Meta Riskante Wette aufs Metaverse: Warum sich Microsoft mit Zuckerberg einlässt

Meta kooperiert für die Datenbrille Quest mit dem Software-Konzern Microsoft. Quelle: via REUTERS

Meta-Chef Mark Zuckerberg steht unter Druck. Die überraschende Kooperation mit Microsoft beim Metaverse gibt ihm Rückenwind. Doch macht sie ihn auch glaubwürdiger?

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15 Jahre ist es her, dass eine Nachricht die Internet-Branche elektrisierte. Im Oktober 2007 gab Microsoft überraschend bekannt, mit 240 Millionen Dollar in das junge Silicon-Valley-Start-up Facebook einzusteigen. Zu Konditionen, die das drei Jahre alte Unternehmen auf einen Schlag mit 15 Milliarden Dollar bewerteten. Bloß anderthalb Jahre zuvor hatte sich dessen Gründer Mark Zuckerberg nur mit Ach und Krach gegenüber seinen Gesellschaftern durchgesetzt, sein Unternehmen nicht für eine Milliarde Dollar an Yahoo verkaufen zu müssen. Das stärkte Zuckerbergs Ruf als Wunderkind des Internets. Vor allem aber verlieh es ihm Glaubwürdigkeit. Denn Facebook wurde damals noch als Modeerscheinung gesehen, als ein kurzfristiger Trend. Dass der größte Softwarekonzern der Welt trotzdem einstieg, war ein Ritterschlag, der Facebooks Werben um Kunden auf einen Schlag erleichterte.

An diesem Dienstag ist Microsoft auf Metas Entwicklerkonferenz Connect wieder überraschend Zuckerberg beigesprungen. Nicht, dass Meta – wie der Facebook-Konzern seit einem Jahr heißt – eine Pro-Version seiner Datenbrille Quest vorstellte, war die Nachricht des Tages. Das war schon seit Monaten bekannt, nur der happige Preis von 1499 Dollar überraschte. Die wahre Neuigkeit ist, dass Microsoft und Meta beim Metaverse kooperieren.

Microsoft wird seine Produkte für Metas Datenbrille Quest kompatibel machen – nicht nur für seine Zusammenarbeits-Software Microsoft Teams, sondern auch für sein wichtigstes Brot- und Buttergeschäft mit Microsoft 365, zu dem Word, Excel und Outlook zählen. Außerdem wird man bei Microsofts Spielesparte, die der Konzern gerade mit der 70 Milliarden Dollar Übernahme von Activision ausbaut, enger zusammenzuarbeiten. Microsoft-Chef Satya Nadella höchstpersönlich pries die Geschäftschancen des Metaversums in den höchsten Tönen. Meta kriegt also Zugriff auf Hunderte Millionen Microsoft-Nutzer, nicht nur Konsumenten, sondern vor allem Unternehmen. Microsoft Produkte wiederum können an die Quest, die derzeit populärste Datenbrille-Marke der Welt, andocken.

Kritik an Meta und Zuckerberg

Wie schon vor 15 Jahren bekommt Zuckerberg Glaubwürdigkeit verliehen. Zu einer Zeit, wo er sie dringend benötigt: Der Stern von Meta sinkt aktuell. Die Aktie ist dieses Jahr um 60 Prozent abgerutscht. Der Kurs dümpelt da, wo er schon mal vor vier Jahren stand. Die Kritik häuft sich, dass Zuckerberg jedes Jahr zehn Milliarden Dollar in das Metaversum investiert, von dem noch gar nicht klar ist, ob es tatsächlich ein Geschäft ist. Auf der jüngsten Hauptversammlung gab es gar eine Initiative, Kosten und Nutzen seiner Metaversum-Strategie abzuwägen.

Ist das alles nur eine Modeerscheinung, ein kurzlebiger Trend? Die gleichen Fragen wie vor 15 Jahren also, auch wenn Meta nun zu Big Tech zählt.

Ist das Metaverse nur Hype oder ein grundlegender Wandel, der bisherige Geschäftsmodelle und die Macht der Techkonzerne zerstören könnte? Cathy Hackl kennt sich mit dieser neuen Welt so gut aus wie kaum jemand anderes.
von Matthias Hohensee

Hinzu kommt, dass das Kerngeschäft von Meta erschüttert wird. Die drohende – oder bereits laufende – Rezession schmälert Werbeetats. Zudem ist im Gegensatz von vor fünfzehn Jahren schon das Gros der Werbung digitalisiert. Wachstum wird schwieriger. Zumal sich noch mehr große Wettbewerber um den Kuchen streiten. Es ist nicht mehr nur Google wie damals. Yahoo ist inzwischen weggefegt, aber Apple, Amazon, Microsoft und alle möglichen Streamingdienste steigen immer stärker ins digitale Anzeigengeschäft ein. Das geht derzeit vor allem zu Lasten von Metas Flaggschiff Facebook. Dort kommen kaum noch neue Impulse, viele Initiativen mit E-Commerce beispielsweise sind nicht aufgegangen. Dass dies nicht so auffällt, ist nur der Dynamik beim zugekauften Instagram zu verdanken. Vor allem aber plagt Zuckerberg ein Wettbewerber, den er gar nicht auf dem Plan hatte: Das chinesische Unternehmen Bytedance, das mit TikTok den Nerv der jungen Generation trifft. Der Konter von Facebook mit Reels wirkt bislang nicht richtig. Auch die Initiative von Apple, das App-Tracking zu unterbinden, der auch Google folgt, setzt Meta schwer zu.

Wenn sich weiter rumspricht, dass Facebook nicht mehr cool ist, wird sich das in den Anzeigeneinnahmen niederschlagen. Nicht auf einen Schlag. Aber 2007 hatte es ja auch ein paar Jahre gedauert, bis Unternehmen auch Facebook in ihre Werbebudgets einbezogen. Nun droht eine schleichende Erosion. Soziale Netzwerke zu verjüngen, ohne Publikum zu verlieren, dafür hat noch niemand ein Rezept gefunden.

Zuckerberg bleibt also gar nichts anderes übrig, als in neue Märkte zu expandieren. Er muss sie dabei selbst schaffen, da Wettbewerbshüter diesmal das Kaufen von Marktsegmenten nach dem Vorbild von Instagram oder WhatsApp unterbinden werden. Selbst wenn das bis Ende der Dekade dauern sollte. Meta muss wieder hipp werden, muss die junge Generation gewinnen. Denn die ist für neues offen. Und stülpt sich dafür auch Datenbrillen über.

Meta-Aktie: Wie reagieren die Anleger?

Am Dienstag versuchte Zuckerberg seine Aktionäre zu beschwichtigen. So pries er, dass mit dem Quest Store bislang 1,5 Milliarden Dollar umgesetzt wurden, dass mehr und mehr Spielefirmen innerhalb von 24 Stunden eine Million Dollar und mehr über ihn absetzen können. Die Kooperation mit Microsoft wird Metas Umsätze erhöhen und damit das Wachstum.

Doch die Börse muss noch überzeugt werden, die Meta-Aktie fiel am Dienstag weiter um vier Prozent, weil das Risiko hier mehr auf der Seite von Meta liegt. Zwar ist Microsoft mit seiner Hololens auch stark bei hochwertigen Datenbrillen engagiert. Aber im Gegensatz zu Zuckerberg weiß Microsoft-Chef Nadella, dass sein Geschäftsmodell funktioniert. Für Microsofts Software wird bezahlt und je mehr Außenwirkung diese kriegt, desto besser. Mit dieser plattformübergreifenden Strategie, auch Produkte der Konkurrenz einzubeziehen, ist es Nadella gelungen, Microsoft zum wertvollsten Softwarekonzern der Welt zu machen.

Metaverse: Wirklich eine Goldgrube?

Ob das Metaverse wirklich so eine Goldgrube wird, die „Plattform unserer Generation, die eine neue Ära des Computers einleiten wird“, wie Zuckerberg am Dienstag schwärmte, muss sich erst noch erweisen. Und wie lange das dauern wird. Er ist auch im Kommen, doch viel langsamer als gedacht. Stewart Butterfield, der Erfinder der Kommunikationssoftware Slack, bezweifelt, dass Datenbrillen tatsächlich die Kommunikation der Zukunft sind. „Für normale Geschäftsmeetings kann ich mir nicht vorstellen, mir so ein Gerät stundenlang aufzusetzen, selbst wenn diese leichter werden sollten“, meint Butterfield.

Zuckerberg hatte sich am Dienstag Accenture Chefin Julie Sweet zur Seite geholt. Die schwärmte, dass das Metaverse „jeden Teil des Geschäfts verändern wird.“ Was aus ihrem Mund nicht erstaunt, schließlich lebt ihr Unternehmen davon, seine Kunden für viel Geld zu beraten. Ihre Branche lebt von Veränderung. Auch bei Accenture ist das Geschäftsmodell klar. Meta will mit Dingen Geld verdienen, die den Massen erst schmackhaft gemacht werden müssen, digitale Güter etwa. Und mit Provisionen für die Betreiber von Diensten. Es hatte schon eine gewisse Ironie, dass Zuckerberg als Hintergrund für sein aufwändig produziertes Video, in dem er vollmundig die Vorzüge von virtuellen Welten pries, sein wie ein Wohnzimmer eingerichtetes, von Stararchitekt Frank Gehry entwickeltes Hauptquartier nutzte.

Aber Zuckerberg muss Risiken eingehen. Es wird schwerer als vor fünfzehn Jahren. Damals wurde sein Unternehmen als Underdog gesehen, inzwischen fürchten sich viele vor ihm. Am Dienstag betonte er nochmal, dass das Metaverse nicht nur von einem Unternehmen gebaut wird, sondern viele zusammenarbeiten müssen. „Ein offenes Ökosystem gewinnt“, schmetterte Zuckerberg. Keine Rede davon, dass Meta mit mehr oder weniger geschlossenen Welten wie Facebook und Instagram groß geworden ist, eine Art eigenes Internet aufgebaut hat und durch Übernahmen erweitert. Oder dass er dem Gründer von Snap drohte, dessen Unternehmen platt zu machen, wenn er es nicht an ihn verkauft. Zumal er momentan jede Menge kleinere Studios für Virtuelle Realität aufkauft, wie Camouflaj und Twisted Metal.

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Die Glaubwürdigkeit, dass er jetzt anders handelt, muss sich Zuckerberg erst noch verdienen. Die kann ihm nicht mal Microsoft verleihen.

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