So sieht die Zukunft aus, wie sie Microsoft-Chef Satya Nadella am Dienstag in San Francisco gezeichnet hat. Der Mensch der Zukunft spricht mit seinem Computer, genauer gesagt seinem digitalen Assistenten so wie mit einem andren Menschen in normalen Sätzen. „Cortana“ heißt dieser Assistent bei Microsoft. Oder er tippt einen Wunsch in das Fenster seines Lieblings-Chatdienstes wie Whatsapp oder Skype ein.
Ein „Bot“, sozusagen ein Software-Butler, greift den Wunsch auf, nimmt Kontakt zur gewünschten App oder Webseite auf und bucht oder bestellt auch gleich. Oder er empfiehlt dank künstlicher Intelligenz eine App, die man aufrufen sollte. Sind die Rahmendaten wie Zahlungsdetails und ähnliches einmal eingegeben, nimmt der Mensch die App nie mehr wirklich wahr.
„Bots sind wie neue Apps. Es ist Schluss mit der Suche nach verschiedenen Apps und Webseiten. Man ruft einfach jede gewünschte App aus einer Unterhaltung heraus auf“, verspricht Nadella tausenden Software-Entwicklern auf der Konferenz Build 2016. Die bekommen die Werkzeuge an die Hand, um entsprechende Schnittstellen zu programmieren. Irgendwann werden dann auch Bots mit Bots reden, zum Beispiel der persönliche Autobot mit dem Werkstattbot und dem Kalenderbot, um den nächsten Ölwechsel zu planen.
Holger Müller, Analyst bei Constellation Research in San Diego, hält die neue Strategie für vielversprechend. „Apps“, sagt er, „werden bald nicht mehr aus dem App-Store, sondern aus einem Chat-Programm gezogen.“ Der Nutzer sieht nur noch eine einheitliche Oberfläche, mit der er sich auskennt. Viel Lernaufwand und Software-Pflege oder Updates werden überflüssig.
Wie Sie Windows 10 das Schnüffeln abgewöhnen
Sofern Sie Windows 10 nicht vorinstalliert auf einem neuen Rechner gekauft oder im Zuge des aktuellen Gratis-Update-Angebots bereits installiert haben, können Sie allzu großer Neugier schon im Einrichtungsprozess einen Riegel vorschieben.
Wählen Sie dann im Zuge der Installation nicht die Standard- oder Express-Einstellungen. Wer hier „Einstellungen anpassen“ anklickt, kann unter anderem blocken, dass Apps eine nutzerspezifische Werbe-ID an Internet-Dienste verschicken.
Auch der Versand von „Informationen zu meinem Schreibverhalten“ lässt sich an dieser Stelle unterbinden. Im Unterpunkt Datenschutz lässt sich zudem einstellen, dass der Rechner keine Informationen über seinen Standort an Microsoft meldet. Das, übrigens, ist ein perfektes Beispiel dafür, wo Microsofts Neugier und das Nutzerinteresse durchaus zusammen fallen können.
Denn wer etwa auf dem neugestalteten Start-Fenster beim Start die aktuellen Wettervorhersage für seinen Standort angezeigt bekommen möchte, oder bei der Suche auf dem Tablet einen Italiener in der Nachbarschaft, der kommt nicht umhin, dem Programm zu verraten, wo er sich befindet.
Läuft Windows 10 bereits, dann lassen sich die voreingestellten Optionen auch nachträglich noch ändern. Die entsprechenden Einstellungen erreichen Sie über das Start-Menü unter [Einstellungen], [Datenschutz]. Dort können Sie auch fein justieren, wie Microsoft Werbung einblendet und welche anderen Personalisierungsinfos erfasst, bzw. geteilt werden. Die Zugriffsbefugnisse auf Kamera und Mikrofon finden sich hier ebenso wie die Möglichkeit, Apps grundsätzlich den Zugriff auf Namen, Bild und andere Kontoinfos zu verweigern.
Tatsächlich lässt sich in der Datenschutz-Rubrik extrem detailliert einstellen, welche Apps auf welche Nutzerdaten, auf Kalender und auf die Kontakte zugreifen können. Standardmäßig stellt Microsoft alle Signale auf „grün“, per Klick auf den jeweiligen Schalter kann der Nutzer sie aber ebenso auf „rot“ schalten.
Auch hier verschwimmen mitunter die Grenzen zwischen sinnvollem Schutz der Privatsphäre und praktischem Nutzen der Software. Ein Leser von Zeit Online beispielsweise weist in einem Kommentar darauf hin, dass etwa die App Kochen&Genuss den (zunächst fragwürdig scheinenden) Zugriff auf die Kamera benötige, damit sich die App auch per Gesten steuern lasse und man Rechner oder Tablet beim Kochen nicht mit schmutzigen Fingern bedienen müsse.
Nur - auch hier gilt: Opt-In wäre die vertrauenerweckendere Strategie gewesen.
Wer die Kontrolle über seine an Microsoft geschickten Daten behalten will, sollte die einzelnen Punkte der Datenschutz-Rubrik Stück für Stück durcharbeiten. Im Zweifel reicht es, einzelne Funktionen probehalber zu deaktivieren und dann zu prüfen, ob irgendwelche relevanten Windows-Funktionen plötzlich den Dienst verweigern. Läuft alles wie bisher, können die Schalter auf „Aus“ stehen bleiben.
Wer aber unter [Spracherkennung, Freihand und Eingabe] das etwas sonderbar formulierte Auswahlfeld [Kennenlernen beenden] auswählt, sollte wissen, dass er damit Cortana und die damit verbundenen Assistenz-Funktionen komplett deaktiviert – einschließlich der Diktier-Möglichkeit.
Wer etwas weniger rabiat zu Werke gehen will, kann auch in den Einstellungen der Cortana-App selbst justieren, welche Quellen der Cyber-Assistent anzapfen und welche Informationen er wohin senden darf.
Ebenfalls außerhalb der oben schon erwähnten primären Datenschutz-Einstellungen findet sich ein weiteres (ebenso nützliches wie neugieriges) Feature, das sich hinter der Bezeichnung „WLAN-Optimierung“ verbirgt und es ermöglicht, den Rechner automatisch mit Funknetzen zu koppeln, die Microsoft als vertrauenswürdig bewertet. Und zudem mit solchen Hotspots, mit denen sich die Kontakte des Nutzers bereits verbunden haben und deren Zugangsdaten sie – via Microsoft – verschlüsselt weiter geben.
Das kann immens praktisch sein, wenn sich Windows-Tablet, -Laptop oder -Smartphone auch dort plötzlich mit dem schnurlosen Internet verbinden können, wo der Nutzer selbst gar nicht die Zugangsdaten des jeweiligen Netzes kennt. Zugleich aber verlangt das einiges an Vertrauen auf die Datentreue von Microsoft, seine Nutzernamen und Passwörter (wohlgemerkt: verschlüsselt) auf den Servern in Redmond abzulegen.
Die Nutznießer dieses Datenaustauschs bekommen die Zugangsdaten zwar selbst nicht zu sehen, aber wem die Vorstellung missfällt, der sollte die entsprechende Funktion unter [Einstellungen], [Netzwerk und Internet], [WLAN-Einstellungen verwalten] deaktivieren.
Das Ganze funktioniert nicht nur auf Windows, wie Nadella ausdrücklich betont. Cortana spricht auch mit Android-Apps und soll auch auf Smartphones und Tablets von Apple laufen.
Microsofts Angriff auf breiter Front hat seinen Grund. Laut des Konzerns arbeiten bereits 270 Millionen Menschen mit Windows 10. Aber die wenigsten davon nutzen es auf ihrem Smartphone oder Tablet. Will der 41 Jahre alte Konzern aus Redmond seine Relevanz in die Zukunft retten, muss er sich also öffnen. Und das hat oberste Priorität für Nadella. Gelingt dem Microsoft-Chef die Neudefinition der menschlichen Interaktion mit dem PC unter Umgehung von Windows, wird sein Konzern zur verbindenden Plattform zwischen Nutzern und Unternehmen sowie Dienstleistern.
Chatbot „Tay“ wurde zum Fiasko
Chatbot "Tay" wurde zum Fiasko
Microsofts Skype mit über 300 Millionen aktiven Nutzern wird dabei nicht der einzige Dienst sein, mit dem man in Zukunft über Bots Autos mieten oder Tickets kaufen kann – und das auf iOS, Android oder Windows. Die Konkurrenz versucht bereits ähnliches, wie etwa Apple mit Siri. Allerdings ist Messenger-Dienst des iPhone-Herstellers auf konzerneigene Geräte beschränkt und bislang nicht für Entwickler außerhalb des Apple-Imperiums geöffnet.
Microsoft hingegen öffnet mit dem neuen „Microsoft Bot-Framework“ seinen intelligenten Assistenten für alle Messenger, von Facebooks WhatsApp über Line, Telegram, Slack bis hin zu SMS.
Doch so kreativ der Ansatz ist, Microsoft ist damit nicht alleine. Der 48-jährige Nadella, der 2014 Steve Ballmer an der Spitze des Konzerns abgelöst hat, muss sich also beeilen. Die Konkurrenz steht bereits in den Startlöchern.
Auf der kommenden Entwickler-Konferenz F8 von Facebook wird Mark Zuckerberg weitere Informationen über die Messenger-Plattform von Facebook geben. Bereits heute kann man über den Chat–Dienst Uber-Fahrten buchen. Dem Messenger fehlt nur noch die Verbindung zu einem digitalen Assistenten wie Cortana. Dann hat Microsofts Bot-Welt einen Konkurrenten mit einer Milliarde Nutzern. Google ist ebenfalls nicht untätig und baut mit Google Now an einem eigenen digitalen Assistenten für sein mobiles Betriebssystem Android.
Der Erfolg mit künstlicher Intelligenz wird für Nadellas Zukunft entscheidend sein. Er hat die Devise „Cloud first, Mobile first“ ausgegeben und Microsoft eine komplette Offenheit für alle Plattformen verordnet. Dabei nimmt er einen weiteren Bedeutungsverlust von Windows billigend in Kauf.
Doch die Rechnung wird nur aufgehen, wenn Cloud- und Big-Data-Dienste wie die Bots tatsächlich irgendwann die Umsätze und Gewinne einspielen, die bei Windows wegschmelzen. Insofern tut eine Rückversicherung gut. Windows 10 bekommt im Sommer ein neues, großes Update zum ersten Jahrestag. Man weiß ja nie, wie lange man es noch braucht.
Den ersten Flop mit der neuen Technik hat es bereits gegeben. Der Microsoft-Chatbot „Tay“, ein selbstlernender digitaler Teenager, wurde von den Nutzern mit gezielten Aktionen innerhalb von 24 Stunden vom Unschuldslamm zum rassistisch-sexistischen Hitler-Fan umprogrammiert. Tay ist jetzt offline und Microsoft geht, wie Nadella in San Francisco einräumte, „wieder zurück ans Reißbrett“, und fängt noch einmal von vorne an. Allzu oft darf das nicht passieren.