Neue Produkte Bunte iMacs, schnelle iPads – und kein Engpass bei Halbleitern?

Apple-Manager John Ternus spricht bei der Apple-Keynote über den M1-Prozessor, der im iPad Pro und in den iMacs genutzt wird. Quelle: via REUTERS

Mit seinem eigenen M1-Chip verleiht Apple seinen iMacs und iPad Pros ein kräftiges Upgrade. Warum den Konzern die Halbleiterknappheit kaum trifft und welche Widersprüche es bei seinen hehren Zielen gibt.

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Apple-Chef Tim Cook ist es wieder mal gelungen, teure Produkte zu entwickeln, deren volles Potenzial sich nur durch noch höherpreisige Apple-Produkte ausschöpfen lässt. Am Dienstag wurden die sogenannten AirTags auf einer im Apple-Hauptquartier in Kalifornien aufgezeichneten Präsentation vorgestellt. Die kreisrunden Sender – ehemals als iBeacons bekannt – wurden schon seit mehreren Jahren erwartet. Sie kommen Ende April auf den Markt. Konkurrent Samsung offeriert seine Version bereits unter dem Namen SmartTags.

Die Sender lassen sich in Gegenstände wie Taschen, Koffer oder Geldbörse packen und orten diese dann via Bluetooth durch ein Tonsignal. Das lässt sich Apple teuer bezahlen. Ein AirTag kostet stolze 35 Euro, im Viererpack 119 Euro. Wer den AirTags an einen Schlüsselbund heften will, muss für einen Anhänger aus Leder weitere 39 Euro bezahlen. Damit nicht genug. Wem das Tonsignal nicht reicht, der kann sich via Ultrabreitband-Funk Entfernung und Richtung des Gegenstands anzeigen lassen. Das funktioniert jedoch nur mit modernen iPhones, ab Generation 11, also ab 679 Euro. Wer noch mehr Geld loswerden und mit Stil suchen will, kann seinen AirTag mit Hermès-Anhängern verschönern. Kostenpunkt zwischen 299 und 449 Euro. Es ist zwar schon lange bekannt, dass Ordnung Geld spart. Dank Apple lässt sie sich nun bepreisen.

Dieser Strategie folgt auch der neue Apple TV 4K. Schneller, leistungsfähiger, besserer Sound und ausgestattet mit einer Funktion, die das Kalibrieren des Fernsehbildschirms über die Kamera des iPhones erlaubt und so das bestmögliche Bild einstellt. So präzise funktionierte das bislang nur über spezielle Messgeräte.

Klar, Apple muss seinen Kunden Gründe liefern, neue Geräte anzuschaffen. Das ist legitim. Teure Apple-Produkte, à la AirTags, kombiniert mit allerhand digitalen Abgaben erklären, warum der Konzern an der Börse satte 1,86 Billionen Euro wert ist. Wettbewerber können da nur grün vor Neid werden. Zumal die erste Charge der AirTags dank loyaler Fans sicherlich ausverkauft sein wird.

Das gilt auch für die eigentlichen Stars der Apple-Präsentation am Dienstag: die neuen iPad Pros und iMacs. Letztere sind lange überfällig. Ihre bunten Farben erinnern an die erste Generation der iMacs vom August 1998. Die quietschbunten G3 waren das erste Meisterstück des langjährigen Apple-Designers Jony Ive unter der Ägide von Steve Jobs.

Die neuen iPad Pros und iMacs sind besser als ihre Vorgänger. Der iMac schon deshalb, weil Apple endlich eine leistungsfähige Webcam und ein gutes Mikrofon verbaut, was schon vor Jahren hätte geschehen müssen.

Über Design und Funktionalität lässt sich streiten. Weniger über Leistung. Die ist dank Apples M1-Chip um Längen besser, laut Apple um bis zu 85 Prozent. Im November brachte Apple den ersten für seine Macintosh-Computer entwickelten Chips auf Basis von ARM heraus und löste sich von seinem langjährigen Lieferanten Intel.

Nach überschwänglichem Lob unabhängiger Tester, weil der M1 nicht nur leistungsfähiger, sondern auch stromsparender ist und damit die Akkulaufzeit von Mac Notebooks signifikant verlängert, ist mittlerweile klar, dass Apple damit der große Wurf gelungen ist. Der M1-Prozessor ist so gut, dass er nun nicht nur in Macintosh-Computern, sondern erstmals auch im iPad eingesetzt wird. Hier verwendet Apple seit dem Start vor elf Jahren eigene Prozessoren. Noch gibt es den M1 jedoch nur für die Pro-Version des iPads, der sich dadurch einen ganzen Tag ohne Aufladen nutzen lässt.

Keine Frage: Mit „Apple Silicon“ hat der Konzern einen sinnvollen Upgrade-Zyklus gestartet. Am erstaunlichsten an Apples Präsentation ist jedoch, dass der Konzern den neuen iMac und das iPad Pro schon ab der zweiten Maihälfte liefern will. Trotz der Halbleiterknappheit, von der auch Apples iPhone-Linie im Weihnachtsgeschäft betroffen war. Annette Zimmermann, Analystin des Marktforschungsunternehmens Gartner, hält den Termin jedoch für realistisch. „Apple hat aus dem Totalausfall vor einem Jahr gelernt und sich außerhalb Chinas neue Lieferketten aufgebaut“, sagt Zimmermann. Apple habe zudem einen Ruf zu verlieren. „Ich kann mich nicht erinnern, dass Apple in den letzten Jahren ein Datum für ein neues Produkt angekündigt und dann verschoben hat“, sagt Zimmermann. Beim iPhone X gab es zwar Verzögerungen. Und auch beim iPhone 12 war Apple spät dran, doch der Auslieferungsstart wurde eingehalten.

Wie so oft hinterlässt Apple gemischte Gefühle. Was Kritiker als überteuert empfinden, sehen loyale Käufer als angemessen. Auch an der Umweltpolitik des Konzerns scheiden sich die Geister. Gleich zum Auftakt seiner Präsentation wies Apple-Chef Cook stolz darauf hin, dass sein Unternehmen sich jetzt schon vollständig aus erneuerbaren Energien versorge. Bis 2030 sollen mehr als 110 Zulieferer eingebunden werden, damit dann „jedes Apple-Produkt klimaneutral“ sei. Zugleich setzt Apple streng auf Recycling und verwendet etwa seltene Erden in seinen Magneten und Kameras wieder.

Das sollte jedoch mittlerweile Standard oder zumindest Ziel jedes ambitionierten Unternehmens von Weltruf sein. Jedoch flutet Apple die Welt jedes Jahr mit Millionen neuer Geräte. Viele von ihnen sind so gebaut, dass sie sich nur schwer reparieren lassen. Und wenn, dann nur von Apple oder ausgewählten Partnern. Apple verweist allerdings darauf, dass sich seit vergangenem Sommer unabhängige Werkstätten in den USA, Kanada und Europa für die Reparaturen zertifizieren lassen und Kundendienst anbieten können. Zudem seien bei iPhones seit mehreren Generationen immer mehr Komponenten bereits im Laden reparierbar.

Ähnlich zwiegespalten verhält es sich beim Datenschutz, den sich Cook auf die Fahne geschrieben hat. Tatsächlich ist es vor allem Apple zu verdanken, dass Dritte nicht so mehr einfach überwachen können, welche Internet-Seiten Nutzer ansteuern oder wo sie Apps benutzen. Was besonders Facebook ärgert und auch Google in die Enge getrieben hat.

Anderseits hat Apple – wie auch Google – Advertising-IDs in seinem Handy-Betriebssystem verankert. Bei Googles Android heißen sie AAID, bei Apples iOS IDFA.

Die Empörung der Datenschützer wächst. Etwa bei Stefano Rossetti, der für die Datenschutzaktivisten von „None of your business“ (NOYB) eine aktuelle Beschwerde ausgearbeitet hat. Googles AAID beschreibt er als „ein farbiges Pulver, das man an den Füßen und Händen hat: Es macht jede Bewegung nachvollziehbar.“ Gegen die vergleichbare Werbe-ID in Apples iPhones, den IDFA, hat der Verein im November bereits eine Beschwerde in Deutschland und Spanien eingelegt. Zwar hat Apple zwischenzeitlich angekündigt, dass App-Entwickler ab der kommenden Version 14.5. des iOS-Betriebssystems beim ersten Start ihrer Anwendungen erst die Nutzer um Erlaubnis fragen müssen, ob sie diese tracken dürfen. Lehnen die ab, blockiert Apple den Zugriff des Programms auf die Werbe-ID. „Aber das ändert nichts daran, dass ich als Nutzer des iPhones nicht ablehnen kann, dass die IDFA erstellt wird“, betont Rossetti.

Apple hält dagegen: Anders als Google betreibe man weder ein eigenes Werbenetzwerk, noch teile oder verkaufe man Nutzerdaten an Dritte. Zudem ließe sich für Apps auf iPhones und iPads schon jetzt der Zugriff auf die Werbe-ID verwehren, betont ein Sprecher.

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Ob Apple damit durchkommt? Im Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht, das für die Beschwerde zuständig ist, erarbeite man gerade einen Fragenkatalog an das Unternehmen, zur „Überprüfung, ob diese Auffassung dem Sachverhalt angemessen ist“, heißt es auf Anfrage.

Auch für Apple gilt: Trotz hehrem Ziel sollte man lieber doch genauer nachschauen, ob die Botschaften auch halten, was sie versprechen.

Mehr zum Thema: Die US-Technologieikone Apple plant milliardenschwere Investitionen in Deutschland. Es ist die Krönung unzähliger Partnerschaften – allerdings mit viel übertriebener Geheimnistuerei und nicht immer auf Augenhöhe.

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