Neue Führungsetage Apple will die Magie von Steve Jobs zurückholen

Steve Jobs fehlt Apple überall. Deshalb muss Tim Cook handeln - und versucht mit ausgefallenen Top-Managern an die alten Zeiten anzuknüpfen. Kann die bunte Truppe für einen neuen Geist sorgen?

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Apple-Chef Tim Cook hat mit einigen neuen Personalien Aufsehen erregt. Quelle: AP/dpa

Es war die Show des Craig Federighi. Nicht sein Chef Tim Cook, nein, der ergraute Langhaarige mit jugendlichem Appeal hielt den größten Teil der zweistündigen Rede, mit der der kalifornische Computerbauer Apple vergangenen Montag seine jährliche Entwicklerkonferenz einläutete.

Entspannt, fast gelöst, präsentierte der Apple-Softwarechef auf der Bühne in San Francisco die neuen Versionen seiner Betriebssysteme. Als „Superman“ lobte Konzernchef Cook den 44-Jährigen. Unter dem 2011 verstorbenen Apple-Gründer Steve Jobs hätte es das nicht gegeben. Der hätte die Präsentation einer Innovation nie anderen überlassen.

Die neue Linie bei Apple hat System. Weil der Hersteller des iPods, iPhones und iPads seit dem Tod seines Ausnahme-Visionärs Jobs Wert an der Börse, vor allem aber Magie beim Publikum verloren hat, macht Nachfolger Cook aus der Not eine Tugend. Statt dass der eher reservierte 53-Jährige vergeblich Jobs nacheifert, schiebt er Top-Manager aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht – und setzt alle Hoffnungen auf sie. Ihre Mission ist keine geringere, als die Lücke, die Jobs hinterließ, gemeinsam zu füllen. Sie sollen Apple wie einst nach dem Wiedereinstieg von Gründer Jobs 1997 zum dritten Mal in eine neue Epoche katapultieren.

Die Köpfe hinter Apple

Im Zentrum der Strategie finden sich neben Softwarechef Federighi, Design-Guru Jonny Ive und Marketingchef Phil Schiller nun neue Stars, die Cook um sich und sein bisheriges Top-Team versammelt, um zum Aufbruch zu blasen:

  • Ganz vorn Angela Ahrendts, Ex-Chefin des britischen Modelabels Burberry, die seit Kurzem für die weltweiten Apple-Shops sowie den Internet-Store des Konzerns verantwortlich ist. Marc Benioff, Gründer und Chef des US-Cloud-Computing-Riesen Salesforce, wähnt in der Amerikanerin bereits die „künftige Apple-Chefin“ und sieht in ihr „Tim Cooks wichtigste Personalentscheidung“. Die 53-Jährige gilt als extrem talentierte Managerin und Expertin fürs internationale Geschäft.

  • Die schillerndsten Neuen bei Apple sind Jimmy Iovine, 61, und der US-Rapper Dr. Dre, 49, Gründer des Kopfhörerherstellers Beats Electronics, den Apple unlängst für drei Milliarden Dollar übernahm. Die blendenden Kontakte sowie der Streaming-Dienst der beiden, mit dem sich Musik direkt aus dem Internet hören lässt, machen das Duo für Cook so wertvoll.

  • Kevin Lynch, 46, einstiger Technik-Vorstand der Softwareschmiede Adobe (bekannt für ihre Leseprogramme für gedruckte Textvorlagen sowie Multimedia-Software) dürfte Apple ins Internet der Dinge führen, in dem Gegenstände wie Türschlösser und Thermostate miteinander vernetzt sind und dadurch ganz neue Dienste ermöglichen.

Die Gruppe der Gewaltigen hinter Konzernchef Cook steht unter großem Zeitdruck. Unter Vorgänger Jobs ist Apple nicht nur zum teuersten Unternehmen mit einem Wert von aktuell rund 550 Milliarden Dollar geworden. Spätestens nach seinem Tod zeigte sich auch, dass der Konzern nach seinem explosionsartigen Wachstum zu einem komplexen Gebilde mutiert war.

Dadurch wächst die Gefahr, wichtige Trends zu verschlafen oder sie aus Rücksicht aufs angestammte, hochprofitable Geschäft nicht konsequent genug aufzugreifen. Bahnbrechende Neuerungen wie das iPhone und das iPad fehlen. Das macht Apple immer anfälliger für Attacken der Konkurrenz. Die Erfolge von Google mit dem mobilen Betriebssystem Android oder von Samsung mit den Galaxy-Smartphones zeigen das.

Welche Innovationen Apple sich sichert
Akkulaufzeit neu verwaltenApple hat ein neues Patent angemeldet, dass eine neue clevere Funktion beschreibt. Diese merkt sich über die Geoinformationen den Ort, an dem der Nutzer sein Smartphone in der Regel auflädt. Je nach Akkustand und Entfernung zu der gespeicherten Position, werden im Smartphone Funktionen abgeschaltet, um die Stromversorgung bis zur Energiequelle zu sichern. So würden zum Beispiel bestimmte Apps, die selten benutzt werden und im Hintergrund Strom ziehen ausgestellt, um so den Akku zu schonen.
Patente für den iPenNachdem Steve Jobs den Stift für das iPad und das iPhone immer abgelehnt hatte, setzt Samsung voll auf die Möglichkeiten eines intelligenten Stylus. Vor allem Architekten, Ingenieure und Zeichner wissen die Funktion zu schätzen. Auch Drittanbieter haben versucht die Apple-Produkte mit ihren Stiften zu erweitern. Nun legt Apple offensichtlich nach und setzt voll auf Gesten. Laut Patentantrag soll der sogenannte iPen angeblich erkennen, wie er gehalten wird und diese Informationen über Orientierungssensoren direkt an das Tablet übermitteln. Auf diesem Weg könnte der Zeichner zum Beispiel die Strichbreite einstellen – ganz wie beim Halten eines Füllers. Insgesamt soll Apple laut der Website Patentlyapple  bereits über 20 Patente für Stylus-Geräte bekommen haben. Etliche davon dienen wohl auch nur der Absicherung der Rechte. Ob daraus am Ende auch wirklich ein Stift wird, ist bisher noch nicht klar. Quelle: dpa
Kopfhörer mit SensorenApple hat in den USA ein Patent für neue Kopfhörer eingereicht und genehmigt bekommen. Die neuen "In-Ear" sollen mit Sensoren ausgestattet werden, die Körpertemperatur, Puls und Schweißabsonderung messen und die Daten speichern. Der Vorteil gegenüber Fitnessarmbändern: Die Kopfhörer sind kein Extra-Gadget, sie werden von den meisten Sportlern sowieso am Körper getragen. Erstmals hat sich Apple mit so einer Anwendung vor über sieben Jahren beschäftigt, wie der Patentantrag zeigt. Neben der Tracking-Funktion sollen die Sensoren auch Kopfnicken erkennen. Über diesen Weg ließe sich zum Beispiel die Musik steuern. Quelle: WirtschaftsWoche Online
Beim Mac und iPad anklopfenEs wäre eine spannende Erweiterung der Tastatur - zumindest hat Apple einen Patentantrag genehmigt bekommen, in dem beschrieben wird, wie Tablet und Notebook auf akustische Signale reagieren. Gemeint ist zum Beispiel das Kratzen oder Klopfen am Gehäuse der Geräte. Sensoren im Gerät sollen die Töne erfassen und sie zur Auswertung an den Prozessor schicken, der sie interpretiert. Erleichtern könnte die Technik das Markieren von Texten oder das Aufrufen eines Kontextmenüs. Quelle: REUTERS
Krumme Sensoren auf dem iPhoneApple hat in den USA das Patent für gekrümmte Touch-Sensoren zugesprochen bekommen. Die Herstellung der gekrümmten Sensoren ist aufwendig. Zunächst werden die Sensoren als Rohling mit einer leitenden Filmschicht und dem Deckmaterial in flacher Form angefertigt. Durch gleichmäßige Wärmezufuhr wird das Material gekrümmt. So stellen die Handybauer außerdem sicher, dass die Sensoroberfläche den gleichen Abstand zum Deckmaterial behält. Nur so ist die Touch-Oberfläche in der Mitte wie am Rand empfindlich. Quelle: REUTERS
Solardeckel für das MacbookFür einen ganz neuen Notebookdeckel hat Apple in den USA ein Patent erhalten. Der Deckel soll mit einer Solarzelle den Akku des Computers laden und gleichzeitig als zweiter Display mit Touchscreen arbeiten. Bekannt ist die Technik bereits als elektrochromes Glas in Form eines Sonnen- oder Sichtschutzes im Kfz-Bau. Auch als Trennwand in Büros wird die Technik eingesetzt - allerdings ohne die Displayfunktion. Klappt man das Macbook künftig zu, könnten also auf der Außenseite trotzdem Verkehrsinformationen oder Statusupdates aus sozialen Netzwerken eingeblendet werden. Inwieweit das Patent jedoch wirklich zu einem konkreten Produkt wird, ist derzeit noch fraglich. Quelle: dpa
iWatch aus der Entfernung aufladenSamsung hat mit der Computeruhr Galaxy Gear vorgelegt, nun will Apple nachziehen. Angeblich arbeitet der Konzern bereits seit Jahren mit einer hundert Mitarbeiter starken Mannschaft an dem Gadget fürs Handgelenk. Ein Patentantrag gibt den Gerüchten neuen Aufwind, wie das chinesische Magazin ctech berichtet. Demnach soll sich der Akku der iWatch sogar über mehrere Meter hinweg aufladen lassen. Somit ließe sich das Gadget über den Apple-Laptop oder -Computer laden, ohne es abzunehmen. Quelle: REUTERS

Zugleich sind die offenen Baustellen im Apple-Reich unübersehbar. Jahrelang hatte der Konzern die Musikbranche geprägt, indem er über seinen Store die Möglichkeit bot, gegen Bezahlung Songs auf den iPod, das iPhone oder das iPad herunterzuladen. Nutzer haben das seit Start des Online-Musikshops im April 2003 rund 30 Milliarden Mal getan.

Doch die Downloads gehen zurück. Schuld sind der freche schwedische Musikstreaming-Dienst Spotify und Wettbewerber wie Slacker, Rdio oder Google Play All. Sie bieten gegen eine monatliche Gebühr an, so viel Stücke wie gewünscht aus Musikbibliotheken von bis zu 20 Millionen Titeln direkt via Internet zu hören. Apple schaute bis vor Kurzem mehr oder weniger hilflos zu.

Gleichzeitig macht sich Lethargie in den stationären Shops breit. Im Sommer 2011 hatte der Konzern Ron Johnson, der gemeinsam mit Jobs das Konzept der Apple Stores entwickelt hatte, an den US-Einzelhändler J.C. Penney verloren. Sein Nachfolger John Browett, von Cook angeheuert, war früher Chef der britischen Elektronikkette Dixons und vergraulte die Mitarbeiter in den Stores.

Browett ließ die Verkäufer, die bei Apple Specialist heißen, kürzer arbeiten, baute sogar Stellen ab und verscherzte es sich so mit der restlichen Apple-Führung. Nach einem kurzen Gastspiel von April bis Oktober 2012 musste der vermeintliche Aufräumer gehen, ohne dass sein Posten bis zum 1. Mail 2014 besetzt wurde.

Die Expansion geriet ins Stocken. In China gibt es erst 10 statt wie geplant 25 Stores. In Berlin sucht Apple seit Jahren erfolglos einen zweiten Standort im Osten der Stadt.

Zudem zahlt Apple durch ein komplexes Netz an Tochterfirmen auf einen Großteil seiner Auslandsgewinne kaum Steuern – und sorgt damit für viel Empörung. Die EU-Kommission will nun eine offizielle Untersuchung dieser Praxis einleiten. Die EU-Kommission will am Mittwoch eine offizielle Untersuchung der Steuerpraxis von Apple in Irland beginnen. Der Konzern zahlt dort so gut wie keine Steuern, weil einige Apple-Tochtergesellschaften in Irland zwar auf der Insel registriert sind. Weil aber der Verwaltungsrat in Amerika tagt, entsteht in Irland Experten zufolge kein Steuerwohnsitz.

Solche Vermeidungsstrategien von Konzernen gelten als legal, sorgen in Europa aber für Aufruhr. Entsprechende Schlupflöcher gibt es auch in den Niederlanden und Luxemburg.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%