Nokias schwieriges Comeback Das Phone aus der Asche

Pekka Rantala Nokia Quelle: imago images

Einst war Nokia der größte Handyhersteller der Welt. Dann erfanden andere das Smartphone – und Nokia ging unter. Jetzt sind die Finnen wieder da. Über den Versuch, eine Marke wiederzubeleben.

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r Achtzehn Monate nach dem Aus einer Weltmarke bittet Pekka Rantala in eine Sauna nahe Helsinki, um die Wiederauferstehung zu feiern. Seine Haare sind kurz geschoren, das Gesicht braun gebrannt. Rantala sieht aus, als habe er gerade einen längeren Urlaub hinter sich. Und tatsächlich war das vergangene Jahr eine Weltreise: Australien, China, Indien. London, Madrid, Berlin. Natürlich Nordamerika, Südamerika, Afrika. 289 von 365 Tagen war Rantala unterwegs. Allerdings nicht im Urlaub – er hat versucht, Nokia wieder Leben einzuhauchen.

Rantala ist 52 Jahre alt und Marketingchef bei HMD Global, das vor eineinhalb Jahren gegründet wurde, um die finnische Traditionsfirma neu zu beleben. Der einstmals größte Handyhersteller der Welt hatte erst den Boom der Smartphones verschlafen, war dann an Microsoft verkauft und endgültig heruntergewirtschaftet worden. 350 Millionen Dollar zahlte HMD, ein unter anderem vom Apple-Zulieferer Foxconn mit viel Geld ausgestattetes Start-up, 2016 für die Überreste. Seither ist Rantala unterwegs: zu Endkunden, Lieferanten und Partnern. Ein Mann in unmöglicher Mission. Seine Gegner sind die größten und mächtigsten Technikkonzerne des Globus. Doch Rantala sagt: „Ich schlafe immer gut, egal, wo ich bin.“

Was ihn so sicher macht, sind die Zahlen. Fast acht Milliarden Mobilfunkanschlüsse gab es im vergangenen Jahr weltweit, ein Drittel davon wird von Smartphones genutzt. Allein in Deutschland werden damit dieses Jahr über zehn Milliarden Euro umgesetzt. Nur: Der Markt schrumpft seit einiger Zeit. In Europa ging der Absatz in den vergangenen zwölf Monaten um sechs Prozent zurück, auf 46 Millionen Geräte. Vor allem die führenden Hersteller Apple und Samsung verlieren Anteile. Pekka Rantala aber verkaufte im vergangenen Jahr weltweit 70 Millionen Telefone, HMD erkämpfte sich 3,5 Prozent Marktanteil in Europa. Aus dem Stand.

Die Geschichte von HMD Global ist deshalb eine vom zähen Kern einstiger Weltmarken. Von Enthusiasmus, Gründergeist, auch tiefem Verständnis der Bedürfnisse der Kunden. Sie handelt aber ebenso von einer riskanten Operation: dem Versuch, einen Telefonhersteller, der einst wie kein zweiter für seine Technik, sein Design und seine Ingenieurkunst gefeiert wurde, allein auf der Basis seines Namens wiederzubeleben. Hat Rantala damit Erfolg, schreibt er Marketinggeschichte. Aber: Ist das wirklich möglich?

Die Schlange vor dem Museum für Gegenwartskunst in Barcelona reicht bis um die nächste Straßenecke. Die Journalisten stehen in der Frühlingssonne für die HMD-Pressekonferenz auf dem Mobile World Congress an. Es ist erst die zweite Schau, auf der sich das neue Nokia präsentiert – und das Interesse ist riesig. Die Marke übt eine beinahe magische Faszination aus, auf Nostalgiker und Nerds gleichermaßen.

Die Macht der Marke

Drinnen steht Rantala neben Florian Seiche, dem Chef von HMD. Wie Rantala ein erfahrener Mobilfunkmanager, der auch früher schon bei Nokia arbeitete, dann mit der Marke zu Microsoft gewechselt war. Nun haben sie mit eigenem Geld die Rechte an Nokia gekauft, zudem noch 100 Millionen Dollar Wagniskapital eingesammelt. „Natürlich verankert uns die Marke Nokia stark in der Vergangenheit“, sagt Seiche. Dennoch müsse man nun Zukunft schreiben, eine Comeback-Story eben. „Wir haben gesagt: Wir machen das nur, wenn wir die Chance haben, unter den Top 5 mitzuspielen.“ Und Rantala ergänzt: „Ich dachte erst, die größte Herausforderung sei der Zugang zu den Märkten.“ Aber das stimme gar nicht, Nokia funktioniere offenbar noch immer, sei inzwischen wieder in 100 Ländern vertreten. „Der schwierigste Job ist es, den Start-up-Geist in der Firma zu erhalten.“

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