




Microsoft vermeldet Superlative. Leider negative. Am Dienstagabend gab der Softwarekonzern die Quartalzahlen für April bis Juni bekannt. Und mit ihnen den höchsten Quartalsverlust in der immerhin 40-jährigen Unternehmensgeschichte. 3,2 Milliarden Dollar Miese hat Microsoft eingefahren, vor allem wegen der hohen Sonderbelastungen aus der erst im Frühjahr 2014 übernommenen Handysparte von Nokia.
Microsoft-Chef Satya Nadella macht nun reinen Tisch. Er schreibt das Erbe seines Vorgängers Steve Ballmer mit 7,6 Milliarden Dollar ab. Wegen zusätzlicher Sonderaufwendungen muss Microsoft die Bilanz sogar mit 8,4 Milliarden Dollar Minus belasten.
Das ist Satya Nadella
Satya Nadella wurde 1967 in der indischen Großstadt Hyderabad als Sohn eines hochrangigen Beamten geboren. Nach der Schulausbildung studierte er zunächst Elektroingenieurwesen in Indien, dann Computer Science und Management in den USA.
Bevor Nadella 1992 zu Microsoft wechselte, arbeitete er als Elektroingenieur beim Silicon-Valley-Urgestein Sun Microsystems. Das Unternehmen wurde später von Oracle übernommen.
Nadella war bei Microsoft maßgeblich an der Entwicklung der Suchmaschine Bing sowie des Bürosoftwarepakets Office beteiligt. Bevor er zum CEO aufstieg, leitete er beim Softwarekonzern das wichtige Cloud- und Unternehmensgeschäft.
Nadella ist verheiratet und hat drei Kinder. Mit seiner Familie lebt er in Bellevue im US-Bundesstaat Washington. Medien beschreiben ihn als einen Mann der leisen und überlegten Töne.
Auch der Konzernumsatz ging um fünf Prozent auf 22,2 Milliarden Dollar zurück. Hier macht Microsoft der noch immer schwache PC-Absatz zu schaffen, die Verkäufe von Windows-Lizenzen blieben deshalb unter Erwartungen. Die Cloud-Dienste hingegen, auf die Nadella besonders stark setzt, boomen. Besonders die Online-Version von Microsofts Büropaket Office ist ein Renner, mit ingesamt 15,2 Millionen Nutzern, davon drei Millionen im abgelaufenen Quartal. Doch die Cloud-Dienste können den Umsatzrückgang derzeit nicht abfedern, sie legten auch nicht so stark zu wie im ersten Quartal.
Im Smartphonegeschäft, das Wettbewerber Apple gerade eine neuen Quartals-Umsatzrekord bescherte, ist Microsoft mit einem Marktanteil von drei Prozent quasi nicht sichtbar.
Wie Windows wurde, was es ist
Der Urahn des inzwischen meistgenutzten PC-Betriebssystems kam im November 1985 auf den Markt. Damals war Microsoft noch ein Außenseiter, während der Platzhirsch IBM und der Aufsteiger Apple den Kampf um den PC-Markt auszufechten schienen. Anfangs arbeitete sich Windows nur mühsam ins Geschäft – denn Microsoft verzichtete zunächst angesichts eines jahrelangen Patentstreits mit Apple auf grafische Bedienungselemente.
Mit dieser Version lernte Windows 1992, Videos abzuspielen, bekam die ersten integrierten Spiele und neue Schriften. Die Grundansicht mit den überlappenden Fenstern und einem Desktop für Programm-Symbole blieb – mit einigen Design-Änderungen – lange erhalten.
Parallel zu den Consumer-Versionen von Windows entwickelte Microsoft nach dem Scheitern des OS/2-Projektes mit IBM eine Windows-Version mit einem neuen Programm-Kern („Windows New Technology“). NT wurde mit Windows 2000 fortgeführt und ging später in Windows XP auf.
Die radikale Erneuerung von 1995 brachte in Grundzügen das Windows, das heute praktisch jeder kennt. Unter anderem wurde der „Start“-Knopf mit dem Balken am unteren Bildschirmrand eingeführt. Nachdem nachträglich der Web-Browser Internet Explorer zum Windows-Grundpaket hinzugefügt wurde, setzte sich Microsoft zum Ärger der Wettbewerbshüter in diesem Bereich gegen den Pionier Netscape durch. Auf die Version folgten die kleineren Aktualisierungen Windows 98 und ME.
2001 brachte Microsoft die bisher langlebigste Version seines Betriebssystems auf den Markt. Mit Windows XP wurden viele visuelle Effekte hinzugefügt, ebenso wie wichtige Funktionen wie etwa schneller Benutzerwechsel, eine integrierte Firewall für mehr Sicherheit und verbesserter Medienwiedergabe.
Das Betriebssystem Windows Vista sollte XP verdrängen, wurde von den Nutzern aber weitgehend ignoriert. Die 2007 veröffentlichte Version bot zwar neue Bildschirmansichten, aber eine für viele Nutzer verwirrende Rechteverwaltung für Benutzerkonten. Erst mit der Vorstellung von Windows 7 im Oktober 2009 konnte Microsoft die Anwender wieder überzeugen.
Mit Windows 8 rüstet sich Microsoft für den Wandel der Computer-Welt: Die neue Kacheloberfläche ist für Touchscreens ausgelegt und eignet sich damit auch für Tablet-Computer – äußerlich ähnelt das System damit dem Smartphone-Betriebssystem Windows Phone. Microsoft stellte Windows 8 im Oktober 2012 vor. Gerade an der neuen Bedienung wurde jedoch schnell viel Kritik laut.
Ein Update für Windows 8 kam im Oktober 2013 auf den Markt. Das kostenlose Windows 8.1 soll die größten Kritikpunkte an dem Vorgänger ausräumen. So können Nutzer direkt auf den Desktop starten und so die Kacheloberfläche umgehen. Zudem kehrt der Startknopf zurück, wenn auch nicht das klassische Startmenü.
Mit Windows 10 bietet Microsoft eine einheitliche technische Plattform für PCs, Tablets und Smartphones an. Das von Nutzern ersehnte Start-Menü kehrt auf den Desktop zurück. Am 29. Juli 2015 stellte der Softwaregigant das jüngste Betriebssystem vor. Ein Jahr lang war das Upgrade auf Windows 10 für Computer mit Windows 7 und 8.1 kostenlos. Was das neue System bringt und für welche Nutzer es sinnvoll ist, lesen Sie hier.
Nadella setzt auf die Zukunft. Die beginnt am 29. Juli, wenn Windows 10 gestartet wird. Als freies Upgrade für bestehende Windows-Nutzer, ebenfalls ein Novum in der Unternehmensgeschichte.
Die neueste Windows Version soll langfristig als Sprungbrett in die Ära nach dem Smartphone dienen – wenn Software sich von den Grenzen des Bildschirms befreit und via Sprache und Berührung bedient wird.
Vertrauen ist angeschlagen
"Mobilität – nicht eingeschränkt von Geräten – ist der Kern unserer Vision", wirbt der Microsoft-Konzernchef. Beispielsweise über sein Lieblingsprojekt Hololens – einer Datenbrille, die dreidimensionale Objekte im Raum erscheinen lässt, und neuerdings bei jeder größerer Microsoft-Veranstaltung präsentiert wird. Noch dieses Jahr könnte sie auf den Markt kommen. Bei der sogenannten "erweiterten Realität" würde Hardware in der Hintergrund treten und Software wieder die erste Geige spielen. Ganz so wie in den glorreichen neunziger Jahren, als Microsoft mit Windows und Office die Computerbranche dominierte.





Eine schöne Vision – wenn die Branche kooperiert. "Microsoft braucht das Vertrauen externer Entwickler, die ihre Programme darauf abstimmen" gibt der langjährige Microsoft-Beobachter Patrick Moorhead zu bedenken. Das ist jedoch angeschlagen, seit Nadella überraschend die Reißleine im Smartphone-Geschäft gezogen hat.
Jahrelang hatte Microsoft nämlich Entwickler mit dem Versprechen geködert, dass sie mit der neuen Windows-Generation endlich universelle Apps offerieren könnten. Die – ohne große Modifikationen – auf allen Geräten funktionieren, vom Smartphone übers Tablet, bis hin zu Notebook und Desktop. Damit zusammenwächst, was aus Microsofts Sicht zusammengehört, quälte der Konzern die Windows-Nutzer in den vergangenen Jahren mit verwirrenden Bedienoberflächen wie interaktiven Kacheln, um das Erscheinungsbild auf traditionellen Computern und Smartphones sowie Tablets anzugleichen.