal 2013. Natürlich sollen Leistung, Qualität und Schnelligkeit beim neuen Samsung-Smartphone deutlich besser sein. Außerdem hält sich das Gerücht, die Südkoreaner könnte auf Größe setzen und das 4,8-Zoll-Display auf 5 Zoll vergrößern. Das vermutlich im April erscheinende Gerät wird etwa 500 Euro kosten. Quelle: REUTERS

Schattenseiten der Technik

Mit eingebauter Kamera, Display und Computer erweitern die Brillen die Realität. Ein miserables Personengedächtnis? Kein Problem. Dank Kamera und Gesichtserkennung werden Name, Alter und Beruf unseres Gesprächspartners eingeblendet. Eine hebräische Speisekarte im Urlaub? Die übersetzte Fassung liefert die Brille. 2013 wird Google seine Google Glasses an Entwickler ausliefern, andere Hersteller werden folgen.

Doch jede Technik hat ihre Schattenseiten: Wenn Millionen Menschen mit stets aktivierten Kameras durch die Straßen laufen, ist abseits der eigenen Wohnung nichts mehr privat. Die Gesellschaft überwacht sich selbst, und es bleibt abzuwarten, ob und wie sich ein Gleichgewicht zwischen Technologie und Privatsphäre wahren lässt.

Ein weiteres Problem: Auch der schärfste Verstand kann immer nur mit den Informationen arbeiten, die ihm zur Verfügung stehen. Wirklich gefährlich würde es also, wenn das System gehackt und der Betroffene, ohne es zu merken, in einer Traumwelt leben würde.

Wenn Roboter erst einmal denken können...

Die Stars unter den Maschinenwesen
Der Sensible Quelle: Massachusetts Institute of Technology (MIT)
Mondspinne Quelle: dpa
Helfer fürs Heim Quelle: AP
Eiserne Hand Quelle: DLR
Genossin Frida
Nächste Stufe Quelle: Honda
Flinker Putzer Quelle: dapd

Auch die viel beschworene künstliche Intelligenz ist keine wahnsinnige Vision mehr. 2011 verblüffte IBM mit Watson, der einen 74-maligen Jeopardy-Gewinner im Quiz-Duell besiegte - dank Algorithmen, die selbstständig neue Erkenntnisse aus vorhandenen Daten gewannen.

Das Google Car hat 2012 als erstes Fahrzeug ohne Fahrer eine Zulassung für den US-Staat Nevada erhalten. Und die US-Agentur DARPA stellte jüngst den Geparden-Roboter Cheetah vor, der mit 45 km/h schneller läuft als jeder Mensch. Wenn die Roboter erst einmal selbst denken können, werden die Visionen aus den Science-Fiction-Romanen Wirklichkeit.

Cineastischer Roboter

Auch in Zukunft werden uns Rootkits, Trojaner und Phishingangriffe als Thema erhalten bleiben. Allerdings werden sich die Angreifer langfristig wohl eher auf Server als auf Endgeräte konzentrieren. Der Grund: Schwachstellen entstehen vor allem in komplexen Umgebungen, und es ist davon auszugehen, dass die Betriebssysteme von Tablets und Smartphones deutlich entschlackt und der Großteil der Logik in die Cloud - also auf die Serverseite - verlagert wird. Und durch die fortschreitende Militarisierung des Cyberspace werden ganze Heerscharen professioneller Virenschreiber entstehen, die Online-Attacken mit staatlicher Legitimation und Förderung starten.

Maschine gegen Maschine

So schnell dieser Trend begonnen hat, könnte er aber auch schon wieder zu Ende gehen - wenn nicht Menschen an neuen Schädlingen arbeiten, sondern stattdessen Maschinen gegen Maschinen kämpfen. Die Fortschritte im Bereich künstliche Intelligenz werden hier entscheidend sein. Singularität heißt das Zauberwort: So bezeichnet man den Zeitpunkt, an dem Computer intelligent genug sind, um sich ohne weitere Hilfe des Menschen selbstständig weiterzuentwickeln. Klingt unglaublich? Ich werfe als Prognose zehn bis 15 Jahre in den Raum.

Unser Verstand und unsere Sinne, durch die behutsame Hand der Evolution über Millionen von Jahren gereift, werden so in einem Augenzwinkern der Geschichte schlagartig mit Technologien konfrontiert, die unserer biologischen Entwicklung um Generationen voraus sind.

Noch geben wir den Ton an

Noch gilt: Der Mensch sagt, wo es langgeht, der Computer setzt es um. Lassen wir jedoch zu, dass unser Leben durch digitale Systeme komplett durchoptimiert wird, kehrt sich das Machtverhältnis um. Ab einem gewissen Punkt könnten uns intelligente Systeme schließlich so überlegen sein, dass wir die dahinterstehende Logik schlicht nicht mehr begreifen. Und letztlich kann ein hochintelligentes System auch als Waffe missbraucht werden.

Roboter als persönlicher Assistent

Spannende Zukunft

Die Zukunft bleibt also aufregend, aber auch riskant. Eine große Rolle spielen unsere eigenen Schwächen. In den 50er-Jahren experimentierten Peter Milner und James Olds mit Ratten, denen Elektroden ins Vergnügungszentrum ihrer Gehirne eingepflanzt wurden - sie stimulierten sich selbst so oft, dass sie vor Erschöpfung starben.

Auf einem computerkontrollierten Planeten gäbe es weder Stechuhren noch Arbeitsämter. Jeder könnte seinen Träumen und Talenten freien Lauf lassen. Je nach Selbstdisziplin entstünde so eine blühende Welt voller Künstler, Sportler und Schriftsteller - oder aber ein trauriges Häuflein lethargischer Faulpelze.

Wenn ich in Interviews gefragt werde, wie man sich am besten vor Bedrohungen im Internet schützt, ist es unvermeidbar, neben technischen Lösungen auch auf die Bedeutung des gesunden Menschenverstands hinzuweisen. Sollte der Pause machen, können wir nur hoffen, dass wenigstens die Computer einen kühlen Kopf behalten.

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