Quartalszahlen übertreffen Erwartungen Microsoft auf dem Weg zum Billionenkonzern

Microsoft war schon abgeschrieben als der größte Verlierer der Tech-Welt. Nach einer rasanten Aufholjagd greift CEO Satya Nadella jetzt wieder nach der Krone, die ihm Apple entrissen hat. Eine Analyse.

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Microsoft auf dem Weg zum Billionenkonzern Quelle: Reuters

San Francisco Verhöhnt und ausgelacht als der sterbende Tech-Opa aus Redmond, an der Börse fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel, den Smartphonemarkt vollständig verspielt, Windows in der Krise: Vor fünf Jahren fragten sich Beobachter, ob Microsoft Ende des Jahrzehnts überhaupt noch eine Rolle in der digitalen Welt spielen wird. Das ist vorbei. Heute ist Microsoft wieder der König der Tech-Industrie.

Anfang 2013 dümpelte die Microsoft-Aktie bei 28 Dollar, am Dienstag waren es am Ende des Handels 95,01 Dollar - ein Plus von 240 Prozent, während der Dow-Jones-Index im selben Zeitraum 90 Prozent hinzugewonnen hat. Die Marktkapitalisierung steht bei 732 Milliarden Dollar. Die Nummer zwei, Google mit 816 Milliarden Dollar, ist in Schlagweite gekommen und selbst Apple ist nach einigen Rückschlägen mit 851 Milliarden Dollar Börsenwert nicht mehr uneinholbar.

Geschafft hat das Kunststück Satya Nadella, seit 2014 CEO von Microsoft. Er verordnete eine radikale Umorientierung vom Verkäufer von Softwarelizenzen zum digitalen Service- und Produktivitätsunternehmen mit dem Fokus auf Mobil und Cloud. Die Erfolge des Umbaus zeigten sich am Dienstag. Der Umsatz im zweiten Quartal des Geschäftsjahres erreichte mit einem Plus von zwölf Prozent 28,92 Milliarden Dollar. Das ist mehr als Analysten (28,4 Milliarden) erwartet hatten und am oberen Ende der Microsoft-eigenen Prognosen. Der sonst übliche Nettogewinn wandelte sich durch eine Einmalbelastung aufgrund der US-Unternehmenssteuerreform in Höhe von 13,8 Milliarden Dollar in einen Verlust von 6,3 Milliarden Dollar.

Das verunsicherte die Aktionäre kurzfristig, nachbörslich gab der Aktienkurs stärker nach, machte die Verluste dann fast wieder völlig wett und kehrte sogar in den Plusbereich zurück. Denn wird die Belastung herausgerechtet, hätte das Unternehmen 7,5 Milliarden Dollar oder 96 Cents pro Aktie verdient, deutlich mehr als die 86 Cents, die Analysten geschätzt hatten. Außerdem meldet derzeit fast jedes Großunternehmen Milliardenbelastungen durch Adjustierungen bei den Steuern.

Jetzt muss Nadella den Märkten klarmachen, dass er nicht nur eine fulminante Aufholjagd von 500 Milliarden Dollar Börsenwert geleitet hat, sondern von hier aus noch Luft nach oben ist. Der Einstieg in die Cloud hat sich nachhaltig bezahlt gemacht. Die Wachstumsrate der Cloud-Plattform Azure, das Gegenstück zu Amazons AWS, liegt bei 98 Prozent, nach 90 Prozent im Vorquartal. Azure ist Teil der Sparte „intelligente Cloud“, die jetzt 7,8 Milliarden Dollar umsetzt.

Microsoft hat nach eigenen Angaben die vor zwei Jahren intern gesetzte Zielmarke von einer „run rate“ beim kommerziellen Cloud-Umsatz von 20 Milliarden Dollar bereits im ersten Quartal überschritten. Die „run rate“ beschreibt die auf zwölf Monate gerechnete Umsatzentwicklung, ohne dass zum Basismonat weiteres Wachstum zugefügt wird. Die Erreichung dieses Ziels war ursprünglich für das Ende des Finanzjahres 2018 geplant, also Ende Juni 2018. Der Marktführer AWS wächst derzeit mit rund 46Prozent im Quartal.

Microsoft holt also auf. Analyst Brent Bracelin von Key Bank Capital Markets sieht den Markt von jetzt 106 Milliarden Dollar auf über 300 Milliarden in 2022 wachsen. Das hat das Potenzial, die Probleme mit Windows zu überkompensieren.

Die wichtige Sparte „produtivity and business“, in der das Büroprodukt Office 365 das Schwergewicht ist, zeigte mit Plus 24,8 Prozent im Umsatz auf 8,95 Milliarden Dollar ebenfalls markantes Wachstum. Office 365 für Unternehmen alleine legte um 41 Prozent zu. Dynamics 365 könnte zu einem echten Konkurrenten für Start-ups wie Workday werden. Hier ist viel Luft für Wachstum.

Selbst die Sparte „more personal computing“, in der das Problemkind Windows, die Surface-Tablets und die Spielekonsole Xbox zusammengefasst sind, hat sich mit einem Plus von 2,36 Prozent auf 12,7 Milliarden Dollar stabilisiert. Windows 10 ist mittlerweile im Markt akzeptiert und der Übergang in den Unternehmen von Windows 7 und 8 auf 10 nimmt Fahrt auf. Aber es ist die wachstumsschwächste Sparte. Doch Nadellas scheint dem Ziel, die Abhängigkeit von Windows zu minimieren, deutlich nähergekommen zu sein.

Nebel liegt allerdings noch immer über der Riesenakquisition von LinkedIn für 27 Milliarden Dollar. Im zweiten Quartal hat die Neuerwerbung 1,3 Milliarden Dollar zum Umsatz beigetragen, der höchste Umsatz seit der Übernahme Ende 2016. Doch Details sind rar. Finanzchefin Amy Hood erklärte im Analystengespräch lediglich, LinkedIn entwickle sich „besser als erwartet“ und sei ein „größeres strategisches Plus, als wir noch vor einem Jahr gedacht haben“.

Doch wann mit einem Gewinnbeitrag zu rechnen ist, bleibt offen. Derzeit wird daran gearbeitet, die Personal-Plattform in Microsofts Geschäftskundendienste wie Dynamics und Office 365 einzubinden. Gelingt dies und die Integration von künstlicher Intelligenz in die Produkte, ist hier ein zusätzlicher Wachstumstreiber für die Jagd nach der Börsenbewertung von einer Billion Dollar.

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