Rocket Internet im Minus Für Oliver Samwer läuft die Zeit

Licht und Schatten bei Rocket Internet: In der Bilanz steht ein hoher Verlust, gleichzeitig machen wichtige Beteiligungen Fortschritte. Firmenchef Oliver Samwer hat noch bis Jahresende Zeit, seine Versprechen einzulösen.

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Der Rocket-Chef hatte versprochen, dass bis Ende 2017 drei wichtige Beteiligungen profitabel sind. Quelle: dpa

Berlin Unter dem Strich sieht es wieder mal nicht gut aus für Rocket Internet: Das Unternehmen von Oliver Samwer hat das Jahr 2016 mit einem Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von minus 565 Millionen Euro abgeschlossen – ein doppelt so hoher Verlust wie im Vorjahr. Das Ergebnis sei vor allem der Entkonsolidierung von Tochterunternehmen sowie den Abschreibungen geschuldet, die man im letzten Jahr habe vornehmen müssen, sagte Finanzchef Peter Kimpel am Dienstag bei der Präsentation der Ergebnisse.

Fortschritte hingegen gab es bei den einzelnen Beteiligungen zu vermelden: Der Umsatz von fünf ausgewählten Portfoliounternehmen stieg zusammengerechnet von 1,7 Milliarden Euro auf 2,2 Milliarden Euro. Die Verluste reduzierten sich um 234 Millionen auf rund 360 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte an dieser Stelle noch ein Verlust von einer Milliarde gestanden.

Damals waren in der Rechnung allerdings noch zwei Unternehmen enthalten, die jetzt nicht mehr dabei sind, weil Rocket sie verkauft oder seine Beteiligung stark reduziert hat. Die Zahlen der einzelnen Start-ups seien wichtiger als das Ergebnis der Holding, betonte Kimpel: „Wenn unsere Portfoliounternehmen gute Ergebnisse erzielen, wird sich das langfristig auch im Ergebnis von Rocket Internet zeigen.“

So sanken die Verluste der Global Fashion Group (GFG), einem Zusammenschluss von Zalando-Klonen mit Ablegern in der ganzen Welt, 2016 um fast die Hälfte auf minus 128 Millionen Euro. Der Umsatz stieg auf mehr als eine Milliarde Euro. Namshi, der Teil der Gruppe, der im mittleren Osten operiert, war 2016 bereits profitabel.

Gleichzeitig war die Global Fashion Group in hohem Maße für das negative Gesamtergebnis verantwortlich: Im Zuge einer Finanzierungsrunde im vergangenen Jahr hatten die Investoren, neben Rocket vor allem die schwedische Investitionsbank Kinnevik, die Bewertung der GFG um rund zwei Drittel auf eine Milliarde Euro reduziert. Das sei dem allgemeinen Marktumfeld geschuldet und habe nichts mit der Performance des Unternehmens zu tun, beteuerte Kimpel.

Auch die Möbelhändler Westwing und Home24 konnten ihre Verluste deutlich reduzieren. Allerdings wachsen beide Unternehmen auch langsamer als zuvor, Home 24 etwa nur noch um 4,3 Prozent. Starkes Wachstum zeigt nach wie vor der Kochboxenversender Hello Fresh. Die Umsätze stiegen hier um 96 Prozent auf 597 Millionen Euro. Das Ebitda-Ergebnis ist mit 82,6 Millionen Euro weiterhin tief im Minus, wenngleich sich die Marge verbesserte.

„Im Jahr 2016 haben unsere ausgewählten Unternehmen weitere Fortschritte auf dem Weg in Richtung Profitabilität erzielt und gleichzeitig ihren Umsatz gesteigert,” sagte Rocket-Chef Oliver Samwer. Bis Ende 2017 sollen drei der größten Beteiligungen profitabel sein. Dieses Versprechen muss er halten, will er das Vertrauen seiner Aktionäre zurückgewinnen.


Anleger müssen weiter auf Börsengänge warten

Als Rocket Internet im Herbst 2014 an die Börse ging, hatte Oliver Samwer gerade seinen größten Erfolg gefeiert: Der Online-Händler Zalando war – allen Kritikern zum Trotz – profitabel geworden und hatte an der Börse 600 Millionen Euro eingesammelt. Doch wer geglaubt hatte, die Geschichte würde sich von nun an jedes Jahr wiederholen, wurde enttäuscht: Auf einen weiteren Börsengang warten Anleger seither vergeblich.

Der Kochboxenversender Hello Fresh hatte zwar einen IPO geplant, musste aber mangels Käuferinteresse wieder absagen. Den Investoren war die aufgerufene Bewertung von über zwei Milliarden Euro zu hoch – für ein Geschäft, das immer noch Verluste im zweistelligen Millionenbereich macht.

Der Verkauf der südostasiatischen Plattform Lazada an den chinesischen Konzern Alibaba vor rund einem Jahr, ein Deal, bei dem Rocket sein Investment immerhin verfünfzehnfachte, brachte nur kurzfristig Erholung für die Aktie. Schwerer wog der Ausstieg des langjährigen Partners Kinnevik und größten Anteilseigners neben der Familie Samwer im letzten Februar. Die schwedische Investmentgesellschaft hatte nicht nur in die Holding Rocket Internet investiert, sondern auch mehrere von Samwers Start-ups direkt mitfinanziert. So sind die Schweden unter anderem an Westwing und an der Global Fashion Group beteiligt.

Wann das nächste Unternehmen an die Börse geht, wollten die Rocket-Chefs am Dienstag nicht sagen. „Das entscheiden die Start-ups selbst“, sagte Oliver Samwer. Fest steht, dass die Pizzalieferdienst-Vermittler Delivery Hero einen Börsengang für dieses Jahr vorbereitet. Das Unternehmen, an dem Rocket Internet einen Anteil von knapp 40 Prozent hält, hatte bereits am Montag einen Vorgeschmack auf seine Zahlen gegeben. Demnach stiegen die Umsätze 2016 um fast 80 Prozent auf 297 Millionen Euro. Die Ergebnisse will das Start-up erst am Mittwoch veröffentlichen. Sie werden negativ sein.

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