SXSW Tag 4 Von bionischen Menschen und sprechender Zukunft

Auf der South by Southwest wird an der Zukunft gebastelt: Der Mensch soll mit dem Computer verschmelzen und die Sprache das Smartphone ablösen.

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Die IT-Branche setzt mehr auf Sprachsteuerung. Quelle: dpa

Die Thesen des vierten Tages auf der Digitalmesse South by Southwest in Austin:

  • Der Mensch verschmilzt mit der Maschine
  • Apple will im Journalismus wachsen
  • Unterhaltungen mit Maschinen

Der bionische Mensch entsteht

Es ist eine dieser Vorträge auf der SXSW, die nicht unbedingt den zentralsten aller Räume erhalten. Man muss ein wenig danach suchen, findet ihn aber dank der langen Schlange die schon weit vor dem Eingang beginnt. Es ist eins dieser Themen, für die es sich lohnt, auch einmal abseits von den klassischen Tech-Themen im Veranstaltungskalender zu suchen. Es geht um die Zukunft der Prothetik.

Dafür sitzen drei Experten auf der Bühne, die es wissen müssen: Zum einen ist da Aimee Mullins. Geboren mit einem genetischen Defekt, entschieden die Ärzte, dass ihr im Alter von gerade mal einem Jahr die Beine amputiert werden müssten. Mullins schaffte als erster Mensch drei Leichtathletik-Weltrekorde auf Carbon-Springfedern und arbeitete als Model, unter anderem für den weltweit gefeierten Alexander McQueen.

Mullins erzählt davon, wie schrecklich Prothesen früher einmal gewesen seien. Bei einem Besuch bei Madame Tussauds in London habe sie die lebensechten Nachbildungen von Prominenten gesehen und gedacht, dass sie sich wohl bisher mit den falschen Leuten unterhalten hätte.

Einer der das gut nachvollziehen kann ist Hans Georg Näder, Chef des deutschen Unternehmens Ottobock, Weltmarktführer in der technischen Orthopädie. Näder glaubt an die revolutionären Möglichkeiten von Technologie in diesem Bereich und die Verschmelzung von Mensch und Maschine. Solange man dabei nicht den Respekt vor der Natur verliert, sagt der deutsche Unternehmenslenker auf der Bühne. Und gibt schmunzelnd zu bedenken, dass wir doch mit unseren Smartphones schon heute eine Art Cyborg seien.

Ottobock arbeitet mit dem dritten Vortragsredner zusammen, Hugh Herr, Professor und Co-Direktor am MIT Center for Extreme Bionics. Herr forscht an Zukunftsmöglichkeiten. Er verlor mit 17 Jahren beide Beine. Damals sagten die Ärzte ihm, dass er niemals mehr werde Klettern können. Er bewies ihnen das Gegenteil und arbeitet heute zum Beispiel daran, Menschen mit Prothesen durch eine künstliche Stimulation der Muskeln ein Gefühl für ihre neuen Gliedmaßen zu vermitteln. Wer das Panel verließ, hatte das Gefühl gerade in der Zukunft angekommen zu sein. (Johannes Steger)

Apple wirbt um Medienunternehmen

Apple nutzte das Versagen der Konkurrenz im Kampf gegen Fake-News und die Unzufriedenheit von Medienunternehmern, um sich als Alternative in Szene zu setzen. Software-Chef Eddie Cue warb auf der Bühne für die eigene Nachrichten-App Apple News und ausgeruhten Journalismus. „Wir unterstützen Qualitätsjournalismus von glaubhaften Quellen“, sagte er. Auf die Frage, ob Facebook und Twitter genug gegen die Verbreitung von Falschnachrichten unternähmen, erklärte er: „Wer eine riesige Plattform besitzt, hat große Verantwortung.“

Im Mediengeschäft wird Apple immer mehr zur festen Größe. Der amerikanische TV-Sender CNN erhalte 60 Prozent seiner Lesezugriffe via Apple News, wie Cue erklärte. Der „Washington Post“ strömen laut ihres Produktmanagers Shailesh Prakash durch Apple News täglich hunderte neue Abonnenten zu, berichtet „The Information“. (Britta Weddeling)

Der Siegeszug der Sprachassistenten

Geht es nach den Vor- und Nachdenkern der South by Southwest, dann gehört die Zukunft der Sprachsteuerung. Denn statt eines Displays, von dem wir heute noch Dinge von Smartphone oder Tablet ablesen, wird es die Sprache sein, die unseren Alltag bestimmt. Unsere technologischen Gesprächspartner dürften dabei Namen wie Alexa, Siri oder Bixby tragen und alle unsere Wünsche und Aufgaben gewissenhaft erfüllen und erledigen.

Noch sind die oft überfordert mit komplexeren Anfragen. Das soll sich ändern: Große Summen an Kapital fließen derzeit in die Forschung, um die Künstliche Intelligenz hinter Sprachassistenten in die Lage zu versetzen, mehr Wörter zu kennen und sie in die unterschiedlichen Gebrauchskontexte zu versetzen.

Damit gehen spannende Fragen einher: Werden wir statt eines Smartphones einen Sprachassistenten mit uns rumtragen? Und wie müssen sich Apps verändern, damit sie durch Sprache erlebbar werden? Wird das Sprachdesign die neue Kunst in der Markenkommunikation? Auch die bekannten Chatbots sollen in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Vor einem Panel sprachen dann auch zwei Teilnehmer darüber, ob sie in Zukunft eigentlich noch eine Homepage bräuchten, wenn doch sowieso bald alles durch Sprache erreicht würde.

Einen interessanten Einblick in das Leben von Chatbots gab ein Entwickler: Die meisten Bilder, die Menschen an Chatbots schickten, wären Selfies – in der Hoffnung auf eine passende Antwort. Hoffentlich eine höfliche. (Johannes Steger)

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