
Herr Höttges, kurz nach Ihrem Amtsantritt als Chef der Deutschen Telekom Anfang 2014 erklärten Sie beim ersten Auftritt vor Mitarbeitern, Sie habe das Buch „Good to great“ von Jim Collins besonders inspiriert. Was hat Sie an der US-Management-Bibel so fasziniert?
Zuerst die Klarheit, mit der Collins die Erfolgsmodelle bei der Führung herausragender Unternehmen dargestellt hat. Und dann natürlich die Erfolgsrezepte. Zum Beispiel: Probleme ehrlich ansprechen! Mitarbeiter und Öffentlichkeit mit der Realität konfrontieren! Das ist die Ausgangslage, um einen Dialog zu starten und die Veränderungsbereitschaft zu wecken. Oder: Wenn etwas gut läuft, schau aus dem Fenster und frage Dich, warum Du so viel Glück gehabt hast! Und schau in den Spiegel, wenn etwas schlecht gelaufen ist! Menschen und unter diesen natürlich auch Manager neigen dazu, es genau umgekehrt zu tun.
Telekom Vorstandsvorsitzender
Höttges, 52, ist seit dem 1. Januar 2014 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom. Zuvor zeichnete der Betriebswirt im Konzernvorstand für die Finanzen und das Breitband-/ Festnetzgeschäft verantwortlich.
Collins hat in seinem Buch auch vier Charaktereigenschaften eines Vorstandschefs in einem herausragenden Unternehmen beschrieben: Bescheiden, zurückhaltend, willensstark und furchtlos. Als bescheiden und zurückhaltend gelten Sie nicht gerade?
Die Frage ist, wie man Bescheidenheit definiert. Wenn man den Anspruch meint, den ich an mich und das Unternehmen stelle, dann ist der sicher nicht bescheiden. Aber das ist hier nicht gemeint. Bescheiden heißt hier: nicht prahlen und sich nicht brüsten. Ich bin der Meinung, dass wir zur Zeit als Unternehmen sehr viel Glück haben. Ich bin jedenfalls nicht überzeugt, heute schon ein herausragender Vorstandsvorsitzender zu sein. Aber ich möchte das sicherlich einmal sein oder so gesehen werden, daran arbeite ich hart.
Die zweite Regel von Collins lautet: Erst die richtigen Leute finden, dann die Strategie des Unternehmens neu ausrichten.
Das ist meine Managementphilosophie, die ich befolge: Erst wer, dann was. Bei mir kommt noch eine deutsche Regel dazu: das Baustellenprinzip. Wer schon viele Baustellen hat, dem muss man nicht noch zusätzliche aufbürden, sonst ist die Gefahr groß, dass etwas runterfällt. Besser ist doch, dass der mit weniger Baustellen eine weitere übernimmt - auch wenn er auf den ersten Blick vielleicht nicht der logischste Kandidat ist. Wir müssen lernen, Teams zusammenzustellen, deren Mitglieder nicht automatisch aus dem zuständigen Ressort kommen. Das bricht Silos auf und bringt die Teams viel besser zusammen.
Was sollen wir uns darunter vorstellen?
Wir haben gerade erst so eine Entscheidung getroffen. Wir wollen Security, also Datensicherheit, als Produkt viel stärker vermarkten. Die Nachfrage nach Sicherheitslösungen wächst derzeit im zweistelligen Prozentbereich. Intern sind wir aber sehr fragmentiert organisiert. Fast 1500 Menschen arbeiten an verschiedenen Stellen an diesem Thema, unter anderem bei unserer IT-Tochter T-Systems, bei der Telekom Deutschland und auch in unserer eigenen Sicherheitsabteilung . Wir haben entschieden, sie alle in einem neuen Geschäftsbereich zu bündeln. Den verantwortet Markus Müller, der für die IT im Konzern zuständig ist. Natürlich hätten den Job auch unser IT-Vorstand Reinhard Clemens oder Datenschutz-Vorstand Thomas Kremer machen können, aber um im Bild zu bleiben, arbeiten die schon an genug Baustellen. Die jetzt getroffene Lösung hat den Vorteil, dass wir IT- und Sicherheitsexperten enger zusammenbringen.
Die zehn umsatzstärksten Telekomkonzerne der Welt
AT&T (USA)
Der US-amerikanische Telekommunikationskonzern AT&T Inc. war aufgrund seiner Monopolstellung in den USA und Kanada lange Zeit die größte Telefongesellschaft und Kabelfernsehbetreiber der Welt.
Umsatz: 100 Mrd. Dollar
Umsatz 2014, Werte gerundet; Quelle: Bloomberg
Verizon (USA)
Das US-amerikanisches Telekommunikationsunternehmen Verizon Communications mit Hauptsitz in New York landet mit 96 Milliarden Dollar Umsatz im Geschäftsjahr 2014 auf Platz 2.
Umsatz: 96 Mrd. Dollar
NTT (Japan)
Die Nippon Telegraph and Telefone Corporation (NTT) ist in Japan der Marktführer unter den Telekommunikationsunternehmen. Mit 81 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2014 ist das Unternehmen der drittumsatzstärkste Telekommunikationskonzern der Welt.
Umsatz: 81 Mrd. Dollar
China Mobile (China)
Nach Kundenzahl ist China Mobile Ltd. ist mit mehr als 815 Millionen Kunden (Stand: erstes Quartal 2015, eigene Angaben) der weltweit größte Mobilfunkanbieter der Welt. Im Geschäftsjahr 2014 erwirtschaftete das chinesische Unternehmen rund 79 Milliarden Dollar und landet damit auf Platz 4.
Umsatz: 79 Mrd. Dollar
Deutsche Telekom (Deutschland)
Die Deutsche Telekom AG ist eines der größten europäischen Telekommunikationsunternehmen. Mit über 150,5 Millionen Kunden (Stand: 2014, eigene Angaben) ist der Mobilfunk der größte Unternehmensbereich. Außerhalb Deutschlands bietet der Konzern Mobilfunkdienste in den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Österreich, Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Griechenland, Rumänien und Polen an.
Umsatz: 63 Mrd. Dollar
Telefónica (Spanien)
Das global agierende Telekommunikationsunternehmen Telefónica S.A. ist vorwiegend in Europa und Lateinamerika tätig, wo der Konzern vorwiegend unter der Marke Movistar auftritt. In Europa (außerhalb Spaniens) agiert Telefónica vor allem als O2. Auf dem spanischen Heimatmarkt und in Lateinamerika ist der Konzern Marktführer.
Umsatz: 50 Mrd. Dollar
Softbank
Die Softbank K.K. ist ein führender japanischer Telekommunikations- und Medienkonzern. Das Unternehmen ist vor allem im Bereich Telekommunikation tätig und verkauft damit einhergehend auch Mobilfunkgeräte und –Zubehör. Zum breiten Portfolio zählen aber auch die Entwicklung und Vermarktung von Online-Spielen, verschiedenen Internetdienstleistungen sowie Breitband-Technologien oder E-Commerce.
Umsatz: 50 Mrd. Euro
Vodafone (Großbritannien)
Die Vodafone Group (ein Akronym aus voice, data und fone) ist ein international agierendes, britisches Mobilfunkunternehmen mit Hauptsitz in Newbury (Berkshire). Der Konzern ist auf fast allen europäischen Märkten präsent und erzielte einen Umsatz von 45 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2014.
Umsatz: 45 Mrd. Dollar
América Móvil (Mexiko)
Das mexikanische Unternehmen mit Firmensitz in Mexiko-City ist mit 289 Millionen Kunden (Stand: viertes Quartal 2014, eigene Angaben) der größte Mobilfunkanbieter in Lateinamerika. Mit insgesamt 48 Milliarden Dollar Umsatz landet es weltweit auf Platz 8.
Umsatz: 48 Mrd. Dollar
China Telecom
China Telecom Corp. Ltd. war einst ein staatseigener Monopolbetrieb und ist heute der größte Telekommunikationsanbieter in China. Mit 40 Milliarden Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2014 landet die China Telecom auf Platz 10.
Umsatz: 40 Mrd. Euro
Ist Datenschutz und -sicherheit das neue große Geschäft für die Deutsche Telekom?
Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für die digitale Gesellschaft. Dass wir unsere Kunden immer schützen, ist ein ganz wichtiges Attribut unserer Marke und gleichzeitig Teil unserer Identität. Das T steht bei uns auch für Trust, für Vertrauen...
...ein netter Werbespruch.
Das ist für uns mehr. Daraus entwickelt sich eine Nachfrage, aus der wir ein Geschäft machen wollen. Wir nehmen die Lösungen, die wir nutzen, um uns selbst zu schützen, und bieten sie Dritten an. Die Sicherheit beginnt im Netz und in unseren Rechenzentren und beim Umgang mit personenbezogenen Datum.
Die hohen Datenschutzstandards in Deutschland gelten manchen als Hemmnis für Innovationen und Fortschritt. Wollen Sie damit jetzt gegen Ihre globalen Konkurrenten punkten?
Ohne die Fähigkeit, Daten in Echtzeit zu analysieren, gibt es keinen Mehrwert für die Digitalisierung. Wir dürfen deshalb nicht ängstlich auf solche Datenanalysen schauen – bei allem Verständnis für die berechtigte Sensibiltät -, sondern sollten das als Chance sehen für Europa, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Oder wollen wir das Feld amerikanischen Software-Giganten überlassen? Wir müssen einen europäischen Weg finden, um die vielen innovativen Möglichkeiten der Datennutzung auszuschöpfen, ohne dabei die berechtigten Interessen eines jeden Einzelnen außer Acht zu lassen. Allerdings brauchen wir strenge und einheitliche Regeln: Das amerikanische Modell unterscheidet sich fundamental vom europäischen. In den USA ist alles, was nicht explizit verboten ist, erlaubt, in Europa ist es genau umgekehrt.