Telekom-Chef Höttges „Die Telekomer wollen führend sein“

Bei der Aktionärsversammlung der Deutschen Telekom in Köln redet Timotheus Höttges nicht nur über Zahlen. Der Konzernchef legt Wert auf eine klare Haltung – und zwar in allem.

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„Wir wollen das führende Unternehmen für Telekommunikation sein“, sagt Timotheus Höttges. Quelle: dpa

Köln Timotheus Höttges möchte am Mittwochvormittag über Haltung sprechen. Ihm blicken knapp 2.000 Augenpaare zunächst regungslos entgegen. Es ist Hauptversammlung der Deutschen Telekom in Köln. Er will mit den anwesenden Aktionäre nicht nur über Zahlen sprechen, sondern die Haltung dahinter. „Was uns als Telekom leitet“, beschreibt der Vorstandsvorsitzende den Gedanken und erklärt später: „Wir wollen das führende Unternehmen für Telekommunikation sein.“ Diesen Satz hat er schon oft gesagt, allerdings sonst verbunden mit der Einschränkung, führend in Europa zu sein. Doch heute fügt er hinzu: „In allem, was wir tun.“ Alles ist viel.

Damit meint der Ex-Finanzchef natürlich auch Bilanzkennziffern: Der Umsatz sei im vergangenen Geschäftsjahr um 5,6 Prozent auf rund 73 Milliarden Euro gestiegen. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen um 7,6 Prozent auf 21,4 Milliarden Euro, der Free Cashflow um 8,6 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro.

Aber Haltung hat für Höttges auch etwas mit der Einhaltung von Versprechen zu tun – und zwar einem, das die Aktionäre wahrscheinlich am meisten interessiert. Er hat 2015 versprochen, dass die Dividende jedes Jahr steigen soll. So auch in diesem Jahr, von 55 Cent auf 60 Cent pro Aktie.

Aber Timotheus Höttges wäre wahrscheinlich immer noch Finanzchef und nicht Vorstandsvorsitzender, wenn er mit Haltung nicht auch Visionen für die Zukunft meinen würde. Mit Stolz spricht er zunächst vom bereits Erreichten, Preise für das Netz, den Service, Geschäftskunden. Diese seien „Ausdruck der richtigen Haltung.“ Und wieder fügt er den Satz an „Die Telekomer wollen führend sein.“ Das entfalte Kraft.

Mit dieser Kraft will er Deutschland mit schnelleren Bandbreiten versorgen. Die wird die Telekom auch brauchen. Der Konzern hat der Bundesregierung versprochen, dass er 80 Prozent der Haushalte in Deutschland in den kommenden zwei Jahren mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgen wird. Das ist teuer für die Telekom, vergangenes Jahr investierte sie in der Bundesrepublik bereits rund vier Milliarden Euro. Dieses Jahr wird es mindestens genau so viel.

Diese Kraft braucht die Telekom auch im Europa-Geschäft. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) fiel innerhalb eines Jahres um rund die Hälfte auf 717 Millionen Euro, die Marge von 11,3 auf 5,6 Prozent. Gleichzeitig erhöhten sich die Investitionen um mehr als eine Milliarde auf 2,7 Milliarden Euro.

Das ist der Moment, in dem Höttges nicht generell über Haltung spricht, sondern um eine Person: Srini Gopalan. Seit Anfang des Jahres ist er neuer Vorstand für Europa. Höttges erklärt, seine Haltung sei: „Auch das Segment Europa muss wieder wachsen.“ Hätte er eine andere Haltung, wäre diese wahrscheinlich schwieriger zu argumentieren. Später wird Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung Wertpapierpapierbesitz ihm eine „Mammutaufgabe“ bescheinigen und ihn darum bitten „Bitte bohren Sie tief und bitte bohren schnell.“

Wie schnell und wie tief derzeit bei der US-Tochter gebohrt wird, will Höttges nicht im Detail erklären. Seit in den USA eine wichtige Spektrumauktion im Frühling beendet wurde, wird heftig darüber diskutiert, ob und wenn ja wann, T-Mobile US nun mit dem Wettbewerber Sprint fusioniert. Weil solche Gespräche für den Zeitraum der Auktion verboten waren, war es knapp ein Jahr ruhiger um dieses Thema geworden.

Nun sagt Höttges auch beim Portfolio sei „unsere Haltung eindeutig.“ Man wolle Wert schaffen und das würde besonders gut in den USA gelingen. Es gebe inzwischen eine starke Brücke über den Atlantik, „mit tragenden Säulen auf beiden Kontinenten.“ Es gebe viele Möglichkeiten, erklärt er weiter. Später wird er Spekulationen noch einmal deutlich ablehnen und erklären, man habe alle Zeit der Welt.


„Die Telekom ist bodenständig und anständig“

Ganz so viel Zeit wird das Management-Team von T-Systems wahrscheinlich nicht haben. Das Segment hat es vergangenes Jahr nicht geschafft, einen positiven Cash-Beitrag zu liefern, wie vom Vorstandsvorsitzenden gefordert. Das hat den verärgert, aber er glaubt an sein Team, es gebe einen Plan, sagt er. Denn: „Wir helfen, die deutsche Wirtschaft zu digitalisieren.“ So klingen Zukunftsvisionen.

Keine Vision ohne ambitionierten Fahrplan: „Die Digitalisierung ist nicht die Kür für morgen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende bestimmt. „Sie ist das Muss von heute.“ Es gehe schließlich um unseren Titel als Exportweltmeister. Und weil der Mittelstand sich noch schwertue, „helfen wir.“

Natürlich verfüge die Telekom über ein breites Portfolio um sich bereits heute dieser Aufgabe anzunehmen: ein großes Rechenzentrum, Produkte für die Datensicherheit und ein weltweites Netz für die Industrie 4.0 sind da Beispiele. Ein Entwicklungszentrum in Israel ein anderes. „Kennen Sie ein Unternehmen in Deutschland, das sich so sehr um die globale Vernetzung unserer Gesellschaft kümmert?“, fragt er, zunächst rhetorisch natürlich, schließlich ist es eine Rede auf einer großen Bühne bei einer Hauptversammlung.

Zum Schluss ist es Höttges aber noch wichtig, auf eines hinzuweisen: Haltung umfasse mehr als das reine Geschäft. „Die Telekom ist bodenständig und anständig“, sagt er und spricht von Verlässlichkeit, kontroverse Diskussionen, Respekt, Wertschätzung, Chancen und Leistungen anzuerkennen.

Letzteres soll natürlich auch den nicht ausschließen, der im täglichen Geschäft in letzter Instanz dazu da ist, die Leistungen anderer zu bewerten. Im Namen aller Aktionäre spricht der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Lehner Timotheus Höttges seinen Dank aus. Freundlicher Applaus brandet auf.

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