Nachfolger gesucht Das verdrängte Problem der Telekom

Grund zum Feiern: Telekom-Chef Timotheus Höttges (l) präsentiert auf der Bilanzpressekonferenz gute Zahlen. Christian Illek (r) gilt als möglicher Kandidat für die Wössner-Nachfolge. Quelle: dpa

Die jüngsten Rekordzahlen kaschieren, dass Telekom-Chef Höttges ein Problem lösen muss: Der Konzern braucht so schnell wie möglich einen neuen Kronprinzen – oder eine neue Kronprinzessin.

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Besser hätte das Timing gar nicht sein können. Die Deutsche Telekom feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Ein bestens gelaunter Timotheus Höttges beglückte die Teilnehmer der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch daher mit einer großen Schokoladen-Torte. Nach all den Höhen und Tiefen seit der Gründung im Jahr 1995 hat der Telekom-Chef auch Grund zum Feiern.

Das Geschäftsjahr 2019 hat die Telekom so erfolgreich wie noch nie in ihrer Geschichte abgeschlossen“, schwärmt Höttges und verweist auf Rekordzahlen beim Umsatz, einem großen Sprung beim Gewinn und anderen wichtigen Kennziffern. Der „greifbar nahe“ Zusammenschluss zwischen T-Mobile und Sprint in den USA katapultiere die Telekom in eine noch bessere Zukunft. „Kein anderer europäischer Telekom-Konzern ist nach Abschluss der Transaktion links und rechts des Atlantiks so stark aufgestellt wie die Deutsche Telekom.“

Doch ist wirklich alles so magenta-rosig wie der Telekom-Chef suggeriert?

Zweifel sind angebracht. Denn ein Problem hat Höttges noch nicht gelöst. Der überraschende Rücktritt von Deutschland-Chef Dirk Wössner zum Jahresende weist auf Schwächen auf dem deutschen Heimatmarkt hin. Im Mobilfunk kann die Telekom zwar ihre Marktführerschaft gegenüber Vodafone und Telefónica gut behaupten. Doch im Festnetz stehen die größten Kämpfe noch bevor. Das Jahr 2020 wird das erste Geschäftsjahr, in dem Vodafone als bundesweiter Festnetzanbieter mit seinen deutlich schnelleren Kabel-TV-Netzen gegen die Telekom antritt.

Die jetzt von Vodafone angekündigten Preissenkungen liefern einen ersten Vorgeschmack, wie stark der Kundenbestand der Telekom im Breitbandgeschäft gefährdet ist. Ein monatelanges Führungsvakuum an der Spitze des Deutschland-Geschäfts kann sich Höttges deshalb nicht leisten.

Doch wie will Höttges einen neuen Macher für die Geschäfte auf dem deutschen Heimatmarkt finden? Die Suche wird schwierig, denn dem neuen Deutschland-Chef fällt quasi automatisch – ob er will oder nicht – die Rolle des Kronprinzen zu. Wössner Nachfolger ist auch erster Anwärter auf den Posten des Konzernchefs. Höttges Vertrag läuft noch bis 2024. Dann wäre er 62 Jahre alt – und könnte theoretisch noch ein paar Jahre bis zum Erreichen der Altersgrenze (65) dranhängen. Ein guter Aufsichtsrat baut deshalb jetzt schon einen oder mehrere geeignete Nachfolger auf.

Traditionell sucht der Telekom-Aufsichtsrat zuerst bei den Topmanagern in den eigenen Reihen. Diese Vorgehensweise hat sich nicht nur bei Höttges, sondern auch bei seinen Vorgängern René Obermann und Kai-Uwe Ricke bewährt. Wie Höttges hatten auch Obermann und Ricke ihre Lehrjahre an der Spitze des Deutschland-Geschäfts verbracht. Es wäre schon überaus überraschend, wenn der Aufsichtsrat ohne Not von dieser Leitlinie abrücken würde.

Aus den eigenen Reihen drängen sich im Moment zwei Vorstände auf: Claudia Nemat und Christian Illek.

Nemat leitete schon das europäische Auslandsgeschäft, bevor sie als „Herrin der Netze“ die Verantwortung für das Technologie-Ressort übernahm. In ihrer Vita fehlt noch die Bewährungsprobe im heftig umkämpften deutschen Markt. Sollte sie wirklich den Sprung an die Konzernspitze anstreben, sollte als erste ihren Finger heben und eine Bewerbung abgeben.

Illek, der zweite aussichtsreiche Kandidat, war schon Teil der Geschäftsführung Telekom in Deutschland, bevor er zu Microsoft wechselte. Als er wenige Jahre später zur Telekom zurückkehrte, vertraute ihm Höttges zuerst das Personalressort an. Seinen größten Karriereschritt machte Illek vor einem Jahr mit dem Wechsel ins Finanzressort. Hätte Höttges das erste Vorschlagsrecht für seinen Nachfolger, dann läge wahrscheinlich Illek im Moment leicht vorn – obwohl er nur zwei Jahre jünger als Höttges ist und nur für eine Amtszeit von fünf Jahren zur Verfügung stünde.

Technologie-Vorstand Nemat hätte dieses Problem nicht. Sie wird in diesem Jahr erst 52 Jahre alt. Die besten Jahre liegen also noch vor ihr. Mit einem Wechsel an die Spitze von Telekom Deutschland könnte sie den Beweis antreten, dass sie die Schwächen der Telekom auf dem deutschen Heimatmarkt ausbügeln kann. Dann stünden ihr alle Türen offen.

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