Smart-Home-Firma Nest startet jetzt in Deutschland

Nest Labs ist ein Vorreiter in Sachen Smart Home. Nun verkauft die Google-Tochter vernetzte Rauchmelder, Kameras und Thermostate auch in Deutschland. Sicherheitsbedenken will Mitgründer Matt Rogers zerstreuen.

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Nutzer sollen ihr Zuhause rund um die Uhr überwachen können. Quelle: Nest Labs

München Das eigene Zuhause immer im Blick, ob im Urlaub oder bei der Arbeit – diese Idee ist in den letzten Monaten in Misskredit geraten. Denn vernetzte Überwachungskameras, die über das Smartphone einen Einblick gewähren, haben mehrfach mit gravierenden Sicherheitsmängeln Schlagzeilen gemacht. Bei einigen Modellen können andere Nutzer mit wenigen Klicks im Internet verfolgen, was sich vor dem Objektiven abspielt.

Die Firma Nest Labs, vor drei Jahren für 3,2 Milliarden Dollar von Google übernommen, will es besser machen. Sie hat am Montag auf der Konferenz DLD in München angekündigt, ihre Produkte fürs vernetzte Zuhause nun auch in Deutschland und Österreich zu verkaufen. Neben zwei Kameras gehören dazu ein Rauchmelder und mit etwas Verzögerung ein Thermostat. Datenschutz und IT-Sicherheit seien dabei von vornherein mitbedacht worden, betonte Mitgründer Matt Rogers gegenüber dem Handelsblatt: „Das Vertrauen der Nutzer ist alles.“

Mit den Kameras sollen Nutzer ihr Zuhause rund um die Uhr überwachen können. Software zur Bilderkennung analysiert Bewegungen, um Fehlalarme zu vermeiden, etwa wenn eine Katze durch den Garten läuft. Der Rauchmelder erkennt Brände und Kohlenmonoxid. Bei verdächtigen Werten gibt er über Lautsprecher eine Warnung aus und sendet eine Mitteilung aufs Smartphone. Andere Geräte lassen sich in das System integrieren: So können vernetzte Lampen eines anderen Herstellers bei einem Feuer rot aufleuchten.

Das Thermostat, mit dem das Unternehmen bekannt geworden ist, soll allerdings erst im Laufe des Jahres folgen. Es muss noch an die hierzulande verbreiteten Heizungssysteme angepasst werden, die sich von den Geräten in anderen Ländern unterscheiden. Derzeit sprechen die Nest-Entwickler noch mit den Herstellern über eine Integration. Das Münchner Start-up Tado bietet in Deutschland bereits ein Produkt an, das die Steuerung übernimmt.

Nest verspricht, dass sie die Kontrolle über ihre Daten behalten. „Wir sind wie ein Gast in Ihrem Zuhause – und so benehmen wir uns auch“, sagte Rogers, der beim Unternehmen inzwischen die Produktentwicklung verantwortet. Ohne Zustimmung der Nutzer geschehe nichts; „opt-in“ nennen Datenschützer dieses Verfahren. Selbst Mutterkonzern Alphabet oder die Schwesterfirma Google hätten keine besondere Rechte, betonte Rogers.


Vertrieb mit bekannten Partnern

Ebenso wichtig wie Datenschutz sei die Datensicherheit, sagte Rogers. Das Zuhause sei für die meisten Menschen schließlich der wichtigste Ort. Das Unternehmen verspricht, wichtige Maßnahmen der IT-Sicherheit einzuhalten. So verschlüsselt es nach eigenen Angaben alle Informationen und spielt Updates automatisch ein. Den Schutz überprüft es mit simulierten Hackerangriffen. Und nicht zuletzt dürfen Nutzer keine einfach knackbaren Passwörter verwenden. Die Diskussion über unsichere vernetzte Geräte kennt Rogers natürlich. „Wir müssen uns davon abheben“, weiß er.

Bei Vertrieb setzt das Unternehmen auf bekannte Partner: Ketten wie Media Markt, Saturn, Conrad und Cyberport verkaufen die Geräte. Zudem ist eine Partnerschaft mit der Versicherung Cosmos Direkt geplant. Die Generali-Tochter soll ihren Kunden einen Rabatt anbieten, wenn diese ihre Wohnung mit den Produkten schützen.

Für Nest ist die Markteinführung eine wichtige Erfolgsmeldung. Im vergangenen Jahr gab es nach Berichten von US-Medien Querelen im Unternehmen, Mitgründer Tony Fadell schied offenbar wegen seines ruppigen Führungsstils aus. Mit einem Umsatz, der nach Informationen des Technologieportals 2015 rund 340 Millionen Dollar betrug, enttäuschte das Management den Konzern. Zudem brachte die Alphabet-Tochter längere Zeit keine neuen Produkte zur Marktreife. Zu diesen Themen äußerte sich Rogers nicht. Aber: „Wir haben hohe Erwartungen, es ist die richtige Zeit.“

Das bestätigen Marktforscher: Der Umsatz mit Hardware und Diensten rund ums Smart Home wächst nach Einschätzung des Analysehauses Juniper Research von 83 Milliarden Dollar in diesem Jahr auf 195 Milliarden Dollar im Jahr 2021. Allen Bedenken um Datensicherheit zum Trotz.

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