Der Softwarekonzern SAP ist seit Beginn des russischen Kriegs zunehmend von Cyberangriffen betroffen. „In der Ukraine führt Russland einen schrecklichen Krieg, es gibt aber gleichzeitig auch einen Cyberkrieg über die Grenzen hinweg. Die Anzahl der Attacken hat in den vergangenen Wochen sehr stark zugenommen“, sagte SAP-Chef Christian Klein in einem Interview mit der WirtschaftsWoche.
Woher die Attacken auf den Walldorfer Konzern kommen, „lässt sich zwar ein Stück weit lokalisieren, aber ich möchte da jetzt nicht ins Detail gehen“, erklärte Klein. Der Konzern tue „alles, um unsere Netze so sicher wie möglich zu machen“, und stehe „in enger Abstimmung mit den deutschen Sicherheitsbehörden“.
SAP will zentrale Europa-Cloud in Brüssel aufbauen
Der Softwarekonzern will in Brüssel eine zentrale Europa-Cloud aufbauen, um die EU unabhängiger von amerikanischen Anbietern wie Google, Amazon und Microsoft zu machen. „Es ist denkbar, dass in Brüssel eine Cloud gebaut wird, an die sich die deutsche und französische Cloud anbinden und die dann anderen Mitgliedsstaaten offensteht. Dazu bin ich im Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dem französischen Regierungschef Emmanuel Macron und der deutschen Bundesregierung“, sagte Klein.
In Deutschland arbeite SAP bereits an der „Sovereign Cloud“, einer souveränen Cloud für den deutschen öffentlichen Sektor. „Es ist kein Geheimnis, dass Deutschland im Bereich der Digitalisierung Nachholbedarf hat – aber statt agil voranzugehen, wird häufig lieber der nächste Arbeitskreis gegründet und theoretisch diskutiert. Darauf können wir nicht warten“, sagte Klein. SAP baue in Berlin deshalb bereits Rechenzentren auf, die Daten aus der „Sovereign Cloud“ sollen dort verarbeitet und gespeichert werden. „Leider sind die Entscheidungswege in der Politik oft zu lang. Das hat die Entwicklung der Corona-Warn-App gezeigt“, kritisierte Klein.
Die Unterbrechungen in den globalen Lieferketten und die Frage der Energieversorgung würden zeigen, dass der Standort gestärkt werden müsse. „Wir sind ein globales Unternehmen, das seine globalen Netzwerke pflegt. Aber teilweise zeigen die Abhängigkeiten, dass wir mehr ,Germany first‘ brauchen – etwa, wenn es darum geht, Lieferketten zu lokalisieren“, sagte Klein der WirtschaftsWoche. Lohnkosten seien bei einer solchen Strategie jedoch ein großes Thema. „Wir können als Unternehmen nicht von heute auf morgen entscheiden, die Logistik komplett aus Deutschland zu machen – umso wichtiger ist es, noch stärker auf Technologien und eine höhere Automatisierung zu setzen. Da entstehen gerade auch wieder neue Chancen für den Standort Deutschland“, sagte Klein.
Lesen Sie hier das vollständige Interview mit SAP-Chef Klein.