SAP-Tochter Concur Die Kehrseite des Cloud-Geschäfts

Dunkle Wolken über Walldorf: Der Softwarekonzern SAP leidet kurzfristig unter mehr Investitionen ins Cloud-Geschäft Quelle: dpa

SAP investiert in die Cloud. Klingt gut, doch dass auch im Zukunftsgeschäft der Erfolg nicht von allein kommt, beweist gerade ausgerechnet die SAP-Tochter Concur.

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SAP-Aktionären wird der vergangene Monat wohl noch lange in schlechter Erinnerung bleiben. Überraschend reduzierte der Walldorfer Konzern zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Prognose für 2020 – und kappte zudem auch noch die Mittelfristziele bis 2023.

Die Börse quittierte die Korrektur mit einem dramatischen Ausverkauf der SAP-Papiere: Schon am Montagmorgen sackte die Aktie um 18 Prozent; am Abend stand ein Minus von fast 22 Prozent auf dem Kurszettel – so stark war die SAP-Aktie zuletzt Anfang 1999 abgestürzt. Insgesamt wurden am gestrigen Montag ein Börsenwert von gut 33 Milliarden Euro vernichtet – das ist mehr als die gesamte Marktkapitalisierung des Rückversicherers und Dax-Mitglieds Münchener Rück.

Hauptgrund für den Kurssturz war, dass auch SAP zugeben musste, stärker von der Corona-Pandemie getroffen zu sein als bisher gedacht. Denn viele Kunden strecken geplante Projekte zur Einführung neuer SAP-Software bis weit ins nächste Jahr, um dadurch selber die Folgen rückläufiger Umsätze durch das grassierende Virus abzufedern.

Die Probleme bei SAP zeigen sich dabei wie unter dem Brennglas bei der Tochter Concur: Der vorherige SAP-Chef Bill McDermott hatte den amerikanischen Anbieter von Reisemanagement-Diensten Ende 2014 für rund 8,3 Milliarden Dollar geschluckt – die bis dahin teuerste Übernahme der SAP-Geschichte. Concur gilt seitdem als wichtiger Baustein in der Strategie des Walldorfer Konzerns weg von herkömmlicher, im Unternehmen installierter Software hin zu über das Internet abrufbarer Dienste, im Branchenjargon auch Cloud Computing genannt.

Cloud Computing gilt – auch und gerade für Anbieter von Unternehmenssoftware wie SAP oder Rivalen wie Salesforce – als einer der wichtigsten Wachstumstrends. Statt wie in der Vergangenheit teure Softwarelizenzen einzukaufen und in aufwändigen Projekten im Unternehmen einführen zu müssen, nutzen die Kunden hier die Softwarelösungen übers Internet ­und bezahlen einen Monatsbetrag pro Nutzer als Abo.

In der jetzigen Coronakrise zeigt sich nun die Kehrseite des Geschäfts. Denn in Teilsegmenten wie eben bei Concur gilt eine nutzungsabhängige Vergütung: Es wird keine fixe Abogebühr mehr fällig. Die Kunden zahlen vielmehr pro Nutzung, wenn sie also eine Reise buchen. Doch weil viele Concur-Kunden rund um den Globus ihre Dienstreisen im Zuge der Corona-Pandemie massiv heruntergefahren haben, müssen deren Beschäftigte auch deutlich weniger Reisen abrechnen. Die Folge: Allein im dritten Quartal sanken die Concur-Umsätze um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit einer Erholung rechnet SAP frühestens im zweiten Halbjahr 2021, hieß es gestern.


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Zusätzliche Cloud-Investitionen drücken Marge

All dies spricht nicht gegen das Cloud-Modell, ganz im Gegenteil. Schließlich wollen immer mehr Unternehmen weltweit Software lieber mieten statt sie zu kaufen. Auch SAP-Chef Christian Klein hat klargestellt, dass das Cloud-Geschäft künftig eher noch stärker wachsen werde als die traditionelle installierte Software.

Genau das ist freilich der zweite Grund für den gestrigen Kursschock: Denn um noch mehr Cloud-Kunden bedienen zu können, muss SAP zunächst auch mehr in Serverkapazitäten und IT-Infrastruktur investieren – und es dauert länger, bis sich diese Kosten wieder amortisieren. SAP-Finanzchef Luka Mucic hat die notwendigen Investitionen auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag in den kommenden zwei Jahren beziffert.

Aus diesem Grund hat SAP aber auch eingeräumt, dass es bis 2023 kaum Fortschritte bei der Profitabilität geben werde. „Ich opfere den Erfolg unserer Kunden nicht der kurzfristigen Optimierung unserer Marge“, so der SAP-Chef am Montag in einer Telefonkonferenz. Und Finanzchef Mucic ergänzte: „Wir wollen ein Wachstumsunternehmen bleiben.“

Mehr zum Thema: Mit diversen Programmen unterstützt die Bundesregierung die digitale Transformation. Die fördern aber oft nur Investitionen in physisches Kapital.

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