ServiceNow-Chef Donahoe „Die Arbeitswelt ist das Gegenteil von komfortabel und intuitiv“

Über ein Jahrzehnt arbeitete John Donahoe (58) bei Ebay, davon sieben Jahre als Vorstandschef des Online-Händlers. Quelle: REUTERS

John Donahoe war lange Ebays Vorstandschef. Nach einer Auszeit wurde er Chef von ServiceNow und ist heute der bestbezahlte CEO im Silicon Valley. Ein Gespräch über die Kraft der Stille und intuitive Unternehmenssoftware.

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Über ein Jahrzehnt arbeitete John Donahoe (58) bei Ebay, davon sieben Jahre als Vorstandschef des Online-Händlers. Im Februar 2017 wurde er Chef von ServiceNow, einem Automatisierungsspezialist, der beim Verwalten der IT im Unternehmen und Organisieren der Arbeitsabläufe hilft. Heute ist Donahoe mit 41 Millionen Dollar der bestbezahlte CEO des Silicon Valley, der Börsenwert des Unternehmens hat sich verdreifacht und gerade die Grenze von 50 Milliarden Dollar überschritten. ServiceNow wird ähnliches Potenzial wie dem CRM-Spezialisten Salesforce zugetraut, der 120 Milliarden Dollar Börsenwert erreicht hat und lange eines der am schnellsten wachsenden Softwareunternehmen der Welt war. ServiceNow hat 2018 2,6 Milliarden Dollar Umsatz erzielt und Analysten erwarten, dass es bis 2025 die zehn Milliarden Dollar Hürde nimmt.

Mr. Donahoe, Sie haben anderthalb Jahre pausiert, bevor Sie einen neuen CEO-Job übernommen haben. Warum?
Ich hatte noch nie eine Auszeit im Leben und die habe ich mir genommen. Das hatte ich auch meiner Familie versprochen. Ich brauchte die Zeit, um über die nächste Etappe in meinem Leben nachzudenken. Besonders hilfreich war ein Aufenthalt im Meditationscenter Spirit Rock in Marin County bei San Francisco, wo ich mich mit dem Buddhismus vertraut gemacht und zehn Tage lang die Stille genossen habe.

Sie haben zehn Tage lang geschwiegen und kein Internet genutzt. Wie hart war das?
Es war gar nicht so schwer. Man verspricht, keine elektronischen Geräte zu nutzen und keinen Alkohol zu trinken. Der Aufenthalt hat mich grundlegend verändert. Ich habe gelernt, dass unser Gehirn trainiert ist, vor allem schlechte Erfahrungen zu behalten. Schlechte Dinge sind wie Kletten, sie setzen sich fest. Gute Dinge sind wie Teflon, sie bleiben nicht haften. Je älter man wird, desto mehr negative Dinge sammeln sich an und damit verbundene Reflexe und Vorurteile. Aber man kann mit Meditation und mehr Präsenz gegensteuern.

Sie meditieren jetzt also?
Ich bin heute morgen vor unserem Gespräch gejoggt und habe meditiert. So wie es gut ist, den Körper durch Sport zu trainieren, sollte man auch das Bewusstsein fit halten. Das hat nichts mit Zeitgeist zu tun. Beispielsweise meditieren mittlerweile fast alle Weltklasse-Athleten, um sich auf Wettkämpfe vorzubereiten.

Trotzdem sind Meditation und Yoga im Silicon Valley schwer in Mode. Salesforce-Chef Marc Benioff predigt es seit Jahren und ermuntert seine Mitarbeiter dazu.
Ja, vielleicht ist tatsächlich ein Stück Silicon Valley dabei. Aber ich persönlich glaube, dass wesentlich mehr dahinter steckt. Ich kann es nur empfehlen, ausgehend von meinen eigenen positiven Erfahrungen.

Viele im Silicon Valley waren überrascht, dass Sie als ehemaliger Ebay-Chef ausgerechnet zu einem Unternehmenssoftware-Spezialisten gewechselt sind. Da liegen doch Welten dazwischen, oder?
Gerade das ist der Grund, warum ich die Aufgabe übernommen habe. Ebay, Paypal oder Amazon hat in den vergangenen zehn Jahren geprägt, dass sie das Leben für ihre Kunden vereinfacht haben, ihnen Komplexität abgenommen, sei es beim Einkaufen oder Bezahlen. Oder wie Uber und Lyft beim Ordern eines Taxis. Die Arbeitswelt hingegen ist das genaue Gegenteil von einfach, komfortabel und intuitiv. Bei Paypal kann ich mein Passwort von meinem Smartphone aus innerhalb von zwanzig Sekunden ändern. Versuchen Sie das mal für Ihren Unternehmensaccount, vor allem wenn Sie dabei unterwegs sind. Es ist ein Krampf. Bei Ebay hatte unser CIO mit ServiceNow für unsere Mitarbeiter Dienste gebaut, die genauso einfach zu bedienen waren wie die Angebote für unsere Kunden bei Ebay und Paypal. Das hat mir die Augen geöffnet.

Ein auf Verbraucher fokussiertes Unternehmen, wo Sie die meiste Erfahrung haben, war nicht interessant?
Es ist weiterhin ein spannendes Segment. Aber ich erwarte dort keine großen Veränderungen. Plattformen wie Amazon, Facebook oder Google haben sich etabliert und werden ihre Schlachten zunehmend unter sich austragen. Die ganz spannenden Veränderungen sehe ich im Unternehmensbereich, wo sich eine neue Generation von Plattformen herausbildet, die auf Cloud Computing basiert. Das letzte Jahrzehnt war durch den Siegeszug von mobilen Diensten geprägt. Es hat verändert wie wir konsumieren, wie wir einkaufen und kommunizieren. Die neue Dekade wird unsere Arbeitswelt verändern, oder vielmehr muss sie verändern. Das muss einfach passieren. Nicht nur, weil jüngere Mitarbeiter erwarten, dass ihre Arbeitswerkzeuge ähnlich intuitiv sein müssen wie eine Ebay oder Uber-App. Wir sind ja nicht zu Hause andere Personen als auf der Arbeit.

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