Nach der Insolvenz des Internetunternehmens Unister könnten bis zu 14.000 Reisekunden die Auswirkungen zu spüren bekommen. Probleme gebe es demnach mit Reise-Gutscheinen, die vor dem 20. Juli von einem Tochterunternehmen der insolventen Unister Travel, der U-Deals GmbH, erworben wurden. Das teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Lucas Flöther am Donnerstag mit. Diese Gutscheine würden von den örtlichen Vertragspartnern nicht anerkannt. Insbesondere gehe es um das Portal ab-in-den-urlaub-deals.de. Kunden, die solche Gutscheine für Reisen und Hotelaufenthalte mit frei wählbarem Anreisedatum nach dem 20. Juli gekauft hätten, seien aber nicht betroffen, so Flöther.
Grund für die Probleme ist die Insolvenz der wichtigen Reisetochter Unister Travel Betriebsgesellschaft. Unter deren Dach sind die Reisegeschäfte des Unternehmens gebündelt - darunter auch die Betreiberfirma von ab-in-den-urlaub.de.
Ein entsprechender Antrag sei eingereicht, teilte Flöther mit. Es ist damit die vierte Tochter von Unister, die neben der Holdinggesellschaft bisher insolvent ist. Bislang stellten die Urlaubstours GmbH, U-Deals und die Unister GmbH den Antrag.
Die Unister-Insolvenz - Ein Wirtschaftskrimi?
Der Fall ist mysteriös - und klingt nach einem Wirtschaftskrimi: Selfmade-Millionär und Gründer des Leipziger Internetunternehmens Unister, Thomas Wagner, stürzt am 14. Juli 2016 mit einer Privatmaschine in Slowenien ab. An Bord Bargeld. Kurz darauf meldet die Holding Insolvenz an, ebenso ein Tochterunternehmen. Schon seit Jahren wird über wirtschaftliche Schwierigkeiten spekuliert. Viele Fragen sind offen.
Quelle: dpa
Zum Absturz könnte Vereisung an der einmotorigen Maschine beigetragen haben. Entsprechende Probleme hatte der 73-jährige Pilot der slowenischen Flugkontrolle gemeldet. Slowenische Medien spekulierten, dass die gecharterte Privatmaschine deutlich oberhalb der für diesen Typ üblichen Flughöhe von 5000 Metern unterwegs gewesen sein dürfte. Die Untersuchungen des Wracks laufen noch, auch unter Beteiligung deutscher Behörden.
Neben Firmengründer und Unister-Hauptanteilseigner Wagner (38) auch der Mitgesellschafter Oliver Schilling (39), ein 65-jähriger Mann und der Pilot.
Wagner und sein Kompagnon wollten sich in Venedig mit potenziellen Investoren treffen, wie Unister mitgeteilt hat. Dabei sollen sie betrogen worden sein. Die slowenische Polizei berichtete von Dokumenten an Bord der Unglücksmaschine, die darauf hinwiesen, dass Wagner „um eine größere Summe geschädigt wurde“. In Medienberichten wird über die Investoren und untergeschobenes Falschgeld spekuliert, offiziell bestätigt ist nichts. Auch die Herkunft der an der Unglücksstelle gefundenen 10.000 Schweizer Franken in bar ist unbekannt.
Wagner galt zeitweise als ostdeutscher Vorzeige-Unternehmer, später gerieten Geschäftspraktiken von Unister immer wieder in die Kritik. Die letzte veröffentlichte Bilanz der Unister Holding stammt von 2011. Ihr alleiniger Geschäftsführer war Wagner, der alle Fäden in den Händen hielt. 2002 hatte er Unister als 23-Jähriger in Leipzig ursprünglich als Studententauschbörse gegründet und das Start-up auf einen rasanten Wachstumskurs geführt. 2015 war dann von Stellenstreichungen die Rede, 30 Millionen Euro pro Jahr sollten eingespart werden.
Unter dem Dach der Unister Holding GmbH fand sich eine Vielzahl von Firmen, die mehr als 40 Internetportale unter anderem zu den Themen Reisen, Nachrichten, Immobilien oder Partnervermittlung betreiben - darunter beliebte Seiten wie fluege.de, ab-in-den-urlaub.de, news.de oder partnervermittlung.de. Insgesamt arbeiteten mehr als 1000 Beschäftigte für die Unternehmensgruppe.
Bis zu seinem Tod hielt Wagner rund 40 Prozent der Anteile und war damit Hauptgesellschafter Unister Holding. Der Rest verteilt sich nach Firmenangaben auf die vier Mitgründer - darunter Schilling, der ebenfalls beim Absturz ums Leben kam - sowie eine Firma namens Opus30 Vermögensverwaltungsgesellschaft.
2012 geriet Unister ins Visier der Justiz. Wagner und drei weitere Manager wurden unter anderem wegen unerlaubter Versicherungsgeschäfte und Steuerhinterziehung angeklagt. Unister wies die Vorwürfe stets zurück. Zum Prozess kam es bisher nicht, weil das Landgericht Leipzig derzeit eine weitere Klage prüft.
Eine Erstattung der Gutscheine sei nicht möglich, so Flöther. „Das Insolvenzrecht lässt uns hier leider keinen Spielraum, die geleisteten Zahlungen fallen in die Insolvenzmasse.“ Als Konsequenz aus der finanziellen Schieflage träten die Reiseprotale der Unternehmensgruppe ab sofort nicht mehr als Anbieter, sondern nur noch als Reisevermittler auf.
Die Holding hatte am Montag, wenige Tage nach dem Tod des Firmengründers Thomas Wagner, Insolvenz beantragt. Wagner war am vergangenen Donnerstag bei einem Flugzeugabsturz in Slowenien ums Leben gekommen, nachdem er zuvor in Venedig Gespräche geführt hatte.
Angesichts der Umstände der Reise vermutet Unister-Mitgesellschafter Daniel Kirchhof kriminelle Handlungen und hat inzwischen Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Sein Verdacht reiche „bis hin zur Geldwäsche“, hatte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Kirchhoff war bis Anfang 2015 Unister-Finanzchef.
Im Verfahren am Leipziger Landgericht um mehrere Manager gegen die Leipziger Unister-Gruppe haben die Beschuldigten bis Ende August Zeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Ab wann gegen die verbliebenen drei Angeklagten verhandelt wird, ist offen, wie das Gericht mitteilte. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wirft ihnen unerlaubtes Betreiben von Versicherungsgeschäften, Steuerhinterziehung sowie banden- und gewerbsmäßigen Computerbetrug vor. Der vierte Angeklagte war Firmengründer Thomas Wagner.
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi gab es bei Unister weder einen Betriebsrat noch Vertreter der Gewerkschaft. Der Arbeitgeber allein diktiere die Konditionen wie oft bei solchen rasant wachsenden Start-ups, erklärte ein Sprecher. Verdi beobachte die Entwicklung aufmerksam, denn das Unternehmen sei ein wichtiger Arbeitgeber in der Stadt.