Soziale Netzwerke Wie Facebook die Konkurrenz abhängt – und was jetzt kommt

Zuckerberg glücklich. Quelle: Bloomberg

Facebook erwirtschaftet jedes Jahr Milliarden. Doch die Haupteinnahmequelle Werbung bekommt ein Problem: Der Platz geht aus. Deshalb müssen neue Produkte her.

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Mark Zuckerberg ist gerade viel unterwegs. Erste Stationen waren Anfang Juli Kanada und Alaska. Seitdem ist der Facebook-CEO durch mehrere amerikanische Bundesstaaten gereist – ohne dass das erkennbar etwas mit seinem eigentlichen Job zu tun hätte.

Politische Beobachter in den USA spekulieren schon, Zuckerberg könnte sich auf eine mögliche Kandidatur für die US-Präsidentschaft vorbereiten. Er selbst spricht lieber von einer „Listening-Tour“. Der Facebook-Chef möchte Einblicke in das Leben seiner Kunden gewinnen. So besuchte er in South Carolina den Ort, an dem ein 22-Jähriger neun Afroamerikaner erschoss, war auf einer Schwulenparade in Nebraska und traf Drogenabhängige in Ohio.

Genau darin liegt seit jeher der Erfolg des Sozialen Netzwerks: möglichst viel über die eigenen Mitglieder zu wissen. Das sorgte dafür, dass Facebooks wichtigste Einnahmequelle in den vergangenen Jahren sprudelte. Das bestätigte sich auch, als das Unternehmen am Mittwochabend deutscher Zeit seine Quartalszahlen vorstellte. Analysten erwarteten einen Umsatz von knapp 9,2 Milliarden US-Dollar – im Vorjahresquartal lag der noch bei 6,4 Milliarden Dollar.

Doch es kam noch besser: Der Umsatz kletterte um 45 Prozent auf 9,3 Milliarden Dollar. Die Werbeerlöse, Facebooks Haupteinnahmequelle, stiegen um 47 Prozent auf 9,1 Milliarden Dollar. Der Anteil an dieser Summe, den das Geschäft mit Anzeigen auf Mobilgeräten wie Smartphones und Tablets ausmacht, legte im Jahresvergleich von 84 auf 87 Prozent zu. „Wir hatten ein gutes zweites Quartal und eine gute erste Jahreshälfte“, freute sich Gründer und Vorstandschef Zuckerberg.

Verglichen mit dem Vorjahreswert legte der Überschuss um 71 Prozent auf 3,9 Milliarden Dollar (3,3 Milliarden Euro) zu, wie das Unternehmen nach US-Börsenschluss mitteilte.

Facebook schreibt damit seine Erfolgsgeschichte fort. Das 2004 gegründete Unternehmen schreibt schon seit Jahren schwarze Zahlen, während der nur zwei Jahre jüngere Konkurrent Twitter noch immer darum kämpft, Gewinn zu erwirtschaften. So machte Facebook im ersten Quartal 2017 mit Werbung einen Umsatz von 7,86 Milliarden US-Dollar, während sich der Kurznachrichtendienst im gleichen Zeitraum mit 473 Millionen begnügen musste.

„Im Bereich Onlinewerbung gehört die Zahl der monatlich aktiven Nutzer zu den wichtigsten Kennziffern für Werbetreibende. Bei Facebook sprechen wir hier von mehr als zwei Milliarden Nutzern, bei Twitter bewegen wir uns im Bereich von 300 bis 400 Millionen“, erklärt Thomas Prüver, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young und Experte für Onlinegeschäftsmodelle. „Mehr Nutzer machen ein Unternehmen natürlich erst einmal attraktiver für Werbetreibende.“

So funktioniert Werben auf Facebook

Hinzu kommt das Targeting, also die zielgerichtete Ausspielung von Werbung an bestimmte Nutzergruppen. Je mehr die Nutzer eines sozialen Netzwerks über sich preisgeben, desto einfacher ist es, ihnen passende Werbung auszuspielen. „Bei Facebook geben viele Nutzer mehr über sich preis als bei Twitter", sagt  Martin Spann, Professor am Institut für Electronic Commerce und Digitale Märkte der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Besonders in Deutschland wird Twitter hingegen nur von wenigen Menschen für die private Kommunikation genutzt. Politiker, Journalisten und Prominente dominieren die Feeds. Facebook hat hingegen in den vergangenen Jahren versucht, die private Kommunikation immer weiter zu monopolisieren und hat somit ein attraktives Werbeumfeld geschaffen.

Eine aus Sicht von Facebook perfekte Welt wäre eine, in der sie ihre User so gut kennen und Werbung so perfekt personalisieren, dass die die Werbung nicht mehr als störend, sondern als bereichernd empfinden.

2017 könnten die Umsätze einbrechen

Bis das soweit ist, entwickelt das weltgrößte Soziale Netzwerke weiter neue Werbeformate und Umgebungen. Das ist bitter nötig. Denn der Platz für Werbeanzeigen geht dem Unternehmen aus. Wie Facebook-Finanzchef David Wehner in einer Telefonkonferenz mit Analysten mitteilte, erwartet der Konzern deshalb für 2017 einen „erheblichen“ Umsatzrückgang.

Wohl auch deshalb ergreift Facebook Gegenmaßnahmen. Eine davon ist die neue Möglichkeit, Werbung im Messenger auszuspielen. Nach einer Testphase in Thailand und Australien, wird die Funktion nun peu à peu auch im Rest der Welt bereitgestellt. Die Werbung wird dabei nicht in einzelnen Chats, sondern nur auf der Startseite ausgespielt. Damit soll sich die Werbung auch nicht auf die Inhalte aus den Chats der Nutzer beziehen.

Auch sonst geht Facebook mit dem Thema Werbung im Messenger sehr vorsichtig um. Bis der Durchschnittsuser die Anzeigen zu sehen bekommt, kann es durchaus noch einige Zeit dauern, da das Unternehmen sehr stark auf Rückmeldungen und Daten zur Messengernutzung setzen will, um herauszufinden, wie viel Werbung funktioniert. Die Sorge, dass Nutzer sich durch zu viel Werbung gestört fühlen könnten, scheint groß zu sein. Wohl auch deshalb spricht der Konzern weiterhin von einer „Beta-Phase“, die sich nun auf dem gesamten Globus verfügbar ist.

Insbesondere die personalisierte Werbung kann in einem privaten Umfeld schnell zu Missmut bei den Nutzern führen, da sie so besonders darauf aufmerksam gemacht werden, wie viel das Unternehmen über sie weiß. Die mögliche Folge: Weniger Menschen nutzen die Dienste von Facebook. Für das datengetriebene Geschäftsmodell des Konzerns ein Albtraum.

Facebook versucht deshalb seinen Nutzern stetig neue Gründe zu liefern, wieder auf die Plattform zu gehen. Jüngster Auswuchs: ein Einstieg ins Seriengeschäft. Schon Mitte August sollen die ersten Episoden starten. Bestehen soll das Programm aus kurzen und damit günstigeren Episoden, sowie längeren Folgen mit entsprechend höherem Budget. Diese sollen es dann auch mit den Produktionen des klassischen Fernsehens oder der etablierten Streamingdienste aufnehmen können. Gebündelt wird das Angebot zusammen mit von den Nutzern erstellten Videos in einer neuen Sektion außerhalb der Timeline. Damit bietet Facebook auch eine weitere Möglichkeit, Anzeigen in einem sehr genau definierten Umfeld zu schalten.

Angeblich soll Facebook außerdem an einem eigenen Smartspeaker arbeiten. Dieser soll im Gegensatz zu den Produkten von Google, Amazon und Apple jedoch weniger auf Sprachsteuerung als auf einen 15-Zoll-großen Bildschirm setzen, berichtet die taiwanische digitimes. Denn ein Großteil der Facebook-Services lässt sich nur schwer von einer virtuellen Stimme wiedergeben.

Während Facebook seine bestehenden Angebote also beständig monetarisiert und versucht, neue Werbeumfelder zu erzeugen, wird eine Kuh bisher nicht so stark gemolken: WhatsApp. Der wichtigste Kurzmitteilungsdienst der Welt ist bisher werbefrei und soll es nach Angaben von Facebook auch bleiben. Bei allem Wunsch, mehr Werbung zu verkaufen, könnte hier die Angst vor der Ablehnung der User tatsächlich größer sein.

Mit Material der dpa

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