Brüssel folgte Washington: Nachdem die US-Regierung im Dezember ihren Mitarbeitern verboten hat, die umstrittene chinesische App TikTok auf Diensthandys zu gebrauchen, wies nun auch die EU-Kommission ihre rund 32.000 Mitarbeiter an, die App von ihren offiziellen Geräten zu löschen. Die Sicherheitsbedenken wiegen schwer. Es steht der Verdacht im Raum, dass China die App nutzt, um wichtige Daten aus den Regierungszentralen an sich zu ziehen. Es geht kurz gesagt um Spionage.
Und die Bundesregierung? Sitzt das Thema aus. Das Bundesamt für Informationssicherheit hat zu dem Thema bisher keine abschließenden Erkenntnisse, und so passiert in Berlin erst einmal nichts. Das Vorgehen zeugt von großer Naivität. Bei der Abwehr von Spionage sollte nicht so lange gewartet werden, bis ein Risiko hart belegt ist.
Man muss den US-Alarmismus gegenüber China nicht teilen, um die App des chinesischen Konzerns ByteDance, die vor allem auf Jugendliche abzielt, sehr kritisch zu sehen. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen selbst zugegeben, dass Mitarbeiter in China Zugriff auf Nutzerdaten in Europa hatten. Das verstößt gegen EU-Recht und nährt die schlimmsten Befürchtungen.
Eine Grundlage für ein Verbot von TikTok bei Behörden hat die Bundesregierung allemal: Bereits im Juni 2019 hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, empfohlen, TikTok nicht auf Diensthandys zu nutzen, weil der Datenschutz nicht gewährleistet ist. Die Behörde hat gerade erst die Bundesregierung angeordnet, ihre Facebookfanseite zu löschen, weil der US-Konzern unerlaubterweise Nutzerdaten absaugt. Zu warten, bis die Behörde dies auch offiziell bei TikTok fordert, ist zu spät. Die Bundesregierung muss schneller reagieren, am besten jetzt.
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