Schwächelnder iPhone-Absatz Worauf Sie bei den Apple-Zahlen achten müssen

Lange war man bei Apple nur stetiges Wachstum gewohnt. Nun ändert sich das – und der Konzern schraubt an einer neuen Strategie. Quelle: Reuters

Apple zieht Bilanz – und scheint erstmals angreifbar. Die Investoren sind verunsichert. Der US-Konzern steuert mit einer riskanten Strategie gegen.

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Am Dienstag stellt Apple die Gewinnprognosen für das zweite Quartal vor. Die Zahlen zeigen, womit sich die meisten Investoren wohl bereits abgefunden haben: Mit dem iPhone X kann der Konzern nicht an frühere Erfolge anknüpfen. Die Ankündigung eines neuen Modells dürfte daher Aufschluss auf eine neue Unternehmensstrategie geben.

CEO Tim Cook und seine Vorstandskollegen werden sich beweisen müssen, so GBH-Insights-Analyst Daniel Ives. Die Verkaufsprognosen und eine Analysten-Konferenz am Dienstag läuten seiner Ansicht nach eine Umbruchphase ein. Nachdem die Analysten die Verkaufsschätzungen für das neue iPhone herunter gesetzt hatten, verlor die Apple-Aktie in den vergangenen zwei Wochen acht Prozent an Wert.

Weitere Hiobsbotschaften kommen von den Zulieferern: Sie berichten von einer schwachen Nachfrage bei den Highend-Geräte. Es werden Bedenken laut, dass der Smartphone-Boom, der Apple zum wertvollsten Technik -Konzern machte, abnehmen könnte. Denn auch im wichtigen Markt China steht das Unternehmen unter Druck: Verbraucher meiden dort vermehrt die teuren Apple-Geräte greifen lieber zu Rivalen wie Oppo und Vivo. Deren Marktanteil ist zuletzt deutlich gestiegen.

Der Konzern dürfte ein zwei-prozentiges Wachstum der Absatzzahlen in Aussicht stellen. Doch eine Analystenauswertung der Nachrichtenagentur Bloomberg zeigt: Die Finanzmarktprofis sind pessimistischer. Sie erwarten für das dritte Quartal einen Rückgang um fünf Prozent. Noch im Herbst waren diese enttäuschenden Zahlen nicht absehbar. Die Erwartungen waren hoch, als Apple das neue Modell ankündigte. Doch das iPhone 8 und das 8 Plus unterschieden sich kaum von den Vorgängern 6 und 6 Plus, die drei Jahre zuvor erschienen. Der Nachfolger der iPhone-8-Reihe – das iPhone X überzeugte zwar mit einem hellen Edge-to-Edge-Display und 3-D-Gesichteserkennung. Mit 999 US-Dollar war der Preis jedoch für einen großen Teil potenzieller Kunden zu hoch angesetzt. Damit schaffte Apple eine Lücke im Markt, an deren Schließung nun scheinbar mit Hochdruck gearbeitet wird. Gerade wird ein neues, kostengünstigeres Modell vorbereitet, das dem X auffällig ähnlich ist und zahlreiche Features vom Highend-Smartphone übernimmt.

„Das günstigere iPhone X sollte im Wesentlichen ein erfolgreiches Produkt werden. Allein der Launch kann die Verkaufszahlen um fünf Prozent jährlich steigern“, sagt Gene Munster, Mitgründer von Loup Ventures und langjähriger Apple Analyst. Dennoch schlug er auch warnende Töne an: Längst vorbei seien die Tage, in denen sich Anleger über ein 15-prozentiges Jahreswachstum freuen konnten.

Beim iPhone X investierte Apple großzügig in ein neues Face-ID-System, Edelstahlgehäuse und eine scharfe, hoch-effiziente OLED Display Technologie. Im vergleich mit dem iPhone 8 trieb die hochwertigere Verarbeitung die Materialkosten um rund 115 Dollar hoch. Dadurch wurde es schwerer, den Produktpreis unter 1000 Dollar zu halten, ohne an der gewohnten Apple-Rentabilität zu kratzen. Das LCD Display des Spar-Modells kostet nun knapp die Hälfte. Statt Edelstahl verbaut Apple ein Aluminium-Corpus. Und kann das Smartphone für unter 700 Dollar in einem Preissegment anbieten, das sich viele Jahre etabliert hat. Daneben ist der Launch einer neuen Riesen-Version mit 6,5 Zoll Display sowie ein umfassendes Update für das aktuelle X geplant. Angesichts des schwächelnden Wachstums hat die neue Strategie nach Analystenmeinung das Potenzial, die Verkaufszahlen ankurbeln. Die ersten Auswirkungen könnten sich bereits zum Jahresende zeigen, wenn die neuen Geräte auf den Markt kommen.

Während für die meisten Unternehmen ein Quartal mit schlechten Verkaufszahlen keinerlei Grund zur Besorgnis geben würden, sieht das bei Apple anders aus. Der Technikriese aus Cupertino generiert mehr als Zweidrittel des Jahresumsatzes durch den verkauf der iPhone-Familie. Zusatzprodukte und Dienstleistungen rund um das Smartphone bringen das übrige Drittel ein. Eine Rückkehr zu altem Wachstum ist für den Konzern daher ungleich wichtiger.

Um diese Zahlen geht es heute:

  • Analysten erwarten im zweiten Quartal Einnahmen von 61 Milliarden Dollar und 15 Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorjahr. Das deckt sich mit den Prognosen vom Jahresanfang, die Umsätze zwischen 60 und 62 Milliarden voraussahen.
  • Die iPhone-Verkaufszahlen für das zweite Quartal werden bei 51,9 Millionen Geräten angesetzt. Das übertrifft die Analystenprognose vom Jahresbeginn, die bei einer Stückzahl von 50,8 Millionen lag.
  • Für das dritte Quartal liegen die prognostizierten Verkaufszahlen bei 30 Millionen iPhones. Das wäre ein Rückgang von zwei Millionen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
  • Der durchschnittliche Verkaufspreis wird bei 740 Dollar und im dritten Quartal bei 691 Dollar liegen, so die Prognosen.
  • Die Einnahmen aus Service-Leistungen sollen im zweiten Geschäftsquartal auf 8,5 Milliarden steigen.
  • Einen Umsatzzuwachs erwarten die Analysten für weitere Apple-Produkte wie die Apple-Watch, AirPods und den HomePod.
  • Bernstein-Analyst Toni Sacconaghi sieht die Gründe für die Schwächen der aktuellen iPhone-Linie im strukturellen Rückgang der Neukundenzahlen und dem hohen Preis des X-Modells. Aufgrund eines gesättigten Smartphone-Marktes kann Apple an dem ersten Problem nicht viel ändern. Mit der neuen Preisstrategie können aber jedenfalls Kunden zurückgewonnen werden, die durch den hohen Preis des X abgeschreckt wurden.
  • In einem Brief an Investoren fragte Sacconaghi kürzlich: „Die neue Ausrichtung kann sich schnell ändern. Restposten könnten zu Platzhaltern werden. Währenddessen scheint es, als habe man bei Apple die Dehnbarkeit der Preise diesmal falsch eingeschätzt. Aber was was könnten sie künftig ändern?“

Die iPhone-Evolution
Das erste iPhoneFür das Jahr 2007 waren der große Touchscreen ganz ohne Tastatur und die Bedienung per Finger ein radikales Konzept, das die Smartphone-Revolution entscheidend anschob. Dabei verzichtete Apple bei der ersten Version sogar auf den schnellen UMTS-Datenfunk. Quelle: dapd
iPhone 3GEin iPhone 2 gab es nie - stattdessen kam im Sommer 2008 das iPhone 3G, was auf die Unterstützung des 3G-Standards UMTS hinwies. Das Aluminium-Gehäuse wurde durch eine Plastik-Schale ersetzt. Mit dem App Store öffnete Apple die Plattform für Programme verschiedener Entwickler. Quelle: AP
iPhone 3GSMit dem Modell des Jahres 2009 führte Apple sein „Tick-Tock“-Prinzip ein, bei dem die iPhones alle zwei Jahre radikal erneuert werden und es zwischendurch ein „S“-Modell im unveränderten Design, aber mit aufgerüstetem Innenleben gibt. Das 3GS bekam eine bessere Kamera und einen schnelleren Chip. Quelle: AP
iPhone 4Das letzte Modell, das Gründer Steve Jobs noch selbst vorstellte. Das kantige Design des iPhone 4 mit einer gläsernen Rückwand war 2010 aufsehenerregend, zugleich häuften sich zunächst Berichte über Empfangsprobleme mit der Antenne am Außenrand. Quelle: dpa
iPhone 4SApple ließ sich 15 Monate Zeit bis Oktober 2011 mit einer Aktualisierung. Zu den Neuerungen gehörte neben technischen Verbesserungen die Sprachassistentin Siri. Quelle: dpa
iPhone 5Während die Smartphones der Wettbewerber immer größer wurden, erweiterte Apple 2012 zunächst vorsichtig die Bildschirm-Diagonale von 3,5 auf 4 Zoll. Zugleich wurde das Gerät deutlich dünner gemacht und bekam wieder eine Aluminium-Hülle. Quelle: REUTERS
iPhone 5SDie wichtigste Neuerung im Herbst 2013 war der Fingerabdruck-Sensor zum Entsperren der Telefone. Zudem entwickelte Apple unter anderem die Kamera weiter. Quelle: AP
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