Möglicher Snapchat-Börsengang Hoffnungsträger oder Fanal

Das soziale Netzwerk Snapchat bereitet den Börsengang vor. Schon wird das als Vorbote für neuen Start-up-Aufschwung bejubelt. Doch es könnte genauso gut ein schlechtes Zeichen sein.

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Snapchat strebt offenbar an die Börse. Quelle: REUTERS

Die Wette wird auf alle Fälle in die Geschichtsbücher eingehen. Nonchalant hatte Snapchat-Mitgründer Evan Spiegel vor drei Jahren ein Übernahmeangebot des Konkurrenten Facebook ausgeschlagen und sich auch noch darüber mokiert.

Nun stammt der Unternehmer zwar aus vermögendem Elternhaus. Doch es ging immerhin um die satte Summe von drei Milliarden Dollar und das nicht unerhebliche Risiko, dass Facebook einen Weg finden würde, um den Wettbewerber aus Los Angeles platt zu machen.

Das ist dessen Lenker Mark Zuckerberg trotz mehrerer Anläufe bis heute nicht gelungen. Während sein Unternehmen mittlerweile zum Mainstream und damit der ganzen Familie bis hin zu den Urgroßeltern gehört, tummelt sich auf Snapchat die junge Generation.

Die wertvollsten Start-ups der Welt

Weil das so ist, strömen zunehmend Werbegelder in das Netzwerk, das den Alltag seiner Fans zelebriert, ohne ihn für alle Ewigkeit zu dokumentieren und auszuwerten. Die Banker von Snap – wie das fünf Jahre alte Start-up seit Kurzem heißt – sind wegen dessen wachsender Popularität bei Anzeigenkunden optimistisch, eine Bewertung von mindestens 20 Milliarden Dollar an der Börse erzielen zu können. Offenbar ist damit auch, dass Snapchat in diesem Jahr weniger als eine Milliarde Dollar umsetzen wird.

Weniger Tech-IPOs in diesem Jahr

Das Start-up nutzte laut US-Medien die Option eines vertraulichen Börsenganges. Bei dem muss zunächst erstmal nichts offenbart werden und der Antrag kann jederzeit zurückgezogen werden. Diese Möglichkeit gibt es jedoch nur, wenn die Umsätze unter einer Milliarde Dollar liegen.

Silicon-Valley-Wagnisfinanzierer wie Matt Murphy von Menlo Ventures sehen das Vorhaben bereits als Vorboten einer Woge von Börsengängen. Der Dammbruch wird seit 2014 immer wieder prognostiziert. Tatsächlich ging seitdem die Zahl der Hightech-Börsengänge laut der Dow Jones Venture Source Datenbank von 53 auf 35 im Jahr 2015 zurück. In den ersten neun Monaten diesen Jahres wagten nur 18 Tech-Unternehmen den Gang aufs große Parkett.

Doch Vorsicht ist angebracht. Alle sieben oder acht Jahre, so lehrt die Geschichte, kriselt es in der Hightech-Branche und ihrem Epizentrum Silicon Valley. Auch dieser Rückschlag ist überfällig.

Gut möglich, dass Spiegel jetzt den Börsengang plant, um dem nächsten großen Jammer zuvorzukommen und sein Unternehmen rechtzeitig winterfest zu machen. Sollte ihm das erfolgreich gelingen, ist das kein Garant dafür, dass die Börse hochbewertete Unternehmen wie den Taxivermittler Uber oder die Bettenbörse Airbnb ähnlich willkommen heißt. Denn diese verkaufen keine Werbung, sondern über Internet vermittelte oder koordinierte Dienstleistungen. Ein noch junges Geschäftsfeld, dessen Modell erst noch getestet wird und bereits Regulierer auf den Plan gerufen hat.

Die Hightech-Branche führt sich gern als Weltverbesserer auf. Tatsächlich ging es bei den großen Mega-Börsengängen wie Google oder Facebook nicht um das Retten der Menschheit. Sondern schlicht um das Umverteilen von Werbegeldern. Snap setzt da die Tradition nur fort.

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