Studie zu Social-Media-Stars Was Influencer sich herausnehmen können

Eine Studie der Werbeagentur Jung von Matt zeigt, wie hoch die Ansprüche der Stars in sozialen Netzwerken sind, wenn sie für Produkte werben sollen. Geld allein macht Influencer schon längst nicht mehr glücklich.

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YouTuber Moritz Garth mit Instagram-Star Lisa-Marie Schiffner

Düsseldorf Der Kamerahersteller Olympus macht es, die Drogeriekette dm ebenfalls und McDonald’s sowieso: Sie binden so genannten „Influencer“ („Beeinflusser“) ein, um für ihre Produkte zu werben. Influencer nutzen ihre Bekanntheit in sozialen Netzwerken und kassieren für platzierte Werbebotschaften viele Tausend Euro. Eine dem Handelsblatt exklusiv vorliegende Studie der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt / Sports in Kooperation mit den Firmen Brandnew und Facelift bbt zeigt: Auch wenn die Stars Geld kassieren, wünschen sich drei Viertel von 1200 befragten Influencern von den werbenden Marken außer der Bezahlung „gestalterischen Freiräume“ bei der Produktpräsentation.

Das Werbegeschäft mit den Influencern ist umstritten. Auf der einen Seite ist der Begriff von einer Jury aus Sprachenwissenschaftlern diese Woche zum Anglizismus des Jahres gekürt worden. Andererseits machen unverschämte Anfragen selbst von kleinen Sternchen am Himmel der Social-Media-Stars Negativschlagzeilen. So platzte einem irischen Hotelier der Kragen, als eine junge Frau kürzlich unverfroren um mehrere kostenlose Übernachtungen bat und im Gegenzug werbende Beiträge in sozialen Netzwerken versprach.

Dennoch lassen sich Firmen nicht abschrecken. Sie wollen junge Blogger für ihre Kampagnen einbinden. Denn die Werbebotschafter haben oft sechs- oder siebenstellige Fanzahlen für ihre Youtube-Kanäle, Blogs oder Instagram-Accounts. Junge Menschen unter 30 Jahren surfen lieber durchs Internet, als sich auf klassische Medien wie TV, Radio und Print zu beschränken. Facebook statt Tagesschau, Spotify statt Radio, Netflix statt Pro Sieben: Für die Werbeindustrie bedeutet dies ein Umdenken. Werbeformen wie Influencer-Marketing gewinnen aus diesem Grund an Bedeutung.

Moritz Garth, 22, ist einer von ihnen. Der junge Musiker spielt über seinen Youtube-Kanal seine Songs ab, erzählt Geschichten über seine Freundin Lisa-Marie, ebenfalls ein Social-Media-Star, oder filmt sich, während er Musical.ly-Videos seiner eigenen Songs ansieht. Ein problemloses Flanieren durch die bunte, immer neue Welt der sozialen Netzwerke – und circa 400.000 Abonnenten bei Youtube und 280.000 bei Instagram schauen ihm dabei zu.

Die Studie zeigt, wie sich Werbeträger wie Garth bezirzen lassen. Influencer wollen nach Ansicht der Studienautoren etwas bewirken. Dies ist zumindest der am häufigsten genannte Beweggrund, Influencer zu sein. Das Geldverdienen steht demnach erst an vierter Stelle der Motivationstreiber. Influencer sehen sich der Erhebung zufolge nicht nur als Werbekanal, sondern empfinden sich als eigenständige Marke. Die jungen Internetstars wollen „Teil des kreativen Prozesses werden und nicht mehr schlicht ein Produkt präsentieren“, heißt es in der Untersuchung.

Was bei Produktplatzierungen schief gehen kann, haben zuletzt gleich mehrere Kampagnen gezeigt. Die Waschmittelmarke Coral hatte Models, Musiker und Blogger mehr oder weniger plump mit der bunten Waschmittelflasche in Szene gesetzt. Das Ergebnis: Die Kampagne mit dem Hashtag #Coralliebtdeinekleidung erntete viel Spott in der Internetgemeinde. Ein ähnliches Schicksal erlitt kürzlich die Kampagne „Milka schmeckt wie“ aus dem Hause Mondelez. Die Kommentare im Netz: „Die Kampagne ist ohnehin platt wie ne Flunder“, „viel zu offensichtlich platziert“ oder auch „wenig Feingefühl“.

Das macht Marken und Unternehmen, die nun verstärkt auf Influencer-Marketing setzen, wenig aus. Youtuber wie Moritz Garth haben mitunter die Qual der Wahl, mit welchen Firmen sie Kooperationen eingehen. Eine seiner schönsten Markenkooperationen, so sagt er, sei die Zusammenarbeit 2017 mit der Haarpflegemarke Garnier gewesen. Die Kosmetikmarke hat beispielsweise eine „Schlacht der Superfrüchte“ („Battle of Superfruits“) organisiert – Youtuber Garth mimte dabei eine Gurke.

Gedreht wurde eine Woche lang in Miami. Die Influencer, die dazu eingeladen waren, sollten ihre eigenen Communitys mobilisieren. „Es kam einem nicht vor wie Arbeit“, schmunzelt Garth. Wichtig für den jungen Markenbotschafter: „Es war mir wichtig, dass ich nicht in meinem Content eingeschränkt werde.“ Keine Vorgabe, dass das Produkt im Bild abgebildet sein muss; keine Anweisung, wie die Posts auszusehen haben.

Die Studie zeigt: Influencer haben ein Interesse an langfristigen Kooperationen mit Marken und wollen eine Beziehung aufbauen. 68 Prozent der Befragten wären gerne echte Markenbotschafter statt lediglich reine Produktfläche. Von der aufgebauten Partnerschaft und dem dadurch entstehendem Vertrauen profitierten am Ende beide Parteien. Der Influencer kann seinem Wunsch nach kreativer Freiheit nachgehen und seine Fangemeinde, die er für seinen Kanal am besten kennt, richtig adressieren und das Produkt somit vermarkten.

Auch Youtuber Garth profitiert davon, dass er seine Zuschauer gut einschätzen kann. „Meine Community ist loyal gegenüber Produktplatzierungen – wenn es nicht zu viele sind und wenn sie matchen“, also passen, sagt er. Er ist bereits in der Position, seine Markenpartner auszuwählen, manchmal sagt er vier Angebote ab, um beim fünften dann ja zu sagen. Ein Management hat er nicht dafür beauftragt, er kümmert sich lieber selbst darum.

„Ich rede gerne mit den Marken“, sagt Garth. Dadurch könne er besser seinen eigenen Standpunkt vertreten. Viele Influencer wollen laut Studie gerne mit sogenannten „Love-Brands“ zusammenarbeiten: Begehrenswerte Marken, die im besten Fall sogar noch das Image des Youtubers oder Instagrammers aufwerten. Mehr als 40 Prozent der Befragten geben an, dass die Marke ausschlaggebend für die Entscheidung ist, ob sie ein Kooperationsangebot annehmen. Generell gilt: Die Branche mit den höchsten Ausgaben für Influencer Marketing ist die Modebranche, gefolgt von der Lebensmittelindustrie sowie Reiseanbietern.

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