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NSA-Ausschuss Bundestag will Facebook-Chef befragen

Mark Zuckerberg bekommt wohl bald Post aus Berlin: Der NSA-Ausschuss will den Facebook-Chef und weitere US-Internetkonzernbosse als Zeugen laden. Dem Zeugen Edward Snowden wollen die Abgeordneten womöglich bald einen Besuch in Moskau abstatten.

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Die starken Sprüche zur NSA-Affäre
Christian FlisekDer SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek, sagte dem Bayerischen Rundfunk, sollte sich der Verdacht erhärten, dass zwei Jahre lang ein Spion der US-Geheimdienste beim Bundesnachrichtendienst (BND) gearbeitet und den Untersuchungsausschuss ausspioniert hat, wäre das ein „Skandal“ und „Angriff auf die parlamentarische Demokratie“. Dies müsste Konsequenzen haben, sowohl im Bereich der Zusammenarbeit der Geheimdienste als auch im Bereich der Politik. Quelle: dpa
Volker BeckDer innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sagte „Handelsblatt Online“: „Die Verantwortung für die Aktivitäten des BND liegen im Bundeskanzleramt. Wir erwarten, dass die Aufklärung über diesen Vorgang schonungs- und rückhaltlos von höchster Stelle angeordnet wird.“ Quelle: dpa
Bernd RiexingerDie Linkspartei sieht das Kanzleramt in der Verantwortung. „Alle Finger zeigen auf das Kanzleramt und dessen Chef“, sagte der Parteivorsitzende Bernd Riexinger der „Rheinischen Post“. „Der BND ist auf dem atlantischen Auge blind“, erläuterte er. Wenn die Spionageabwehr offenkundig noch nach den Mustern des Kalten Krieges funktioniere, stelle sich die Frage nach der politischen Verantwortung für eine Fehlsteuerung. Riexinger forderte, die Bundesregierung müsse den Amerikanern jetzt „die Zähne zeigen“ und das Parlament parteiübergreifend „gegen diesen Angriff auf seine Freiheit Stellung beziehen“. Quelle: dpa
Konstantin von NotzDer Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, sagte den „Ruhr Nachrichten“, wenn sich der Verdacht bewahrheite, handele es sich um einen „ungeheuerlichen Vorgang“. „Es kann nicht hingenommen werden, wenn der NSA-Ausschuss, der die Ausforschung von Millionen Deutschen aufklären soll, selbst ausgeforscht wird.“ Ein solcher Vorgang müsste Konsequenzen haben. „Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, müsste es auch gegenüber den Amerikanern eine deutliche Reaktion geben. Die Ausforschung eines Bundestagsgremiums ist keine Lappalie.“ Quelle: dpa
Larry PageAls nächster Spitzenmanager aus der Internet-Branche hat Google-Chef Larry Page das Überwachungssystem der USA kritisiert. „Für mich ist es außerordentlich enttäuschend, dass die US-Regierung das alles heimlich getan und uns nichts gesagt hat“, sagte Page beim Auftritt auf einer Konferenz in Vancouver. Mit „uns“ meine er nicht Google, sondern die Öffentlichkeit, stellte Page auf Nachfrage klar. „Wir können keine Demokratie haben, wenn wir Sie und unsere Nutzer vor Dingen schützen müssen, über die wir nie gesprochen haben“, sagte der Google-Mitgründer im Gespräch mit dem TV-Journalisten Charlie Rose auf der Innovations-Konferenz TED. Man müsse wissen, welche Überwachung die Regierung plane und warum. Quelle: REUTERS
James WoolseyWegen Hochverrat will der ehemalige CIA-Chef den NSA-Whistleblower Edward Snwoden verurteilen. Dem Fernsehsender Fox News sagte er: "Wenn er dann von seinesgleichen verurteilt wurde, sollte er an seinem Hals aufgehängt werden, bis er tot ist." Die harsche Äußerung ist eine Reaktion auf den Vorschlag des NSA-Mitarbeiters Rick Ledgett, der Snowden freies Geleit zusichern wollte, wenn dieser im Gegenzug die Enthüllungen unterließe. Quelle: AP
René ObermannTelekom-Vorstandschef René Obermann hat der Bundesregierung und der EU-Kommission vorgeworfen, zu wenig für die Aufklärung der NSA-Abhöraffäre zu tun. „Die Spitzeleien haben das Vertrauen in zwei Grundpfeiler unserer Gesellschaft, die freie Kommunikation und die Privatsphäre, erschüttert“, sie seien „sogar demokratiegefährdend“, sagte der scheidende Telekom-Chef dem „Handelsblatt“. Es sei Sache der Politik und nicht der Wirtschaft, gegenüber den USA die Einhaltung von Datenschutzstandards einzufordern. „Es ist fahrlässig, dass so wenig geschieht.“ Obermann forderte, den Datenschutz in der EU schnell zu vereinheitlichen. Quelle: dpa

Die Chefs der großen US-Internetkonzerne wie Facebook und Twitter sollen als Zeugen im NSA-Untersuchungsausschuss antreten. Das Bundestagsgremium will die Zeugenladungen in seiner nächsten Sitzung an diesem Donnerstag beschließen, wie die Obmänner von Union und SPD, Roderich Kiesewetter (CDU) und Christian Flisek (SPD), am Mittwoch in Berlin ankündigten. Neben den Chefs von Facebook und Twitter, Mark Zuckerberg und Dick Costolo, will das Gremium demnach auch die Spitzen von Google, Microsoft und Apple vernehmen.

Im vergangenen Sommer war bekanntgeworden, dass der US-Geheimdienst NSA und andere ausländische Nachrichtendienste im großen Stil deutsche Daten abgeschöpft haben. Der NSA-Ausschuss soll die Affäre aufarbeiten.

An diesem Donnerstag kommt das Gremium zu seiner ersten öffentlichen Sitzung zusammen. Geplant ist eine Sachverständigenanhörung mit mehreren Verfassungsrechtlern. In einer nicht-öffentlichen Beratungssitzung davor will das Gremium über weitere Zeugen und anzufordernde Akten beraten.

Bislang hat der Ausschuss die Ladung von fast 30 hochrangigen Zeugen beschlossen - darunter Ex-Mitarbeiter der NSA, die Chefs von deutschen Geheimdiensten und Bundesbehörden und viele amtierende und frühere Mitglieder der Bundesregierung bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Liste wird nun länger.

Flisek äußerte sich zuversichtlich, dass die US-Konzernbosse erscheinen. Er glaube nicht, dass sie es sich leisten könnten, nicht zu kommen. Im Raum stehe der Vorwurf, dass die Firmen bei der Datenüberwachung zur Zusammenarbeit mit US-Geheimdiensten gezwungen würden. „Um diesen Verdacht auszuräumen, möchten wir sie laden.“

Ob und wie der Ausschuss den zentralen Zeugen, den Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden, befragen wird, ist weiter unklar. Snowden hatte vertrauliche Dokumente der National Security Agency (NSA) an Journalisten übergeben und die Überwachungspraxis des Geheimdiensts so an die Öffentlichkeit gebracht. Die USA suchen ihn per Haftbefehl. Derzeit hat er Asyl in Russland.

Die Opposition will Snowden unbedingt in Berlin vernehmen. Die Bundesregierung lehnt das jedoch ab und rät zu einer Befragung in Russland. Das wiederum sieht Snowdens deutscher Anwalt Wolfgang Kaleck sehr skeptisch.

Im Ausschuss gibt es nun Überlegungen, dass das Gremium dennoch bald nach Moskau reisen könnte, um Snowden zu treffen. Kiesewetter und Flisek sagten, dies gelte auch, falls der Amerikaner dort nicht zu einer Aussage bereit wäre. Es sei wichtig, Snowden kennenzulernen und einen persönlichen Kontakt herzustellen.

Streit zwischen Koalition und Opposition gibt es über die Ladung der früheren Direktoren des US-Geheimdienstes NSA, Keith Alexander und Michael Hayden. Union und SPD wollen die beiden nicht explizit als Zeugen laden, sondern offen lassen, ob sie möglicherweise auch als Sachverständige oder „Anhörungspersonen“ auftreten. Die Koalitionsfraktionen argumentieren, dies erhöhe die Chancen, dass die Amerikaner tatsächlich für eine Aussage nach Deutschland kommen könnten.

Die Opposition kann das nicht nachvollziehen und fordert eine reguläre Zeugenladung. Zeugen vor einem Untersuchungsausschuss droht eine Strafe, wenn sie nicht wahrheitsgemäß aussagen. Für „Anhörungspersonen“ gilt das nicht.

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