Neue Sony-Strategie Mit Kunstwelten zum Konzerngewinn

Nach bitteren Krisenjahren will Sony-Chef Kazuo Hirai den japanischen Konzern wieder zur Gewinnmaschine machen. Dabei setzt der Manager vor allem auf virtuelle Realität – und will die Robotersparte wiederbeleben.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Sony-Chef hat seinen neuen Geschäftsplan vorgestellt. Quelle: AFP

Tokio Sony setzt künftig auf virtuelle Realität, um seine Spielesparte zum neuen Gewinnmotor in der realen Welt zu machen. Sein Unternehmen habe die digitalen Kunstwelten als ein Gebiet identifiziert, das großes Zukunftspotenzial für den Gesamtkonzern habe, erklärte Kazuo Hirai, der Chef des japanischen Elektronik- und Unterhaltungskonzerns, am Mittwoch in Tokio bei der Vorstellung des neuen Geschäftsplans.

Dabei denkt der Sony-Chef, der selbst aus der Games-Sparte stammt, allerdings über Videospiele hinaus. Spiele und Netzwerkdienste nannte er zwar als „größten Wachstumsmotor“. Aber Videospiele böten daneben auch Gelegenheit, mehrere Sony-Technologien wie Kameras, die Produktion von Inhalten sowie die eigene Expertise in der Unterhaltungsindustrie voll zu nutzen. Darüber hinaus will er die Robotersparte wiederbeleben, die 2006 mitsamt Sonys legendärem Roboterhund Aibo eingeschläfert wurde.

Die Konzentration auf die Videospielsparte stellt eine erneute Strategiewende dar, mit der Hirai sein Gewinnversprechen retten will. Nach Jahren der Krise hat Hirai den Anlegern für 2017 eine Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent und einen Betriebsgewinn von über 500 Milliarden Yen (rund 4,4 Milliarden Euro) in Aussicht gestellt. Das Unternehmen ist zwar auf gutem Weg. Doch zwei der drei Segmente, die Hirai bei seinem Amtsantritt 2012 zu Wachstumspfeilern der Elektroniksparte ernannt hatte, bröckeln.

Bei Smartphones schaffte Sony es angesichts des beinharten Preiskampfes chinesischer Wettbewerber nie, unter die Tophersteller aufzusteigen. Nun senkte Hirai die Umsatzprognose der Sparte für 2017 um zehn bis 20 Prozent auf 900 Milliarden bis 1050 Milliarden Yen. Auch die Gewinnspanne soll nur einen niedrigen einstelligen Prozentsatz betragen.

Die Kamerasparte soll sich zwar stabilisieren. Aber dafür wird es voraussichtlich mit Bildsensoren bergab gehen, bei denen Sony sowohl für Kameras als auch Smartphones Weltmarktführer ist. Denn der globale Smartphone-Boom flaut ab.

Bei Videospielen und den Gebühren aus dem PlayStation-Network will Hirai hingegen mit 1600 Milliarden bis 1900 Milliarden Yen rund 30 Prozent mehr Umsatz als bisher geplant und eine Gewinnspanne von acht bis zehn Prozent geplant. Und VR-Spiele sollen bereits dazu beitragen. Im Oktober bringt Sony seine Videobrille Playstation VR auf den Markt, die Spieler noch stärker in die Kunstwelten hineinziehen soll als bisher schon.


In dem Bereich herrscht harter Wettbewerb

Einige Analysten sind dennoch skeptisch, ob Sony das Umsteuern gelingen wird. Nicht nur steckt virtuelle Realität in den Kinderschuhen. Zudem herrscht bereits jetzt harter Wettbewerb. Facebook hat sich mit Sonys südkoreanischem Rivalen Samsung als Produktionspartner verbündet und im März die VR-Brille Oculus Rift auf den Markt gebracht. Im April folgte taiwanische Elektronikhersteller HTC mit seiner Vive.

Unterdessen macht sich auch Microsoft, Sonys Erzrivale in der Videospielwelt, VR-fein. Über die neue Spielekonsole Xbox One S, die im Sommer auf den Markt kommt, arbeitet der Softwaregigant am „Project Scorpio“, einer für Ende 2017 geplanten, sehr rechenschnellen Plattform, die Kunstwelten in hoher Qualität darstellen wird. Microsoft will dafür nach Ansicht von Analysten die VR-Brillen von Sony-Rivalen nutzen.

Bei derart viel Andrang geht Yu Okazaki, Technologieanalyst von Japans Investmentbank Nomura, davon aus, dass VR nach enttäuschenden Anläufen nun wirklich vor dem Durchbruch steht. Bis 2020 sollen insgesamt 40 Millionen VR-Brillen ausgeliefert werden, schätzt er. „Rechnet man Zubehör und andere Inhalte außerhalb der Videospiele hinzu, erwarten wir, dass der VR-Markt für Endverbraucher auf zehn Milliarden US-Dollar wächst.“

Mit seiner Tradition als Videospielhersteller hat Sony dabei in den Augen einiger Analysten einen Startvorteil. Hiroshi Taguchi glaubt, dass die PlayStation VR „das Potenzial hat, Sonys Gewinne stark zu beeinflussen.“

Auch Hirai sieht das Unternehmen anscheinend an einer Weggabelung. Das Ziel sei herausfordernd, sagte er. „Aber wir glauben, dass es ein kritischer Meilenstein für Sony ist, sich in ein hochprofitables Unternehmen zu verwandeln“, verspricht Hirai Zahlenmenschen unter den Anleger. Doch auch für Gefühlsmenschen hatte er eine Botschaft parat. Hirais neue Roboterabteilung soll Kunstwesen entwickeln, die emotionale Bindungen mit Kunden aufbauen und wachsen können, „um Liebe und Zuneigung zu wecken.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%