Oliver Samwer „Wenn wir daraus nichts machen, weiß ich auch nicht“

Nirgends in Europa trifft so viel Internet-Kapital zusammen wie auf der Branchenkonferenz Noah. Von dessen Bühne blickt Rocket-Chef Oliver Samwer positiv in die Zukunft. Andere sind skeptischer.

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Stammgast bei der Internet-Konferenz Noah in Berlin (Archivfoto von 2016): Rocket Internet-Chef Oliver Samwer spricht über die Zukunft der Branche. Quelle: dpa

Berlin Wenn es nach Oliver Samwer geht, wird dies ein gutes Jahr für Europa. Die Musikplattform Spotify will an die Börse, ebenso wie Delivery Hero, sein eigenes Baby. Schließlich ist Samwer der größte Anteilseigner des Pizzalieferdienstes. „Es ist gut, Rollenmodelle zu haben“, sagt Samwer. „Es inspiriert andere junge Leute, das nachzumachen.“

Mit zwei aufgeblasenen Einhörnern aus Plastik sitzt er auf einer Bühne der Internet-Konferenz Noah, dem größten Branchentreff des Landes. Nirgendwo in Europa treten auf einmal so viele Firmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Euro auf, trifft sich so viel Kapital, repräsentiert durch die großen Investmentfonds und immer mehr Dax-Konzerne. Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme fungiert in diesem Jahr gar als Chairman der Noah.

Dass sich eine solche Veranstaltung in Berlin etablieren konnte, daran hat auch Samwer einen Anteil, deshalb zählt das Interview mit ihm zu den festen Institutionen der Konferenz. Seine Start-up-Schmiede Rocket Internet hat das Ökosystem in der Hauptstadt mit Geld und Talenten genährt. Die Szene hat sich längst emanzipiert, hat Gründer zu Millionären gemacht und damit neue Geldgeber hervorgebracht.

Trotzdem gehört Rocket Internet noch immer zu den größten Investoren. Sein Unternehmen habe eine Cash-Reserve von 1,5 Milliarden Dollar und einen Fonds in Höhe von einer Milliarde Dollar zur Verfügung, betont Samwer. „So viel hat sonst niemand in Europa.“

Klaus Hommels macht das Sorgen. „Kapital ist eine geopolitische Waffe geworden“, sagt der Gründer von Lakestar, ebenfalls einer der größten Finanzierer von Gründern in Europa. Er findet es erschreckend, dass die europäischen Kapitalgeber nur eine kleine Rolle bei den großen europäischen Start-ups spielen - schlicht, weil es in Europa im Vergleich zu den USA nur so wenige und knapp ausgestattete Geldgeber gebe. Man müsste mehr von dem Geld, auf dem Versicherungen sitzen, in Start-ups stecken, findet Hommels.

Die Chinesen hätten es vorgemacht, wie man die eigene Digitalwirtschaft schützt: In China hat Google einen kaum messbaren Anteil, in Europa beherrschen die Amerikaner den Markt. „Wir waren die einzigen die keine Marktprotektion betrieben haben“, sagt Hommels. Bei der Industrie 4.0 sollte das Bild anders aussehen.

Selbst hat sich der Investor gerade einen stattlichen Anteil an einer Hype-Technologie gesichert, von der man auf der Noah viel gesehen hat: Lakestar hat die 40-Millionen-Runde des britischen Start-ups Blockchain angeführt, gemeinsam mit Google Ventures. Blockchain, gegründet von Peter Smith, ist die führende Plattform für die gleichnamige Technologie, mit der unter anderem Finanztransaktionen durch die Kryptowährung Bitcoin einfacher, schneller, und sicherer werden sollen.

Rocket-Chef Samwer hält sich bislang bei neuen Technologien zurück: „Ich würde heute keine 500 Millionen in künstliche Intelligenz stecken“, sagt er. „Wir fangen mit kleinen Beträgen an.“ Es ist sein altes Credo: Erstmal abwarten, was sich durchsetzt, dann kopieren - oder investieren.

Natürlich müssten auch seine Unternehmen jede neue Technik beherrschen, die der Nutzer adaptieren kann. Eine Pizza über Amazons Sprachsteuerung Alexa bestellen beispielsweise. „Wir werden nicht die Plattform in Europa sein, wir können nur versuchen, die beste Anwendung auf diesem System zu haben“, sagt Samwer.

Er gibt sich optimistisch: „Wir haben genug Unternehmer, wir haben genug Kapital, wenn wir daraus nichts machen, weiß ich auch nicht.“

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