Mobile World Congress Diese Smartphones kannste knicken!

Wenige Tage nach Samsung trumpft der chinesische Anbieter Huawei ebenfalls mit einem neuartigen faltbaren Smartphone auf: dem Huawei Mate X. Quelle: REUTERS

Nach Jahren spärlicher Innovation im Handy-Bau wagt die Branche endlich eine technologische Revolution: klappbare Smartphones. Nach Samsung stellt auch Huawei ein faltbares Smartphone vor. Noch aber ist offen, ob der Plan aufgeht.

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Die Situation ist paradox. Eine gute Dekade ist es her, dass Apple mit seinem iPhone nicht bloß die Machtverhältnisse in der Handywelt komplett umgekrempelt und einstige Dominatoren der Branche, wie etwa Nokia oder Ericsson, de facto in die Bedeutungslosigkeit verbannt hat. Zugleich haben die Smartphones – vom MP3-Player bis zur Digitalkamera, vom Navigationssystem bis zum Fitness-Tracker – immer mehr Funktionen in sich vereint und ganze Geräteklassen weitgehend überflüssig gemacht.

Doch während die Handy-Revolution das mobile Ökosystem hat erblühen lassen, hat sich an einer entscheidenden Stelle seit Jahren nichts mehr getan. Bis heute haben sich Smartphones in ihrer Bauform seit dem ersten iPhone nicht mehr weiterentwickelt. Ein großes Display, ein paar Bedienknöpfe, ein möglichst schlankes Gehäuse – damit hat es sich. Klar, die Kameras sind besser, die Bildschirme größer und die Speicher geräumiger geworden. Aber in Sachen Bedienkonzepte oder Bauformen herrscht auch auf dem Mobile World Congress (MWC) seit Jahren eine große Innovationsflaute.

Keine Spur mehr von der Vielfalt früherer Mobilfunkzeiten, als Klapp- und Schiebhandys, monolithische Telefone mit schlichter 12-Tastatur oder dreh- oder klappbaren Mikrotasten um die Gunst der Handykäufer buhlten. Heute herrscht Eintönigkeit allenthalben und die Innovationskraft der Hersteller reduziert sich auf die Zahl der Fotolinsen, auf psychedelische Farbverläufe auf der Telefonrückseite oder eben auf blumige Wortschöpfungen bei den Gehäusefarben – von Rosé-Gold über Jet-Black bis Space-Grau. Letzteres ist besonders absurd angesichts der Tatsache, dass es im Weltraum komplett schwarz ist.

In diesem Jahr aber kommt endlich Bewegung ins Gerätedesign. Am Mittwoch vor Messestart präsentierte Smartphone-Primus Samsung mit dem Galaxy Fold das erste (angeblich marktreife) klappbare Handy mit einem innenliegenden, flexiblen Display. Das entfaltet sich, wenn der Nutzer es öffnet zu einem imposanten 7,3 Zoll großen Bildschirm. Besonders smart: Auch zugeklappt lässt sich das Gerät nutzen, mithilfe des außenliegenden 4,6-Zoll-Bildschirms. Handlich oder groß in einem Gerät, das ist tatsächlich mal eine Designinnovation.

Apps oder Web-Inhalte, die auf dem Außenschirm laufen, erscheinen automatisch auf dem Innendisplay, sobald man das Fold aufklappt. Bis zu drei Anwendungen sollen sich auf dem großen Display nutzen lassen, versprach Samsungs Handy-Chef DJ Koh bei der Präsentation kurz vor dem MWC-Start. Voraussichtlich im zweiten Quartal dieses Jahres soll das Galaxy Fold in die Läden kommen – für den allerdings nahezu atemberaubenden Preis von knapp 1980 Dollar. Umgerechnet für Europa dürfen es rund 2000 Euro werden.

Der Innovationsvorsprung der Koreaner allerdings währte nicht lange. Am Sonntag vor dem offiziellen Messestart präsentierte Richard Yu, der Chef der Handysparte beim chinesischen Kommunikationskonzern Huawei, die Antwort des mittlerweile zweitgrößten Smartphone-Produzenten auf Samsungs Fold: das Huawei Mate X.

Das sind die neuen Samsung-Smartphones
Samsung Galaxy Fold Quelle: Samsung
Samsung Galaxy Quelle: dpa
Samsung S10e Quelle: Samsung
Samsung S10 Quelle: Samsung
Samsung S10+ Quelle: Samsung
Samsung Galaxy S10 5G Quelle: dpa
Samsung Galaxy Buds Quelle: dpa

Auch das ist ein Klapphandy mit einem faltbaren Display. Es setzt allerdings beim Gerätedesign auf einen anderen Ansatz. Denn während bei Samsung der Hauptbildschirm innen liegt, schmiegt er sich beim Mate X außen ums Gehäuse. Die Vorder- und Rückseite bestehen – nahezu randlos – aus miteinander verbundenen Teilbildschirmen von 6,4 und 6,6 Zoll Größe, die aufgeklappt eine Bildschirmfläche von immerhin acht Zoll Größe und 2480 x 2200 Pixeln Auflösung liefern. Das ist mehr als etwa beim Bildschirm des iPad mini.

Vier integrierte Kameralinsen, darunter eine für 3-D-Tiefeninformationen, in einem schmalen Handgriff an der Seite des Mate X erlauben es, entweder Großbildaufnahmen über das offene Display zu schießen, der es ist möglich – in geschlossenem Zustand – reguläre Fotos zu machen, bei denen der Fotografierte auf Wunsch sogar wie bei einem Selfie im Rückseitendisplay kontrollieren kann, dass er auch im rechten Licht steht.

Drei Jahre hat Huawei laut Handy-Chef Yu an der Technik gearbeitet, das Gerät auf nur elf Millimetern Dicke und ohne Spalt zwischen den Hälften klappbar zu machen. Ab Mitte des Jahres soll es bei den Netzbetreibern in den Test gehen und dann zu Preisen von knapp 2300 Euro in die Läden kommen - und dann auch fürs Funken in 5G-Netzen gerüstet zu sein.

Klapptelefone: Samsung und Huawei haben Verfolger

Samsung und Huawei sind die ersten Hersteller, die sich mit der Neuauflage der Klapptelefone in den Handel wagen. Aber sie werden damit aller Voraussicht nach nicht alleine bleiben. Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas etwa präsentierte der Displayspezialist Royole bereits ein eigenes, funktionsfähiges Konzept eines Telefons mit biegsamem Bildschirm.

Und der chinesische Handybauer und Technologiekonzern TCL, der seine Telefone unter anderem unter den Marken Alcatel und Blackberry vertreibt, zeigt auf dem MWC verschiedene Prototypen von Klapphandys. Die Designstudien reichen von Modellen, die denen von Huawei und Samsung ähneln, über Falttelefone, die – aufgeklappt – die Größer einer Schokoladentafel haben, bis zu Entwürfen, bei denen sich der Bildschirm außen um einen Armreif legt.

Noch ist nichts dergleichen marktreif. Doch die erforderliche Bildschirmtechnik hat TCL mit dem Displayhersteller CSOT im eigenen Haus. Rund 25 Milliarden Dollar habe man in den vergangenen fünf Jahren in die Entwicklung von Display- und Fertigungstechnologien gesteckt, heißt es bei TCL. Und natürlich soll sich das entsprechende Know-how in absehbarer Zeit auch in den eigenen Produkten wiederfinden.

Für die Zurückhaltung der Konkurrenz gibt es gute Gründe. Auch wenn Samsung und Huawei betonen, ihre Telefone seien marktreif und die Bildschirme alltagstauglich. Die Technik muss sich im Dauerbetrieb erst noch beweisen. Denn tatsächlich ist es ein Wagnis, die biegsamen Bildschirme außen oder innen zu verbauen.

Bei traditionellen Smartphones nämlich liegt die eigentliche Displaytechnik geschützt unter besonders gehärtetem Spezialglas, damit sie nicht beim ersten Sturz vom Tisch in die Brüche geht. Und auch der Druck oder das Wischen der Finger über die berührungsempfindliche Oberfläche setzt den Bildschirmen zu. Das Problem: Mit dem Spezialglas lassen sich die Displays nur schützen, wenn sie flach und fest im Handy verbaut sind. Sie zu biegen, würde das Glas zwangsläufig splittern lassen.

Somit müssen auch Samsung und Huawei erst noch beweisen, dass sie in der Lage sind, auch ausreichend robuste Faltbildschirme zu entwickeln, die nicht im Alltagsbetrieb binnen kurzer Zeit in die Brüche gehen. Bisher sind sie den Beweis noch schuldig geblieben. Auf dem MWC bleiben die ersten Geräte noch unter Verschluss. Bewundern lassen sie sich nur in Vitrinen hinter Glas.

Die Revolution findet – vorläufig – also noch im geschützten Rahmen statt.

Das Huawei Mate X auf dem Mobile World Congress 2019 in Barcelona. Quelle: WirtschaftsWoche
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