Telekom-Deutschlandchef Srini Gopalan „Mit Tiefbau allein werden wir nicht das Optimum erreichen“

Telekom-Deutschlandchef Srini Gopalan denkt über Preiserhöhungen nach. Quelle: PR

Die Deutsche Telekom schließt Preiserhöhungen nicht aus, um die Inflation beim Netzausbau abzufedern. Deutschlandchef Srini Gopalan, potentieller Nachfolger von CEO Tim Höttges, plädiert deshalb bei der Regierung für Steuererleichterungen und Zulassung billigerer Ausbautechnologien.

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WirtschaftsWoche: Herr Gopalan, wird die Deutsche Telekom ihre Preise erhöhen aufgrund der gestiegenen Energiekosten?
Srini Gopalan: Wir sind auf die höheren Energiekosten besser vorbereitet als alle unsere Wettbewerber. Große Teile unseres Energiebedarfs für 2023 und 2024 sind mit Terminkontrakten zu guten Preisen abgesichert. Trotzdem spüren wir die Inflation heftig, insbesondere beim Ausbau der Glasfaser. Der Tiefbau kostet jetzt zwischen fünf und 20 Prozent mehr, als wir kalkuliert haben. Zwar haben wir uns auch Tiefbaukapazitäten für die nächsten Jahre gesichert. Darum schaffen wir die geplante Kapazität, aber es wird teurer als geplant. Also müssen natürlich auch wir über eine Preiserhöhung nachdenken. Alle Optionen sind offen.

Wann wissen wir das?
Das ist ein stetiger Prozess, bei dem die tägliche Entwicklung der Marktsituation eine Rolle spielt. Wir fahren auf Sicht.

Trotz der steigenden Kosten wollen Sie aber mehr Glasfaser verlegen als bislang geplant?
Wir werden unsere früheren Ziele mithilfe unseres Joint Ventures Glasfaser Plus um etwa zehn Prozent übertreffen. Früher planten wir, 2024 zehn Millionen Haushalte angeschlossen zu haben, aber schon jetzt haben wir 5,2 Millionen erreicht. Schaffen wir drei Millionen im nächsten Jahr und wiederum im Jahr darauf, erreichen wir elf Millionen Haushalte. Dies hängt auch davon ab, wie schnell wir Genehmigungen für den Ausbau bekommen und ob wir deutlich mehr alternative Verlegemethoden nutzen dürfen als bislang. Mit dem klassischen Tiefbau allein werden wir nicht das Optimum erreichen. Bis 2030 wollen wir mehr als 50 Prozent der deutschen Haushalte erreicht haben, und zwar ohne Rosinen zu picken. Denn wir bauen überall, in der Stadt und auf dem Land.

Zur Person

Aber die höheren Kosten des Ausbaus wollen Sie nicht absorbieren, sondern Steuerzahler zur Kasse bitten.
Das hat mit dem Steuerzahler nichts zu tun. Auch bei der aktuellen Inflation bleibt unser geplantes Ausbauziel von 2,5 bis drei Millionen Haushalten im Jahr unverändert. Die höheren Kosten fangen wir durch mehr Effizienz und Einsparungen in anderen Geschäftsbereichen auf. Aber wir könnten sogar mehr als drei Millionen Anschlüsse schaffen – wenn wir Unterstützung kriegen. Das könnte grünes Licht der Politik für alternative Verlegungsmethoden sein – das würde unsere Kosten dramatisch senken. Oder steuerliche Hilfestellungen, wie andere Länder sie für den Ausbau gewährt haben. Eine Idee wäre, dass wir mehr der Ausbaukosten von der Steuer absetzen könnten.

Das würde weniger Steuereinnahmen für den Staat bedeuten.
Die Telekommunikationsindustrie schafft Jobs, steigert die Digitalisierung und bringt dadurch volkswirtschaftlichen Mehrwert. Ganz Deutschland profitiert vom Glasfaserausbau. Was können wir also tun, um in Teilen den Kostenanstieg zu dämpfen?

Open-RAN gilt in der westlichen Welt als Alternative zu der Technologie des umstrittenen chinesischen Anbieters Huawei. Doch hat die Telekom den Einsatz von Open-RAN bis zum Ende dieses Jahrzehnts verschoben. Funktioniert es nicht so gut wie erhofft?
Entwickelt sich das Open-RAN-Ökosystem so schnell, wie wir alle gehofft hätten? Nein. Sind wir ganz vorn dabei, es einzusetzen? Ja. Wie bei allen neuen Systemen braucht es einfach Zeit. Wir bekennen uns voll zu Open-RAN. Und wir installieren es nächstes Jahr an unseren Funktürmen. Aber es ist ganz klar noch nicht fertig.

In der Tat. Experten kritisieren: Es verbraucht mehr Energie als die heutige Technologie, die Abstimmung der Komponenten läuft nicht rund und es lässt sich noch nicht automatisiert installieren. Brauchen wir doch Huawei?
Die Open-RAN-Partner arbeiten mit Hochdruck daran, Akzeleratoren und Chips zu verbessern. Das braucht Zeit. Aber der einzige Weg, ein Ökosystem aufzubauen, ist damit wirklich anzufangen. Wer auf die perfekte Antwort wartet, kommt nie an.

Ralph Dommermuths Auftritt vor dem Beirat der Bundesnetzagentur war ein voller Erfolg  – gekonnt spielte er die Rolle des Opfers. Denn für den Chef des Mobilfunkanbieters United Internet steht einiges auf dem Spiel.
von Nele Husmann, Max Biederbeck

Die Telekom steht unter besonderem Druck: 65 Prozent ihres Antennennetzes arbeitet mit Huawei-Komponenten, und der Technologie-Konflikt zwischen China und dem Westen spitzt sich zu.
Die Telekom setzt seit langem auf eine sogenannte Multi-Vendor-Strategie. Wir kaufen also für jeden Bereich des Mobilfunknetzes bei mehreren Herstellern ein. Dabei hat die Deutsche Telekom bereits Ende 2019 entschieden, chinesische Ausrüster aus dem Mobilfunk-Kernnetz herauszunehmen.

Ihr Konkurrent O2 von Telefonica wächst in Deutschland im wertvollsten Bereich der Kundengewinnung, den Neuverträgen, schneller als die Telekom. Wie sichern Sie Ihre Stellung?
Die ist gesichert. Im letzten Quartal haben wir 368.000 Neuverträge und O2 304.000 abgeschlossen. Wir sind grundsätzlich mit unserem Neukundengeschäft zufrieden.

Wie schafft es O2, Ihnen auf den Pelz zu rücken, obwohl sie ein schlechteres Netz haben?
Das hängt davon ab, wie Sie nahekommen definieren. Es kommt auch auf den Wert dieser Kunden an. Wir erzielen pro Quartal 150 Millionen Euro mehr Umsatz als O2. Daran gemessen bleiben wir mit einem deutlichen Abstand Marktführer. Die Münchner hatten einiges an Nachholbedarf, haben aber gute Arbeit geleistet und ihre Netzqualität verbessert. Das gefällt uns, denn wir lassen uns am liebsten bei der Netzqualität messen. Und auch hier haben wir weiterhin klar die Nase vorne. Das sagen alle relevanten Zahlen. Und das bestätigte erst vergangene Woche der Test der Fachzeitschrift „Connect“. Uns wurde als erstem und einzigen Anbieter ein „überragendes“ Mobilfunknetz attestiert. Damit gewinnt die Telekom den sechsten großen Netztest des Jahres.

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