Oracle Die wunderbare Wandlung von Larry Ellison

Lange Zeit hat der amerikanische Software-Gigant den Umschwung der Softwarebranche in Richtung Cloud Computing vernachlässigt - und will jetzt mit aller Macht aufholen.

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Oracle-Chairman Larry Ellison hat in San Francisco die Cloud-Strategie des von ihm gegründeten Unternehmens präsentiert. Quelle: dpa

Mangelndes Selbstbewusstsein hat man Larry Ellison bisher noch nie nachsagen können. Umso erstaunter dürften sich die rund 2000 Zuhörer am Sonntagabend im Moscone Center die Augen gerieben haben angesichts der ungewohnten Selbstkritik des Oracle-Gründers.

„Wir haben recht lange gebraucht um zu merken, dass wir jede Menge proprietäre Technologie im Portfolio haben“, räumte Ellison in der Eröffnungsrede der Oracle-Kundenmesse Open World ungewohnt freimütig ein. Doch genau diese herstellereigenen Technologien sind es, die im jetzt aufziehenden Zeitalter von Cloud Computing nicht mehr funktionieren.

Das hat inzwischen auch dem heute als Oracle-Cheftechnologie und Chairman arbeitenden Ellison gedämmert: „Es gibt kein Einmauern mehr in Oracle-Produkte – Sie können Daten und Anwendungen auch in die Amazon-Cloud oder die Microsoft-Cloud verschieben“, beteuerte der inzwischen 71-jährige Exzentriker.

Die wunderbare Wandlung von Larry Ellison hat sich damit indirekt sogar auf zwei Ebenen vollzogen: Nicht nur, dass Oracle künftig auf jenes sogenannte Lock-in von Kunden in die eigenen Technologien und Produkte verzichten will. Zudem bedeuten die Ausführungen des IT-Urgesteins letztlich auch einen wichtigen Strategieschwenk.

Denn länger als andere Anbieter hat Oracle beim Trend der gesamten Softwarebranche in Richtung Cloud Computing – Neudeutsch für Software-Systeme per Mietmodell über das Internet – relativ untätig an der Seitenlinie gestanden.

Das volle Potential der Cloud

Derweil sind insbesondere in den USA viele Unternehmenskunden in die Cloud marschiert – und mit ihnen manche Vorreiter bei den IT-Anbietern: Wie die Quartalsberichte mehrerer Schwergewichten in der vergangenen Woche gezeigt haben, konnten insbesondere SAP, Amazon und Microsoft  zuletzt deutlich vom Strategieschwenk hin zur Cloud profitieren.

Der Ellison-Erzrivale aus Walldorf beispielsweise verdoppelte den Anteil des Cloud-Geschäfts am Gesamtumsatz binnen Jahresfrist auf nunmehr zwölf Prozent. Bei Oracle lag jene Quote im jüngsten, Ende August abgelaufenen Geschäftsquartal dagegen gerade mal bei sieben Prozent.

Oracle nimmt SAP und IBM in der Cloud nicht wahr

Doch Ellison wäre nicht Ellison, würden ihn derartige Fakten irgendwie interessieren, geschweige denn beeindrucken. Wenig verwunderlich also, dass er in seiner Keynote nach der ungewohnten Selbstkritik schnell wieder auf den bekannten Angriffsmodus umschaltete: „Unsere beiden größten Wettbewerber im Stammgeschäft – SAP bei Unternehmenssoftware, IBM bei Datenbanken – haben wir die vergangenen zwei Dekaden eng beäugt“, sagte Ellison – um dann zum Konter überzugehen: „Auf beide achten wir nicht mehr.“

Seine Begründung: Bei Cloud-Apps sehe er praktisch nie SAP, sondern Rivalen wie etwa Salesforce oder Workday. Und bei der Cloud-Infrastruktur spreche niemand mehr von IBM, sondern meistens Amazon, und gelegentlich noch Google. „Dies zeigt, wie stark sich die IT-Welt verändert hat“, so Ellison. Und es stimmt ja sogar teilweise: IBM etwa hat unter anderem wegen des Trends weg von herkömmlichen Servern seit langem mit rückläufigen Umsätzen zu kämpfen.

Natürlich habe sich Oracle jenen Veränderungen längst angepasst, beteuerte der Oracle-Gründer. Zu diesem Zweck präsentierte den Zuschauern eine Liste mit immerhin 19 Produktankündigungen aus allen mögliche Cloud-Bereichenangefangen bei Cloud-Unternehmenssoftware über Big-Data-Analysen aus der Cloud bis hin zur neuesten Version seiner Datenbank-Appliance Exadata, einer Kombination aus Hard- und Software, die es demnächst auch als Cloud-Angebot geben soll.

Dies alles sei ein enormer Kraftakt gewesen. „Wir haben unsere bestehenden Produkte nicht nur einem Facelift unterzogen“, so Ellison. „Sondern den Programmcode hundertprozentig für die Cloud neugeschrieben.“ Da könne keiner der Oracle-Rivalen mithalten. Ellison: „Wir haben bereits mehr Anwendungen in der Cloud als jeder andere Anbieter:“

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