Quartalszahlen übertreffen Erwartungen Facebook strotzt vor Kraft und Geld

Während Apple strauchelt und Google reorganisiert, kann Mark Zuckerbergs Imperium vor Kraft kaum laufen. Die Börse spielt verrückt und ignoriert ein wichtiges Alarmsignal.

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Facebook CEO Mark Zuckerberg Quelle: REUTERS

Nichts davon haben die Analysten und Marktbeobachter kommen sehen. Mit vor Unglauben weit geöffneten Mündern hörten sie sich die Zahlen zum zweiten Quartal des aufstrebenden Werbe- und Mediengiganten des 21. Jahrhunderts an.

Um glatte 59 Prozent auf 6,43 Milliarden Dollar war der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Es war das stärkste Wachstum im Vorjahresvergleich seit rund zwei Jahren. Allein der Anzeigenumsatz stieg um 63 Prozent auf 6,23 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn verdreifachte sich auf 2,1 Milliarden Dollar.

Facebook strotzt vor Kraft, und zeigt auch beim Wachstum der Nutzer keine Schwäche. Während der Kurznachrichtendienst Twitter in diesem Bereich gerade erst anämische Wachstumszahlen verkünden musste und von der Börse schwer abgestraft wurde, sind mittlerweile 1,7 Milliarden Menschen jeden Monat auf Facebook aktiv. Das sind 200 Millionen mehr als ein Jahr zuvor. Facebook ist unverzichtbar geworden und auch die Jugendlichen und jungen Menschen bleiben allen Unkenrufen zum Trotz weiter dabei.

So sieht die gewöhnliche Facebook-Nutzung aus

Kurz gesagt, mehr Menschen sind aktiv auf Facebook und schauen sich auf PCs und zunehmend mobil auf Smartphones immer mehr Anzeigen an, deren Preise sogar noch steigen. Genaugenommen liegen sie bei Facebook neun Prozent höher als vergangenes Jahr, und das in einer Branche, die permanent über Preisdruck stöhnt.

Bei alldem sind die Chancen bei den Messenger-Diensten wie WhatsApp und Facebook Messenger noch nicht berücksichtigt. Gerade erst hat der Facebook Messenger, auf dem sich die Menschen gegenseitig Nachrichten zusenden, die Zahl von einer Milliarde Kunden erreicht. „Den Messenger aus Facebook herauszulösen war vor drei Jahren eine sehr umstrittene Entscheidung“, so Mitgründer und CEO Mark Zuckerberg im Analystengespräch. Aber es habe sich gezeigt, wie richtig es gewesen sei.

Alle Silicon-Valley-Riesen setzen heute auf ihr Chat-Dienste, um sie zu mächtigen Kommunikations- und Handelsplattformen auszubauen. Über sie sollen in Zukunft Waren und Dienstleistungen eingekauft und direkt bezahlt werden können. Facebook hat hier einen großen Vorsprung, aber Microsoft (Skype, Cortana), Google (Google Now), Apple (Siri) und Amazon holen auf. Amazons „Alexa“ genannter digitaler Assistent, die künstliche Intelligenz hinter der Lautsprecher-Mikrofon-Kombination „Echo“, gehört zu den größten Erfolgen des laufenden Jahres.

Der „Ad load“ ist wichtiger Faktor


Doch wie auf jeder Party-Sause gibt es auch hier einen Nörgler, der die Stimmung trübt. Bei Facebook ist es der sogenannte „Ad load“ – das Maß dafür, wie viele Anzeigen ein Nutzer ausgespielt bekommt, während er durch seine Timeline scrollt. Diese Balance zwischen „echtem“ Inhalt von Freunden und „bezahltem“ von Firmen oder Organisationen ist wichtig, um die Zufriedenheit der Facebooker zu garantieren. Wird zu viel Werbung gezeigt, wenden sich die Nutzer genervt ab und bleiben weg. Wird zu wenig ausgeliefert, wird nichts verdient.

Der richtige Ad load, den Facebook für sich behält, ist laut Finanzvorstand Mark Wehner eine Mischung aus „Kunst und Wissenschaft“. Dabei ließ er ausdrücklich nicht unerwähnt, dass das Wachstum der Werbeauslastung zwar ein „sehr wichtiger Treiber“ des bisherigen Booms sei, sich das aber im weiteren Jahresverlauf abschwächen werde. 2017 dann werde es nur noch ein „unwichtiger“ Faktor für das Wachstum sein.

Mit anderen Worten: Facebook zeigt bereits so viel Werbung, wie gerade noch zu ertragen ist. Bald müssen deshalb neue Treiber fürs Geschäft her.

Die skurrilsten Facebook-Fotos unserer Politiker
Hektor Brehl vom Online-Magazin "Vice" hat sich nächtelang auf die Suche nach den kuriosesten Facebook-Bildern unserer Politiker gemacht. Dabei fand er dieses Foto von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), wie er stolz eine Kiste Gummibärchen in den Händen hält. Quelle: Vice
Auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles zeigt sich gerne zusammen mit etwas Essbarem. Hier versucht sie sich als Kantinenchefin bei der Hähnchen-Ausgabe. Quelle: Vice
Persönlich beißt sie dann aber lieber in einen nahrhaften Volkorntoast. Quelle: Vice
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat es lieber herzhaft und säbelt sich auf einer Wahlkampfveranstaltung hochkonzentriert sein Dönerfleisch ab. Quelle: Vice
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe ist auf den Fisch gekommen. Er will seinen Facebook-Fans offensichtlich zeigen, dass er weiß, wie sein Essen mal ausgesehen hat. Quelle: Vice
Auch Unionskollege Markus Söder greift lieber zum Grätentier. Er geht aber noch einen Schritt weiter und lässt sich dabei abblichten, wie er gerade eigenhändig einen Fisch gefangen hat. Quelle: Vice
Deutlich weniger Fleisch auf den Rippen hat Söder in seinen jungen Jahren. Auf diesem Facebook-Foto trägt er schwarze Stiefel zur lässigen Jeans und bekommt dafür gerade einmal drei Likes von seinen Fans. Quelle: Vice

Was könnte das sein? Einmal die Regionalverteilung. 50 Prozent des Umsatzes kommt aus den USA, der Rest der Welt biete laut Zuckerberg aber „enorme Chancen“, vor allem die Entwicklungsländer. Eine „Facebook Light“-App für Smartphones, die mit dem veralteten und langsamen Mobilfunkstandard Edge läuft, nutzen bereits 100 Millionen Menschen.

Doch da sich laut Zuckerbergs Einschätzung in Zukunft alles auf Video statt Text und Bilder hinbewegt, muss der Facebook-Chef auch in die dritte Welt schnelles Internet liefern.

Die erste Facebook-Drohne, die über Monate in der Luft bleiben kann und Internetzugang auf die Erde abstrahlt, hat gerade ihren Jungfernflug absolviert. In Indien, China oder Afrika warten die nächsten Milliarden Facebook-Anhänger.
Einen zusätzlichen Schub könnten auch die bereits erschlossenen Märkte bieten. In den USA und Kanada liegt der erzielte Umsatz pro Facebooker bei 14,3 Dollar im Quartal. In Europa sind es nur 4,7 Dollar, in Asien 1,7 Dollar.

Wachwechsel: Facebook mehr wert als Exxon


Und da ist noch das Video-Engagement, laut Zuckerberg mittlerweile „das Herz“ aller Anwendungen. Medien produzieren bereits exklusive Inhalte nur für Facebook und der Live-Streamingdienst ist sehr erfolgreich gestartet, heißt es. Der Effekt: Die Leute bleiben länger und schauen mehr Videos – und das gibt mehr Raum für eingeblendete Werbung.

Offene Fragen im Kartellverfahren gegen Facebook

Die Börse jedenfalls hat wieder volles Vertrauen in den Ausnahme-Gründer Mark Zuckerberg und darin, dass er die Wachstumsklippen umschiffen wird.

Nachbörslich lag der Kurs der Aktie bis zu acht Prozent im Plus bei 130 Dollar, dann ging es leicht auf 128 Dollar zurück. In der Spitze war der Lieferant von Werbung und Katzenvideos kurzzeitig mehr wert als der Ölgigant Exxon, der ganz Amerika mit Öl und Benzin versorgt und die Wirtschaft am Laufen hält.
Der Wachwechsel ist da. Die wertvollsten fünf Unternehmen der US-Börse kommen bald alle aus dem Technologiebereich. An der Spitze Apple mit 560 Milliarden Dollar, gefolgt von Alphabet (Google), Microsoft, Facebook und noch ist die Nummer fünf Exxon. Doch Amazon drängt mit Macht vom sechsten Platz und legt morgen seine Zahlen vor. Genauso wie Google.
Tritt zur Seite, alte Welt!

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