ProSiebenSat 1 Online-Dating zahlt sich für Medienkonzern aus

Reisebörsen, Parfümerien und Dating-Portale: ProSiebenSat1-Chef Thomas Ebeling setzt noch stärker auf Online-Beteiligungen als aufs klassische TV-Geschäft. Das treibt das Betriebsergebnis des Dax-Aufsteigers in die Höhe.

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ProSiebenSat1-Chef Thomas Ebeling verabschiedet sich zunehmend vom klassischen Fernsehgeschäft – zugunsten von Online-Beteiligungen. Quelle: dpa

München Deutschlands größte private Senderkette ist in Fahrt. Aber nicht wegen der TV-Kanäle. Es sind die vielen Zukäufe von Internet-Firmen, die das Geschäft antreiben. So schoss der Umsatz von ProSiebenSat1 im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent auf 857 Millionen Euro in die Höhe.

Von den 110 Millionen Euro an zusätzlichen Erlösen stammen jedoch nur sieben Millionen von den TV-Stationen. Die Einnahmen aus der TV-Reklame legen kaum noch zu. Es sind Internet-Firmen wie das Vergleichsportal Verivox, die für das satte Plus bei ProSiebenSat1 sorgen. Vorstandschef Thomas Ebeling ist seit Jahren auf Einkaufstour im Netz. Zuletzt hat der Manager die Internet-Partnervermittlung Parship geschluckt und sich an Käuferportal.de beteiligt. „Unser Portfolio komplettiert sich immer mehr“, sagte Ebeling am Donnerstagmorgen in einer Telefonkonferenz.

Die Expansion in neue Geschäftsfelder kostet allerdings einen Haufen Geld. So blieb im dritten Quartal nur ein Überschuss von 68 Millionen Euro übrig, fünf Millionen weniger als im Vorjahr. Zudem ist das Unternehmen aus Unterföhring jetzt mit rund 2,4 Milliarden Euro verschuldet, etwa eine halbe Milliarde mehr als 2015.

Doch das stört Ebeling nicht, im Gegenteil. Er verweist vor allem auf das stramme Wachstum. „Wir bestätigen unsere positive Prognose“, unterstrich er am Donnerstag. Im laufenden Jahr soll der Umsatz um mindestens 15 Prozent klettern. Und: Unterm Strich soll mehr übrig bleiben als im Vorjahr.

Auch für die nächsten Jahre sieht es gut aus. Daher hat Ebeling erst im Herbst die Langfrist-Prognose angehoben. So verspricht er nun für Ende 2018 einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro. Das sind 300 Millionen Euro mehr als zuvor angekündigt. Mehr als die Hälfte der Erlöse soll dann aus digitalen Angeboten jenseits des klassischen Fernsehens kommen. Da die Einnahmen aus der TV-Werbung kaum noch wachsen, ist die dynamische Entwicklung abseits des angestammten Geschäfts für die Anleger besonders wichtig.

Seit dem Frühjahr ist ProSiebenSat1 als einziges deutsches Medienunternehmen im Dax notiert. Der Aufstieg in den deutschen Leitindex ist eine geradezu märchenhafte Story. Noch vor sieben Jahren war die Pro-Sieben-Sat-1-Aktie ein Pennystock: Sie notierte gerade mal bei 0,88 Euro. Im frühen Handel in Frankfurt stand der Kurs am Donnerstag bei rund 38,50 Euro. Allerdings: Seit dem Einzug in den Dax im März haben die Aktien etwa ein Fünftel an Wert verloren. Am Donnerstag gewannen die Papiere in einem schwachen Umfeld leicht.

Die schier unglaubliche Entwicklung ist auch das Verdienst von Ebeling. Der Manager, der zuvor für Pharma-, Lebensmittel- und Tabakfirmen wirkte, kam 2009 von Novartis. Er fand einen Konzern vor, den der Unternehmer Haim Saban aus der Insolvenzmasse der Kirch-Gruppe 2003 für vergleichsweise kleines Geld erworben und an die Beteiligungsgesellschaften Permira und KKR weitergereicht hatte. Die Finanzinvestoren hatten die Senderkette mit Schulden belastet und beinah kaputtgespart. In Ebelings Amtszeit verabschiedeten sich diese ungeliebten Gesellschafter.


Ein Konzern mit eigenem Musiklabel

Der neue Vorstandschef beschränkte die Aktivitäten des Konzerns im Wesentlichen auf den deutschsprachigen Raum und diversifizierte ihn. So gelang es ihm, ProSiebenSat1 unabhängiger von klassischen TV-Erlösen zu machen. Im dritten Quartal hatten bereits 46 Prozent der Umsätze der Sendergruppe nichts mit Fernsehwerbung zu tun. Vor Jahresfrist waren es noch unter 40 Prozent. Das Unternehmen investiert in digitale Reisebörsen, Preisvergleichsportale und Onlineparfümerien. Dazu verfügt das Unternehmen über ein Musiklabel, ist im Sportmanagement aktiv und forciert das Geschäft mit Serien und Shows.

Das spiegelt sich auch in der neuen Struktur wider, die Ebeling ProSiebenSat1 im dritten Quartal verpasst hat. Die Firma gliedert sich jetzt in vier Sparten, zuvor waren es drei. Der Umsatz des größten Bereichs, der TV-Sender, kletterte dabei um zwei Prozent auf 472 Millionen Euro. Der Betriebsgewinn erhöhte sich um sieben Prozent auf 147 Millionen Euro.

Wesentlich dynamischer entwickelte sich die Division Digital Entertainment mit dem Youtube-Vermarkter Studio71. Der Umsatz stieg um fast ein Viertel auf 99 Millionen Euro; der operative Gewinn verharrte bei vier Millionen.

Der Wachstumsstar im Konzern ist der Bereich Digital Ventures & Commerce mit einem Umsatzplus von 44 Prozent auf 181 Millionen Euro. Der operative Überschuss stieg um 14 Prozent auf 40 Millionen Euro. In der Division hat Ebeling die Internet-Beteiligungen gebündelt, etwa Verivox, Wetter.com oder E-Traveli.

Der Umsatz der  Sparte Content Production & Global Sales legte um rund ein Drittel auf 100 Millionen Euro zu. In dieser Division hat Ebeling die weltweite Filmproduktion gebündelt. Der Betriebsgewinn hat sich im dritten Quartal mehr als verdoppelt auf elf Millionen Euro.

Die Investoren sollen vom Aufwärtstrend unmittelbar profitieren, kündigte Finanzvorstand Gunnar Weidenfels jüngst auf dem Investorentag an: „Wir werden unsere Aktionäre über steigende Dividendenzahlungen am Unternehmenserfolg beteiligen.“  

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