Was war geraunt worden in den Technikmagazinen und –blogs: Was würde Microsoft wohl vorstellen, gut ein Jahr nachdem es mit der VR-Brille Hololens für großes Bohei sorgte? Den Home Hub, einen smarten Assistenten wie Amazons Echo? Eine neue, günstigere Version der Datenbrille Hololens für den Verbraucher? Als gesichert galt, dass das Surface Studio vorgestellt werden sollte, ein All-in-one-PC.
Zumindest das kam dann auch. Nach 80 Minuten. Es war auch schon der Höhepunkt der mehr als zwei Stunden dauernden Microsoft-Präsentation. In ihr wurden letztlich nur drei Microsoft-Produkte vorgestellt worden: Das „Creators-Update“ für das Betriebssystem Windows 10, ein neues Surface Book sowie das Surface Studio.
Ziemlich viel Wirbel. Ganze 60 Minuten investierten diverse, überwiegend weibliche Mitarbeiterinnen des Windows-Teams, um die Vorzüge des Updates zu preisen, das im Frühjahr nächsten Jahres erscheint. Die Gardener-Analystin Alex Hazlett brachte es bei Twitter auf den Punkt: „Ich liebe es, wie viele Frauen beim Microsoft-Event präsentieren. Aber ich wünschte, sie würden Produkte präsentieren, die mich nur im entferntesten interessierten.“
Damit hat Microsoft 2015 am meisten umgesetzt
Der Gesamtumsatz von Microsoft im Geschäftsjahr 2015 betrug 93,6 Mrd. Dollar.
Quelle: Microsoft
Ganze 41 Mrd. Dollar des Gesamtumsatzes entfielen auf Softwarelizenzen für Unternehmen wie die Datenbank-Management-Software SQL Server oder die Unternehmenssoftware Dynamics.
15 Milliarden Dollar kamen aus Softwarelizenzen für PC-Hersteller und Endkunden.
"Sonstige" Unternehmenserlöse (etwa die Cloud-Plattform Azure, das Cloud-Paket Office 365) brachten dem Konzern 11,1 Milliarden Dollar Umsatz.
10,2 Milliarden Dollar Umsatz generierte Microsoft aus dem Verkauf von Computer- und Spiele-Hardware (Xbox-Spielkonsole, Surface-Tablet)
Der App-Shop Windows Store und das Cloud-Paket Office 365 etwa, also sonstige Geräte- und Endkundenerlöse, brachten Microsoft 8,8 Milliarden Dollar Umsatz.
Die Lumia-Smartphones, also Microsofts Mobiltelefone, trugen 7,5 Milliarden Dollar zum Umsatz bei.
So zeigte Microsoft-Managerin Megan Saunders, wie Microsoft die 3D-Welt revolutionieren will. Mit der Kamera eines Windows-Phones filmte sie eine Sandburg von allen Seiten und übertrug sie als dreidimensionales Modell binnen Sekunden in die Windows-Welt.
Ob im Browser Edge, im generalüberholten Paint 3D oder in PowerPoint – in den Windows-Programmen lässt sich mit den 3D-Modellen intuitiv hantieren, zumindest in der Präsentation.
Imposant ist das, aber doch eher etwas für Liebhaber in Anbetracht der Tatsache, dass das Gros der PowerPoint-Nutzer heute nicht einmal mit Animationen umgehen kann.
„Letztlich sind das Spielereien“, sagt Axel Oppermann, Chef des IT-Analysehauses Avispador. Zwar gibt er zu bedenken, dass die Technologie durchaus ihren Nutzen hat, ein Orthopäde könne etwa schnell Abdrücke von Schuhsohlen machen. „Aber der große Sprung ist das nicht.“
Das lässt sich ebenso vom „Surface Book“ sagen, dem Laptop mit abnehmbaren Bildschirm. Panos Panay, Chef der Hardwaresparte, sprach vom „ultimativen Laptop“. Die Akkulaufzeit betrage beeindruckende 16 Stunden, gegenüber dem Vorgänger Modell habe sich die Grafikleistung verdoppelt. Zu haben ist das Gerät ab 2400 Dollar. „Das ist nichts, worauf wir gewartet haben, sondern eine ganz normale technische Entwicklung“, sagt Oppermann.
Das ist Satya Nadella
Satya Nadella wurde 1967 in der indischen Großstadt Hyderabad als Sohn eines hochrangigen Beamten geboren. Nach der Schulausbildung studierte er zunächst Elektroingenieurwesen in Indien, dann Computer Science und Management in den USA.
Bevor Nadella 1992 zu Microsoft wechselte, arbeitete er als Elektroingenieur beim Silicon-Valley-Urgestein Sun Microsystems. Das Unternehmen wurde später von Oracle übernommen.
Nadella war bei Microsoft maßgeblich an der Entwicklung der Suchmaschine Bing sowie des Bürosoftwarepakets Office beteiligt. Bevor er zum CEO aufstieg, leitete er beim Softwarekonzern das wichtige Cloud- und Unternehmensgeschäft.
Nadella ist verheiratet und hat drei Kinder. Mit seiner Familie lebt er in Bellevue im US-Bundesstaat Washington. Medien beschreiben ihn als einen Mann der leisen und überlegten Töne.
Wirklich Eindruck hinterließ nur das „Surface Studio“. Für einen Kaufpreis ab 3000 Dollar erhalten Kreativ-Profis einen berührungsempfindlichen 27-Zoll Bildschirm, der laut Panay mit 13,5 Millionen Bildpunkten eine deutlich höhere Auflösung habe, als ein Ultra-HD-Fernseher. Und das Gerät ist 12,5 Millimeter dünn.
Bei einem Kaufpreis von 3000 Dollar aufwärts ist das Gerät noch einmal teurer als Apples iMacs. Trotzdem könnte es den ein oder anderen Grafiker, der bis dato am iMac arbeitete, zum Wechsel überzeugen. Allerdings müssten sie schnell zuschlagen – das Gerät ist vorerst nur in den USA und in einer limitierten Auflage zu haben. Ein großangelegter Angriff auf Apples Hardware-Sparte sieht anders aus.
„Das Hardware-Geschäft ist für Microsoft mittlerweile ein wichtiger Umsatz- und Ertragsbringer“, sagt Oppermann. Immerhin vier Milliarden Euro Umsatz machte Microsoft damit im Finanzjahr 2016 – und damit rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes.
Trotzdem, glaubt Oppermann, soll das „Surface Studio“ vor allem die Partner von Microsoft aufrütteln und ihnen zeigen, was ausgefeilte Technik aus dem Betriebssystem herausholen kann. So haben Dell und Lenovo etwa All-in-One-Systeme im Angebot, die allerdings nicht das Maß der Dinge sind. „Microsoft zeigt, was machbar ist.“ Dafür sprechen auch die hohen Kaufpreise der Surface-Geräte: So kommt Microsoft seinen Partnern nicht in die Quere.