Rumänisches Werk Nokia zieht weiter

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Schlechte Aussichten für Nokia-Ersatz

Werksbusse brachten die Beschäftigten zum Nokia-Werk. Quelle: dpa

Als Investitionsruine wird sich auf jeden Fall der neue Bahnhof direkt neben dem Nokia-Werk erweisen. Den hatte die staatliche Eisenbahngesellschaft bauen lassen, damit die Nokia-Mitarbeiter mit dem Zug zur Arbeit kommen könnten. Allerdings bevorzugte Nokia bis zuletzt Werkbusse, um die Beschäftigten zur Arbeit zu befördern. Bis heute halten keine Züge in Jucu de Jos – einem Bahnhof, den die Behörden in „Jucu Nokia“ umbenennen wollten.

Die Aussichten auf Ersatz für Nokia sind eher vage. Bisher hat einzig die deutsche Bosch-Gruppe konkrete Pläne für den Bau einer Produktionslinie für Autokomponenten in der Nähe des Nokia-Werks. Zwei chinesische Unternehmen, die Telekommunikationsfirma ZTE und die Pharmagruppe Terapia Ranbaxy, haben allgemein Interesse an einer Übernahme der Hallen bekundet. „Die Entscheidung, wer das Gelände übernimmt, obliegt aber letztendlich Nokia als Eigentümer. Wir können höchstens vermitteln und potenzielle Käufer suchen“, sagt PDL-Politiker Tise.

Nokia schuldet Rumänien Zollabgaben

Die Regierenden in Bukarest sehen das wohl etwas anders. Die Finanzbehörden in der Hauptstadt haben vorige Woche die Produktionshallen und den Immobilienbesitz des finnischen Handykonzerns in Rumänien sichergestellt. Nokia soll beim Import von Komponenten gegen EU-Zollbestimmungen verstoßen haben und deshalb Rumänien zehn Millionen Dollar (7,2 Millionen Euro) Steuern schulden.

„Bei der Einführung von Akkus und Ladegeräten wurde ein Antrag auf Befreiung von Zollabgaben gestellt. Die Begründung des Unternehmens, die Teile würden in Rumänien weiterverarbeitet, erwies sich als falsch. Bei einem bloßen Umpacken und Weiterverkaufen der Komponenten sind Zollabgaben zu zahlen“, erklärt Viorel Comanita, Vizepräsident der rumänischen Steuerverwaltung ANAF.

Allerdings relativiert Behördenchef Sorin Blejnar. „Wir haben 2009 ein Kontrollverfahren aufgenommen, dessen Ergebnisse jetzt vorliegen. Die Sicherstellung der Immobilien hat eine rein präventive Rolle und beeinträchtigt in keiner Weise die Tätigkeit des Unternehmens.“ Nokia erklärt, man arbeite mit den zuständigen Behörden zusammen, um das Problem zu lösen.

Facharbeiter Bot sieht sich nicht als geschlagenen Mann. Er besitzt anders als die Deutschen 2008 den bitteren Humor und den Optimismus vieler Rumänen, die schwere Zeiten erlebt haben. „Zollabgaben hin oder her, ich muss mir bald sowieso einen neuen Job suchen“, sagt er. In Deutschland hingegen hatte Nokia das Blut so mancher Politiker ins Wallen gebracht. Der damalige Bundeslandwirtschaftsminister und heutige bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und der SPD-Fraktionschef Peter Struck hatten sogar öffentlich erklärt, ihre Nokia-Handys abzugeben

Für Bot kommt so etwas nicht infrage. „Mein nächstes Handy“, sagt er, „wird wieder ein Nokia sein.“

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