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Telekom-Chef Höttges "Die digitale Würde ist unantastbar"

Der Chef der Deutschen Telekom sagt Google den Kampf an und schwört auf einen Führungsstil, der auch Fehler erlaubt.

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Telekom-Chef Höttges im Kampf gegen Google Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Herr Höttges, kurz nach Ihrem Amtsantritt als Chef der Deutschen Telekom Anfang 2014 erklärten Sie beim ersten Auftritt vor Mitarbeitern, Sie habe das Buch „Good to great“ von Jim Collins besonders inspiriert. Was hat Sie an der US-Management-Bibel so fasziniert?

Zuerst die Klarheit, mit der Collins die Erfolgsmodelle bei der Führung herausragender Unternehmen dargestellt hat. Und dann natürlich die Erfolgsrezepte. Zum Beispiel: Probleme ehrlich ansprechen! Mitarbeiter und  Öffentlichkeit mit der Realität konfrontieren! Das ist die Ausgangslage, um einen Dialog zu starten und die Veränderungsbereitschaft zu wecken. Oder: Wenn etwas gut läuft, schau aus dem Fenster und frage Dich, warum Du so viel Glück gehabt hast! Und schau in den Spiegel, wenn etwas schlecht gelaufen ist! Menschen und unter diesen natürlich auch Manager neigen dazu, es genau umgekehrt zu tun.

Telekom Vorstandsvorsitzender

Collins hat in seinem Buch auch vier Charaktereigenschaften eines Vorstandschefs in einem herausragenden Unternehmen beschrieben: Bescheiden, zurückhaltend, willensstark und furchtlos. Als bescheiden und zurückhaltend gelten Sie nicht gerade?

Die Frage ist, wie man Bescheidenheit definiert. Wenn man den Anspruch meint, den ich an mich und das Unternehmen stelle, dann ist der sicher nicht bescheiden. Aber das ist hier nicht gemeint. Bescheiden heißt hier: nicht prahlen und sich nicht brüsten. Ich bin der Meinung, dass wir zur Zeit als Unternehmen sehr viel Glück haben. Ich bin jedenfalls nicht überzeugt, heute schon ein herausragender Vorstandsvorsitzender zu sein. Aber ich möchte das sicherlich einmal sein oder so gesehen werden, daran arbeite ich hart.

Die zweite Regel von Collins lautet: Erst die richtigen Leute finden, dann die Strategie des Unternehmens neu ausrichten.

Das ist meine Managementphilosophie, die ich befolge: Erst wer, dann was. Bei mir kommt noch eine deutsche Regel dazu: das Baustellenprinzip. Wer schon viele Baustellen hat, dem muss man nicht noch zusätzliche aufbürden, sonst ist die Gefahr groß, dass etwas runterfällt. Besser ist doch, dass der mit weniger Baustellen eine weitere übernimmt - auch wenn er auf den ersten Blick vielleicht nicht der logischste Kandidat ist. Wir müssen lernen, Teams zusammenzustellen, deren Mitglieder nicht automatisch aus dem zuständigen Ressort kommen. Das bricht Silos auf und bringt die Teams viel besser zusammen.

Was sollen wir uns darunter vorstellen?

Wir haben gerade erst so eine Entscheidung getroffen. Wir wollen Security, also Datensicherheit, als Produkt viel stärker vermarkten. Die Nachfrage nach Sicherheitslösungen wächst derzeit im zweistelligen Prozentbereich. Intern sind wir aber sehr fragmentiert organisiert. Fast 1500 Menschen arbeiten an verschiedenen Stellen an diesem Thema, unter anderem bei unserer IT-Tochter T-Systems, bei der Telekom Deutschland und auch in unserer eigenen Sicherheitsabteilung . Wir haben entschieden, sie alle in einem neuen Geschäftsbereich zu bündeln. Den verantwortet Markus Müller, der für die IT im Konzern zuständig ist. Natürlich hätten den Job auch unser IT-Vorstand Reinhard Clemens oder Datenschutz-Vorstand Thomas Kremer machen können, aber um im Bild zu bleiben, arbeiten die schon an genug Baustellen. Die jetzt getroffene Lösung hat den Vorteil, dass wir IT- und Sicherheitsexperten enger zusammenbringen.

Die zehn umsatzstärksten Telekomkonzerne der Welt

Ist Datenschutz und -sicherheit das neue große Geschäft für die Deutsche Telekom?

Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für die digitale Gesellschaft. Dass wir unsere Kunden immer schützen, ist ein ganz wichtiges Attribut unserer Marke und gleichzeitig Teil unserer Identität. Das T steht bei uns auch für Trust, für Vertrauen...

...ein netter Werbespruch.

 Das ist für uns mehr. Daraus entwickelt sich eine Nachfrage, aus der wir ein Geschäft machen wollen. Wir nehmen die Lösungen, die wir nutzen, um uns selbst zu schützen, und bieten sie Dritten an. Die Sicherheit beginnt im Netz und in unseren Rechenzentren und beim Umgang mit personenbezogenen Datum.

Die hohen Datenschutzstandards in Deutschland gelten manchen als Hemmnis für Innovationen und Fortschritt. Wollen Sie damit jetzt gegen Ihre globalen Konkurrenten punkten?

Ohne die Fähigkeit, Daten in Echtzeit zu analysieren, gibt es keinen Mehrwert für die Digitalisierung. Wir dürfen deshalb nicht ängstlich auf solche Datenanalysen schauen – bei allem Verständnis für die berechtigte Sensibiltät -, sondern sollten das als Chance sehen für Europa, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.  Oder wollen wir das Feld amerikanischen Software-Giganten überlassen? Wir müssen einen europäischen Weg finden, um die vielen innovativen Möglichkeiten der Datennutzung auszuschöpfen, ohne dabei die berechtigten Interessen eines jeden Einzelnen außer Acht zu lassen. Allerdings brauchen wir strenge und einheitliche Regeln: Das amerikanische Modell unterscheidet sich fundamental vom europäischen. In den USA ist alles, was nicht explizit verboten ist, erlaubt, in Europa ist es genau umgekehrt.

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