Sprachassistent und faltbares Display So will Samsung Apple und Co. angreifen

Samsung: Bixby spricht bald deutsch Quelle: Samsung

Der Schöpfer von Apples Siri will aus Samsungs abgeschlagener Alternative Bixby eine Weltmacht formen. Doch der eigentliche Coup des Unternehmens dürfte das erste faltbare Display sein.

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Im Moscone Konferenzzentrum, direkt in San Franciscos Innenstadt, verzauberte Apple-Gründer Steve Jobs viele Jahre Fans und Entwickler mit neuen Produkten. Jetzt steht an einem Mittwochvormittag im November ein Mann auf der Bühne, von dessen Ideen über digitale Agenten Jobs so fasziniert war, dass er kurzerhand dessen Start-up im Frühjahr 2010 für 200 Millionen Dollar übernehmen ließ.

Es ist Dag Kittlaus, der Vater von Siri. Der Schöpfer des ersten digitalen Sprachassistenten für jedermann, den Apple ab Herbst 2011 in seine iPhone-Reihe integrierte und damit auf der ganzen Welt bekannt machte.
Der gebürtige Norweger eckte schnell mit der verschlossenen Kultur Apples an, schied im Herbst 2011 aus und gründete mit seinem Mitstreiter Adam Cheyer ein neues Start-up namens Viv Labs. Den beiden gelang das Kunststück, es wiederum an einen milliardenschweren Konzern zu verkaufen – an Samsung, diesmal für rund 215 Millionen Dollar. Also ausgerechnet an Apples gefährlichsten Wettbewerber im Smartphone-Geschäft.

Samsung hofft, dass Kittlaus nun ein weiteres Kunststück vollbringt – nämlich den südkoreanischen Konzern zu einer Weltmacht bei künstlicher Intelligenz zu avancieren; aufsetzend auf seinen digitalen Sprachassistenten Bixby.

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Eine schwierige Aufgabe. Denn in dem noch jungen, aber milliardenschweren Markt der digitalen Sprachassistenten haben sich Amazon mit Alexa und Google mit seinem Assistant etabliert. Sie liefern sich ein Kopf an Kopf Rennen um die Gunst der Kunden. Microsoft mischt mit Cortana mit. Apples Siri hat seinen einstigen Vorsprung als Pionier nach dem Weggang von Kittlaus schnell eingebüßt. Aber Samsung hinkt mit seinem vor anderthalb Jahren vorgestellten Agenten Bixby am weitesten hinterher. Vor allem, weil er bislang nur koreanisch, chinesisch und US-Englisch beherrscht. Für die anderen – zum Beispiel deutsche Nutzer – ist Bixby deshalb vor allem ein Ärgernis. Denn das Galaxy S9 und S9 Note besitzen eine Extra-Taste für das Starten des Agenten, die derzeit nutzlos ist.
Aber nun soll alles viel besser werden, wirbt Kittlaus auf der Bühne im Moscone Center vor den rund 5000 Programmierern, die zu Samsungs Entwicklerkonferenz nach San Francisco gereist sind – in den Vorgarten von Apple und Google gewissermaßen. „Wir sind der Konkurrenz weit voraus”, tönt Kittlaus und spricht von den sechs Jahren, die sein Team bereits investiert habe.
Sprache ist entscheidend für Hightech-Unternehmen. Denn sie gilt als Benutzerführung der Zukunft, soll nach und nach die Bedienung mit der Maus, der Fernbedienung oder berührungsempfindlichen Bildschirmen zunächst ergänzen und dann mehr und mehr ersetzen.

Der Wettlauf hat erst begonnen, macht der Vater von Siri sich selbst Mut. Aber es lohne, sich nun voll zu engagieren, beschwört er die Entwickler vor ihm. „Die Kunden wählen ihre Favoriten und bleiben dann dabei”, so die Meinung Kittlaus. Mit anderen Worten: Die Messe ist noch lange nicht zugunsten von Google, Amazon oder Apple gelesen.

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Kittlaus kündigt in San Francisco fünf weitere Sprachen für Bixby an, darunter auch Deutsch. Sie sollen im nächsten Jahr freigeschaltet werden, der genaue Zeitpunkt steht noch aus. Die deutsche Version wurde von einem Team in München entwickelt.
Außerdem verspricht Samsung mehr Freiheiten als die Konkurrenz offeriert. Partner können Bixby nun in ihren Geräten anbieten, als Alternative oder zusätzlich zu Konkurrenten wie Alexa oder Google Assistant. Bislang hatte Samsung Bixby auf die eigenen Geräte beschränkt.
Dazu noch einen gemeinsamen Marktplatz für die auf Bixby aufsetzenden Produkte, ähnlich wie ihn Amazon für Alexa offeriert.
Vor allem aber Zugang zu den Millionen von Geräten mit Samsung Logo, nicht nur die Smartphones, sondern auch Haushaltsgeräte, Fernseher und Kameras. Inklusive des Vorhabens des südkoreanischen Konzerns bis 2020 mindestens 22 Milliarden Dollar in Künstliche Intelligenz zu investieren. „Bixby soll kein Sprachassistent bleiben, sondern eine weltweite Plattform”, gelobt DJ Koh, Chef von Samsungs Mobilsparte. Und sein Forschungschef Eui-Suk Chung hat keine Angst vor Wettbewerbern wie Google und Amazon, die bereits sehr viel über ihre Kunden wissen. „Unser ganz großer Vorteil sind unsere bereits im Markt befindlichen Geräte und die 500 Millionen Geräte, die jährlich dazukommen”, sagt er. Hinter ihnen würde mindestens ein Nutzer stecken, oft sogar mehr.

Aber kann Samsung tatsächlich noch den Vorsprung der Konkurrenz wettmachen? „Als Google startete, gab es bereits 14 andere Suchmaschinen”, kontert Kittlaus. Google hat sich damals schnell durchgesetzt, weil seine Technologie den Konkurrenten überlegen war. Doch Samsung ist nicht für Exzellenz bei Software bekannt. Eher das Gegenteil. Das Betriebssystem Android, das seine Geräte antreibt, wird zudem von Google kontrolliert, ausgerechnet einem der größten Wettwerber beim Thema der künstlichen Intelligenz. Die eigene Alternative namens Tizen ist ein Rohrkrepierer. Aber Samsung hat dafür andere Stärken, nämlich brillante Hardware-Ingenieure.
Jahrelang tobte ein Streit vor Gericht, ob Samsung das Apple iPhone mit seiner Galaxy Reihe schamlos kopiert hat. Silicon Valleys Anwaltskanzleien verdienten damit Millionen. Bei der Bedienoberfläche hatten die Koreaner sich ohne Zweifel von Apples Designern inspirieren lassen.

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