
Auch wenn auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona in diesen Tagen vor allem die technischen Innovationen im Fokus stehen, kaum weniger wichtig als die direkten Umsätze der Handyhersteller und Netzausrüster, als die neuen Kundenkontakte oder Geschäftsabschlüsse, ist die Diskussion um die ökonomische Bedeutung der Mobilfunkindustrie.
Und so präsentieren Berater und Manager am Rande der Messe komplexe Kalkulationen und Prognosen über Markt- und Beschäftigungspotenziale für die boomende Branche – und die Unternehmen die ihre Produkte einsetzen. Die sind, glaubt man den Berechnungen durchaus beträchtlich.





So summiert sich etwa in Deutschland die Zahl der Beschäftigten bei Mobilfunkdienstleistern, App-Entwicklern, Technikproduzenten sowie anderen Anbietern mobilkommunikations-basierender Dienste auf inzwischen rund 220.000 Menschen. Zum Vergleich, die deutsche Stahlindustrie etwa beschäftigte 2013 bundesweit mit nur noch rund 98.000 Mitarbeitern nicht einmal mehr halb so viele Arbeitnehmer, wie die Unternehmen des Mobilfunk-Ökosystems.
Parallel dazu trägt die Mobilfunk-Branche, mit einem Branchenumsatz von rund 62 Milliarden Euro (69 Milliarden Dollar), rund 1,8 Prozent zum deutschen Bruttoinlandsprodukt bei. Bereits in fünf Jahren soll der Anteil sogar schon 3 Prozent erreichen.
Die Daten stammen aus einer aktuellen Studie der Boston Consulting Group (BCG). Die Unternehmensberatung hat sie im Vorfeld des MWC für den amerikanischen Kommunikationstechnik-Hersteller Qualcomm erstellt.
Schnelleres Wachstum, neue Arbeitsplätze
Mindestens so bemerkenswert wie Beschäftigung und volkswirtschaftliche Relevanz ist, was die Berater an ökonomischem Hebel hochgerechnet haben, den der konsequente Einsatz mobiler Kommunikationstechnik speziell für kleine und mittlere Unternehmen entfalten kann. Dabei haben die Experten exemplarisch untersucht, um wie viel schneller Unternehmen wachsen, respektive wie viel mehr neue Arbeitsplätze sie schaffen, wenn sie mobilfunkbasierte Technik bestmöglich einsetzen.
„Die Spanne der Möglichkeiten reicht vom optimierten Einsatz von Service- und Außendienstkräften über vernetzte Kommunikationssysteme bis zur digitalisierten Prozessteuerung mithilfe funkgestützter Maschine-zu-Maschine-Kommunikation“, sagt Wolfgang Bock, Senior Partner bei BCG und globaler Chef der Telekommunikations-Beratungssparte. „Dazu kommen aber auch Potenziale, etwa durch den Einsatz mobiler Applikationen im Handel. Es gibt kaum ein Geschäftssegment, das nicht mithilfe mobiler Technologien zusätzliche Impulse bekommen könnte.“
Die Themen des MWC
Samsung wird in Barcelona voraussichtlich sein neues Top-Smartphone präsentieren, das es mit Apples iPhone 6 aufnehmen soll. Aber auch andere Anbieter wie LG oder die chinesischen Rivalen Lenovo, Huawei und ZTE dürften mit frischen Modellen antreten.
Schon im vergangenen Jahr gab es in Barcelona unter anderem die Zahnbürste mit Internet-Anbindung, jetzt werden noch viel mehr vernetzte Geräte bis hin zu Autos zu sehen sein. Diese Vernetzung gilt als Grundlage für viele neue Geschäftsmodelle.
Die Geräteklasse der Mini-Computer, die man am Körper trägt, wächst schnell. Neben Fitness-Armbändern gibt es vor allem immer mehr Computer-Uhren. Ein Diskussionsthema ist der Umgang mit zum Teil sehr persönlichen Daten, die dabei entstehen.
Mit der wachsenden Smartphone-Nutzung und dem Internet der Dinge werden auch schnellere und leistungsstärkere Netze benötigt. Abhilfe soll der neue Datenfunk-Standard 5G schaffen. An seiner Ausgestaltung wird noch gearbeitet.
Nach Barcelona kommt zum zweiten Mal Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der für sein Projekt Internet.org wirbt. Es soll günstige Online-Anschlüsse in Entwicklungsländern fördern, die Mobilfunk-Anbieter waren bisher skeptisch.
Wie weit in den Kalkulationen technologisch führende Unternehmen kleiner und mittlerer Größe und solche auseinander liegen, die beim Einsatz von mobilen Kommunikationssystemen zurück hängen, ist bemerkenswert: Nach BCG-Berechnungen haben die besonders innovativen Firmen in Deutschland im Zeitraum von 2011 bis 2013 mehr als zweieinhalbmal stärker beim Umsatz zugelegt als die Nachzügler. Zugleich haben die mobilen Vorreiter viereinhalb Mal mehr neue Arbeitsplätze geschaffen.
Wenig "mobile Vorreiter"
Allerdings zählen bundesweit nach BCG-Kalkulation nur etwa 14 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen zu den „mobilen Vorreitern“. Das lässt reichlich Wachstumsmöglichkeit für die weniger innovativen Vertreter dieses Wirtschaftssegments. Hochgerechnet auf alle kleinen und mittelgroßen Unternehmen summiere sich das Umsatz- und Beschäftigungspotenzial auf bis zu 600.000 zusätzliche Arbeitsplätze und immerhin knapp 36 Milliarden Euro (40 Milliarden Dollar).
Zahlen und Fakten zum Smartphone-Markt
Im vergangenen Jahr wurden rund 1,3 Milliarden Smartphones verkauft. Laut dem Marktforscher IDC war das ein Plus von 27,6 Prozent. Die Marke von einer Milliarde war erst 2013 geknackt worden.
Samsung und Apple lieferten sich im Weihnachtsquartal ein Kopf-An-Kopf-Rennen um den Spitzenplatz beim Absatz mit rund 75 Millionen verkauften Smartphones.
Die teureren iPhones (Durchschnittpreis zuletzt 687 Dollar) machen Apple mit Abstand zum profitabelsten Anbieter.
Im gesamten Jahr 2014 verkaufte Samsung klar die meisten Smartphones mit einem Marktanteil von rund 25 Prozent. Das war allerdings ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 31 Prozent 2013. Apple liegt bei rund 15 Prozent der weltweiten Verkäufe.
Zur weltweiten Nummer drei im Smartphone-Markt wurde mit dem Kauf des Handy-Pioniers Motorola der weltgrößte PC-Hersteller Lenovo. Die Chinesen erreichten zuletzt einen Marktanteil von 6,6 Prozent.
Smartphones machen inzwischen mehr als zwei Drittel des gesamten Handy-Marktes aus.
Das Google-Betriebssystem Android und die iOS-Plattform füllen zusammen mehr als 90 Prozent des weltweiten Smartphones-Marktes aus. Entsprechend wenig Platz bleibt für die Anbieter anderer Systeme.
„Unter optimalen Bedingungen wohlgemerkt“, betont BCG-Branchenspezialist Bock. „Denn natürlich spielen da auch andere Größen hinein – wie die Verfügbarkeit von entsprechend qualifizierten Arbeitskräften.“ Aber auch die Frage, ob etwa das für innovative Mobilfunkdienste benötigte Funkspektrum überhaupt verfügbar sei, bestimme, inwieweit sich aus dem Geschäftspotenzial dass die mobilen Technologien böten, auch tatsächlich reale Umsätze und Jobs würden, so Bock. Es sei wichtig, dass die Regierung die digitale Agenda tatkräftig vorantreibe.
Und auch darüber, soviel ist klar, wird in Barcelona in diesen Tagen auf und abseits der Messestände vehement diskutiert werden.