
Vor drei Jahren frönen die beiden IT-Alphatiere Hasso Plattner und Larry Ellison mal wieder ihrem Lieblingshobby – einem gepflegten Schlagabtausch unter Rivalen. „Welche Medikamente nimmt der?“, höhnt Ellison, Gründer und Chef des US-Softwarekonzerns Oracle Anfang 2010 in Richtung Plattner. Der hat als SAP-Aufsichtsrat gerade eine neue Technologie-Version ersonnen, die irgendwann die Datenbanken des SAP-Erzrivalen Oracle überflüssig machen soll.
Doch statt wie in der Vergangenheit in gleicher Manier zurück zu keulen, setzt Plattner dieses Mal auf subtilen Humor: In einem Video lässt sich Plattner von sich selbst interviewen und macht sich bei der Gelegenheit über Ellison lustig: Der sei doch bloß nervös angesichts der Pläne von SAP, schmunzelt Plattner in dem Filmchen lapidar (beide Videos, den Vorwurf von Ellison und Plattners Replik, gibt’s hier bei mir im Blog).





Gestern Abend deutscher Zeit hat sich erwiesen: Florett schlägt Säbel – zumindest in diesem Fall. „Ich habe drei Jahre auf diesen Tag gewartet“, sagt SAP-Chef Jim Hagemann Snabe im Hilton-Hotel am Frankfurter Flughafen vor Journalisten. Zwei Stunden später gibt’s das gleiche Event erneut, dieses Mal mit Plattner höchstpersönlich, zugeschaltet per Satellit aus der SAP-Niederlassung im kalifornischen Palo Alto. „Ich mache nicht das, was Larry macht – ich halte mich an Fakten. Aber persönlich gebe ich zu: Mir gefällt’s, dass er nichts zu lachen hat“, so der auf Journalistenfragen sonst auch gerne mal grantelnd antwortende Plattner sichtlich gut gelaunt.
Die Entwicklung von SAP
Gründung als SAP Systemanalyse und Programmentwicklung in Weinheim; 1976 Umbenennung in Systeme, Anwendungen und Produkte in der Datenverarbeitung; 1977 Umzug nach Walldorf.
Fertigstellung der ersten Finanzbuchhaltungssoftware namens System RF - Grundstein für das spätere Komplettpaket R/1 als umfassende betriebswirtschaftliche Standardsoftware.
Die 1979 erstmals angebotene Software R/2 boomt: Bis Jahresende setzt SAP 245 Millionen Mark um. Im Oktober geht das Unternehmen für umgerechnet 380 Euro je Aktie an die Börse.
Auf der Computermesse Cebit zeigt SAP erstmals die Software R/3, an der die Entwickler seit 1987 arbeiteten. Für den Mittelstand konzipiert, erweist sich R/3 als Megaseller für Konzerne.
Zur Untermauerung der Auslandsexpansion und zur Eroberung des US-Marktes notiert SAP im August an der New York Stock Exchange. Umsatz 4,3 Milliarden Euro.
SAP kauft für 4,8 Milliarden Euro den französischen Softwareanbieter Business Objects. 2010 folgt der Kauf des US-Softwarehauses Sybase für 4,6 Milliarden Euro. Die Basis für neues Wachstum ist geschaffen.
Nach weniger als einem Jahr muss Léo Apotheker als Chef seinen Hut nehmen. Oberkontrolleur Hasso Plattner beruft Jim Hagemann Snabe und Bill McDermott als Nachfolger.
Dem Chefduo Snabe und McDermott gelingt das beste Jahr der Unternehmensgeschichte. Ende 2011 kündigen sie die Übernahme des US-Anbieters SuccessFactors an. Damit schalten sie um auf neue Produkte im zukunftsträchtigen Mobil- und Cloud-Computing-Geschäft.
Mit der Milliardenübernahme des US-Anbieters Ariba verstärken die Co-Chefs Snabe und McDermott ihr neues Cloud-Geschäft weiter. Zugleich erhält SAP ein riesiges Internet-basiertes Beschaffungs-Netzwerk für Geschäftskunden.
Im Frühjahr gibt SAP bekannt, sich in eine europäische Aktiengesellschaft SE umwandeln zu wollen. In der Belegschaft weckt das Befürchtungen, der Konzern könne mittelfristig seinen Firmensitz weg von Walldorf verlagern.
Auf der Hauptversammlung im Mai wird McDermott alleiniger SAP-Chef. Sein bisheriger Kompagnon Snabe rückt in den Aufsichtsrat. McDermott will SAP noch schlanker und flexibler machen sowie das Unternehmen ganz auf die Cloud trimmen.
Für breites Grinsen hat der Ende Januar 69 Jahre alt werdende Plattner allen Grund: Denn was die SAP-Führungsriege gestern angekündigt hat, ist genau das, was er als Vordenker vor zwei Jahren ersonnen hat – die möglicherweise entscheidende Waffe im Kampf gegen den Erzrivalen Oracle.
Denn die Walldorfer vermählen erstmals ihre zwei wichtigsten Produkte: Auf der einen Seite die SAP Business Suite, ein Softwarepaket mit diversen Modulen zur Unternehmenssteuerung von Buchhaltung über Personal und Finanzwesen bis hin zur Produktionsplanung – sie markiert immer noch das Kerngeschäft des weltgrößten Anbieters von Unternehmenssoftware. Auf der anderen Seite SAP Hana, eine von Plattner vor drei Jahren initiierte und bisher als nur als eigenständiges Produkt erhältliche Hochleistungsdatenbank. Seit der Markteinführung im Jahr 2011 ist Hana das am schnellsten wachsende Produkt in der 41-jährigen Unternehmensgeschichte.