SAP Vom langweiligen Softwarekonzern zum Wachstumsmotor der IT

SAP legt bestechend gute Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2016 vor. Der Weltmarktführer für Unternehmenssoftware aus Nordbaden hebt seine Mittelfristprognose bis 2020 an. Daran muss sich Chef McDermott messen lassen.

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Bill McDermott ist kaum zu stoppen an diesem kalten Morgen in der nordbadischen Provinz: Beinahe stakkatohaft rattert der SAP-Vorstandschef auf der Jahrespressekonferenz in Walldorf eine ganze Kanonade Finanzzahlen aus dem vergangenen Geschäftsjahr herunter: Gesamtumsatz im Jahr 2016 plus sechs Prozent auf 22 Milliarden Euro, die so wichtigen Cloud-Erlöse plus 31 Prozent auf drei Milliarden Euro, Betriebsergebnis plus 20 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro.

McDermott, der um knackige und so US-typische Marketingsprüche ohnehin nie verlegen ist, redet sich geradezu in Rage – und schließt seine Einführungsrede mit regelrechtem Pathos: „SAP ist schlichtweg nicht zu stoppen. Wir haben die Zukunft der SAP nie in positiverem Lichte betrachtet als heute“, beschwört der SAP-Chef die anwesenden Pressevertreter. „Jedes unserer Geschäftsfelder ist zukunftsorientiert, mit großen Wachstumsraten und hoher Gewinnmarge.“

Als er dann an Luka Mucic übergibt, stöhnt der leicht gequält: „Wenn Bill so viel erzählt, wissen Sie, dass die Zahlen wirklich gut waren“, schmunzelt der SAP-Finanzvorstand. „Und für mich bleibt dann eigentlich nicht mehr viel zu ergänzen.“

Mucic lobt SAPs Cloud-Geschäft

Sagt’s und gräbt sich noch ein wenig tiefer in das Zahlenwerk des Weltmarktführers für Unternehmenssoftware, der an diesem Tag nicht nur einen ambitionierten Ausblick für das laufende Geschäftsjahr 2017 vorlegt, sondern mindestens ebenso ambitionierte Mittelfristziele bis zum Jahr 2020.

„Unser gesamter Umsatz-Mix befindet sich mitten in einem großen Schwenk hin in Richtung Cloud“, erläutert Mucic. „Und genau deshalb haben wir auch unsere Mittelfristziele angehoben, weil wir so positiv auf unser Cloud-Geschäft blicken.“

Die unterschwellige Botschaft all dessen lautet: Andere traditionelle IT-Konzerne mögen sich mit dem Umbau ihres Geschäfts weg von klassischen Software-Lizenzen hin zu Mietmodellen mit monatlichen Cloud-Subskriptionserlösen noch schwer tun – SAP hat ihn nicht nur angenommen, sondern zieht jetzt und in Zukunft seine Stärke daraus.

Eine kleine Schwachstelle in der SAP-Bilanz

Wo so viel Licht ist, fällt die Suche nach ein wenig Schatten verständlicherweise schwer.

Eine – wenn auch kleine – Schwachstelle hatte die 2016er Bilanz des Walldorfer Software-Riesen dennoch: Das bisherige Stammgeschäft mit Softwarelizenzen, darunter das noch relativ neue Konzernpaket S4/Hana, trat im vergangenen Jahr quasi auf der Stelle: Der Lizenzumsatz wuchs 2016 gerade mal um ein Prozent auf jetzt 4,86 Milliarden Euro – allerdings auch erschwert durch einen hohen Basiseffekt: Die 2015er Lizenzerlöse waren seinerzeit um satte 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr nach oben geschnellt.

Selbst dieser vermeintlichen Achillesferse kann McDermott noch eine positive Seite abgewinnen: „Wir haben mit S4/Hana die Zukunft der Unternehmenssoftware gebaut – und der Umstiegszyklus startet gerade erst“, wirbt der SAP-Chef für ein wenig Geduld, weil das Geschäft doch jetzt erst richtig loslege.

McDermott: "Wir sind stolz"

Ansonsten verweist er auf die Zahlen und den Ausblick, die in der Tat für sich sprechen: „Zeigen Sie mir ein anderes Software-Unternehmen, das so regelmäßig seine Vorgaben erfüllt hat“, so McDermott mit seinem bekannten Siegerlächeln. „Und dann zeigen Sie mir ein Software-Unternehmen, das überhaupt eine Prognose bis zum Jahr 2020 abgibt – und diese dann obendrein auch noch anhebt.“

Soll heißen – und hier verweisen die beiden SAP-Manager das einzige Mal an diesem Morgen auf die aktuelle politische Großwetterlage rund um die neue US-Regierung unter Donald Trump sowie den Brexit: „Wir sind sehr stolz darauf, dass SAP in solch einer Ära der Ungewissheit verlässliche und vorhersagbare Ergebnisse abliefert“, so McDermott.

Anders ausgedrückt: Einst ein biederer und langweiliger Software-Konzern aus dem nordbadischen Walldorf, hat sich SAP inzwischen zum Wachstumsmotor und Stabilitätsanker der IT insgesamt gewandelt. Ein spannender Perspektivwechsel – und eine ambitionierte Zielvorgabe, an der sich McDermott wird messen lassen müssen.

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