Quartalszahlen Apples Absturz – und die fehlende Selbstkritik

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Apples neue Wachstumsstrategie

Die neue Wachstumsstrategie bei Apple lässt sich in zwei Punkten zusammenfassen: Erstens, mehr aus den Bestandskunden in Form von zusätzlichen Einnahmen nach dem Gerätekauf herausholen. (Bis Ende nächstens Jahres soll die Zahl der Abonnenten auf eine halbe Milliarde steigen.) Zweitens, statt die iPhone-Preise zu senken, lieber den Wiederverkaufswert attraktiv halten, indem man die Altgeräte zu kulanten Konditionen in Zahlung nimmt.

Ob das ausreicht, ist fraglich. Zwar verbuchte Apples neuer Hoffnungsträger, die Servicesparte, im Weihnachtsquartal mit 10,8 Milliarden Dollar einen neuen Rekordumsatz, doch der Zuwachs liegt mit 19 Prozent unter denen der früheren Quartale, wie Morgan Stanley Analystin Katy Huberty kritisiert. Wenn Apple allerdings keine neuen iPhone Besitzer gewinnt, vor allem in noch nicht mit Smartphones übersättigten Märkten, wird es schwer, die Zahl der Apple Geräte zu steigern. Nur mit iPads und Macs kann das kaum gelingen.

Um Wachstum zu erzeugen, müssten zwangsläufig die Preise für Dienstleistungen steigen. Doch wenn die Konkurrenz nicht mitzieht, dürften Erhöhungen kaum zu verkaufen sein.

Dass die Geschäfte weiterhin unbefriedigend laufen, zeigt der Ausblick auf das laufende Quartal. Demnach rechnet Apple nur noch mit einem Umsatz von höchstens 59 Milliarden Dollar. Im Vergleichsquartal zum Vorjahr waren es 61 Milliarden Dollar.

Laut Toni Sacconaghi beinhaltet die nüchterne Prognose „den größten Umsatzrückgang in der Geschichte des iPhone“. Der Analyst der Investmentbank Bernstein stellte wieder einmal die unbequemsten Fragen bei der Präsentation der Quartalszahlen. Für ihn ist es ein Widerspruch, wenn Apple sich damit lobt die langlebigsten Produkte mit dem höchsten Wiederverkaufswert zu bauen. Gleichzeitig aber davon ausgeht, dass seine Kunden stetig ihre iPhones durch neue Geräte ersetzen. Der Konter von Cook, dass die ersetzten Geräte oft an Freunde und Bekannte weitergegeben werden, die noch kein iPhone besitzen, klang nicht überzeugend.

Fazit: Apple ist in die Liga der Konzerne mit sinkenden Umsätzen und Profiten abgerutscht. Allerdings auf hohem Niveau – seine Produkte produzieren weiterhin genügend Gewinne, um Dividenden an seine Aktionäre auszuschütten und Aktien zurückzukaufen.

Der Konzern wendete dafür über 13 Milliarden Dollar im vergangenen Quartal auf. Ohne diese Stützkäufe wäre die Aktie noch weiter abgeschifft. Apples Barschatz wuchs auch im Weihnachtsquartal und beträgt nun gigantische 245 Milliarden Dollar.

So dramatisch der Absturz im Börsenwert von einer Billion Dollar im August auf nunmehr 730 Milliarden Dollar ist, die Apple-Aktie steht nun wieder auf dem Stand vom September 2017. Anfang der Dekade war sie nur ein Drittel davon wert. Es gibt also wieder Luft nach oben. Im nachbörslichen Handel legte die Apple-Aktie um bis zu fünf Prozent zu. Auch, weil Anleger eine noch schlechtere Prognose fürs laufende Quartal fürchteten und der große Sturz nach der Gewinnwarnung am zweiten Januar schon stattfand.

So hat die neue Schwäche auch positive Seiten. Dafür müsste nur endlich ein Ruck durch den Konzern gehen, damit er wieder das produziert, was ihm zuletzt unter Steve Jobs am besten gelang: Innovationen, die wirklich nützlich sind und zum Kauf von Apple-Produkten begeistern. Und die nicht nur davon leben, dass Apple seine Software besonders gut auf seine Hardware abstimmen kann und dafür Premiumpreise bei loyalen Anhängern kassiert.

Die letzte Gewinnwarnung gab es übrigens im Juni 2002. Kurz bevor der iPod und später das iPhone und das iPad Apple zum wertvollsten und am meisten bewunderten Unternehmen der Welt beförderte. Ein bisschen Selbstkritik würde beim neuerlichen Aufstieg jedoch nicht schaden.

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