Streaming-Pionier Youtube kämpft gegen harte Konkurrenz

Fällt Googles Videofestung Youtube? Die Konkurrenz ist dem Streaming-Pionier hart auf den Fersen in einem Segment, das die Google-Tochter lange unterschätzt hat. Das kann ernste Folgen haben.

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Youtube: Der Streaming-Pionier gerät in arge Bedrängnis. Quelle: DPA

Die Zahl der Livestreams auf der Video-Plattform Youtube stieg um 80 Prozent, meldet Googles Youtube-Produktmanager Niel Mohan per „Financial Times“, ohne jedoch die tatsächlichen Nutzerzahlen zu nennen. Youtube, der unangefochtene Marktführer wenn es um vorab aufgezeichnete Videokonserven per Internet und PC geht, befindet sich in einem verzweifelten Aufholkampf mit Facebook und Snapchat, die erfolgreiche Streaming-Dienste mit einem Fokus auf Smartphones und Tablets gestartet haben.

Auf der jüngsten Entwicklerkonferenz F8 in San Francisco verkündete Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, Video werde zum Herzstück jedes Angebots des Konzerns. Er stellte sogar eine eigene 360-Grad-Videokamera vor, die bald zusammen mit einer Facebook-Software die Aufnahme von Rundum-Videos zum Kinderspiel machen soll.
Das ist die ganze Wahrheit für Youtube. Mit der Muttergesellschaft Google als Totalausfall im Bereich Social Media fällt Youtube nun die Aufgabe zu, ein Netzwerk auf Basis von Live-Video zu bilden. Youtube, für 1,3 Milliarden Dollar gekauft, ist neben Android eine der ganz großen Erfolgsgeschichten in Mountain View und jetzt die große Hoffnung.

Laut Venture Beat werden die Arbeiten an einem „Backstage“ genannten Produkt vorangetrieben, bei dem Youtuber ähnlich wie bei Twitter oder Facebook alles, von Text über Fotos bis zu Videos und natürlich Live-Streams einstellen können.
Die Akzeptanz von Youtube bei den Live-Videoproduzenten scheint derweil auch zu steigen, laut Mohan werden 30 Prozent mehr Videos gestreamt als im Jahr zuvor. Doch der Wettbewerb ist knüppelhart und wird sich nach Meinung von Marktbeobachtern noch verschärfen.

Die Unternehmen mit den meisten Views auf Youtube

Der Kampf um die Werbe-Milliarden aus der TV-Industrie wird dabei – mal wieder – mit den professionellen Inhalten entschieden und nicht mit dem, womit Youtube groß geworden ist. Das ist, vereinfacht gesagt, simpel produzierte Inhalte, auch fragwürdiger Qualität und ohne Konzept, kurz „user generated content.“
Die Nase vorne hat im Profibereich Facebook mit einer gigantischen weltweiten Nutzerbasis von 1,6 Milliarden Menschen. Das macht das Soziale Netzwerk zur geborenen Anlaufstelle für künftige Großevents wie Olympia oder Fußball-Weltmeisterschaften.

Lieber Streaming als TV

Konkurrent Snapchat zum Beispiel meldet, dass 49 Prozent der Nutzer in der ersten Woche der Veranstaltung Olympia-Inhalte gestreamt haben. Gleichzeitig meldet der US-TV-Riese NBC ein Minus von 17 Prozent bei der durchschnittlichen Zuschauerzahl in den ersten zehn Tagen der Sommerspiele. Die 27 Millionen TV-Zuschauer sind damit noch niedriger als der Wert von 2008.

Gleichzeitig melden Online-Dienste drastische Zuschauerzuwächse. Profiteure können Dienste wie Youtube, Facebook, Snapchat oder auch Twitter sein. In einem verzweifelten Strategiewechsel setzt CEO Jack Dorsey alles auf die Livestream-Karte.
Wenn am 15. September die Buffalo Bills auf die New York Jets treffen, wird es eine Zäsur in der Geschichte des für seine 140-Zeichen-Nachrichten bekannten Startups aus San Francisco sein. Dann wird das erste Spiel der National Footbal Leaguae NFL kostenlos jeden Donnerstag über Twitter zu empfangen sein.

Werbemöglichkeiten auf Youtube

Zehn Millionen Dollar für zehn Spiele hat Twitter bezahlt und die Spiele werden weltweit den rund 300 Millionen Nutzern zur Verfügung stehen. Solche Abschlüsse sind auch für die Ligen wichtig. Die NFL versucht mit Macht, American Football weltweit zu verbreiten, um sich gegen die Fußball-Konkurrenz aus Europa und Südamerika zu wehren. Das ist mit den traditionellen US-Sendern nicht möglich. PGA-Golfturniere werden auf Twitter und Facebook gezeigt.
Ein guter Teil der Live-Streams und Konserven auf Youtube sind derweil Sports-Übertragungen, bei denen Spieler live ihre Videogames übertragen und gleichzeitig kommentieren.

Doch auch hier schläft die Konkurrenz nicht. Professionell übertragene Endspiele der Pokémon-Weltmeisterschaften vergangene Woche auf Amazons Streaming-Sender Twitch erreichten 15 Millionen Zuschauer und mehr. Der weltgrößte Sportsender ESPN aus dem Disney-Konzern hat ebenfalls damit begonnen, Videospiele live zu übertragen. Aber Twitch und Youtube geben nicht kampflos aus. Am Wochenende veranstaltet der Spieleriese Activision in Los Angeles die Weltmeisterschaften in „Call of Duty“, das in einem Finale um zwei Millionen Dollar Preisgeld endet.

Zehn Jahre Youtube - Die wichtigsten Fakten

Alleine der Youtube-Kanal von „CoD“ hat fast fünf Millionen Abonnenten und wird die Highlights live übertragen. Youtube selbst verdient mit Werbung, die mit Videos geschaltet wird.

Doch wo immer es was zu verdienen gibt, ist der blaue Riese nicht weit: Facebook verkündete im Mai eine Kooperation mit Activision Blizzard zur Live-Übertragung von eSports-Großevents über das Soziale Netzwerk. Das beinhaltet Shows vor und nach wichtigen Spielen, Kommentare, Home-Stories mit Spielern und Teams. Dafür wurde im Januar extra der Gaming-Kanal Major League Gaming übernommen. „Wir werden das ESPN des eSports aufbauen“, verkündete Activision-CEO Bobby Kotick bei der Gelegenheit. Warum da noch zu Youtube gehen, wenn am Wochenende in Los Angeles um Millionen von Dollar Preisgelder gekämpft wird? Und um Werbegelder in Millionenhöhe.

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