Telekom gegen Kommunen Das Ringen um den Glasfaserausbau

Beim Glasfaserausbau geht die Telekom neuerdings wieder auf Konfrontationskurs. Darunter leiden vor allem die Töchter kommunaler Stadtwerke.

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Deutsche Telekom Glasfaserkabel für Hochgeschwindigkeitsinternet Quelle: dpa Picture-Alliance

Es ist noch nicht lange her, da versöhnte sich die Deutsche Telekom mit ihren schärfsten Konkurrenten beim Thema Infrastruktur. 2012 propagierte der damalige Vorstandschef René Obermann den Schulterschluss mit den Tochtergesellschaften der kommunalen Stadtwerke beim Ausbau von superschnellen Glasfasernetzen.

In der 240.000-Einwohner-Stadt Chemnitz handelte Obermann damals den ersten Kompromiss aus: Der örtliche Energieversorger, in diesem Fall die Eins Energie in Sachsen, baut auf eigene Kosten ein Glasfasernetz für 60.000 Haushalte und bleibt auch dessen Eigentümer. Im Gegenzug mietet die Telekom diese Netze an und darf den Chemnitzer Bürgern all ihre über das Glasfasernetz transportierten Produkte (Telefonie, Internet, Fernsehen) verkaufen.

Der 1&1-Geschäftsführer Martin Witt wirft der Telekom vor, alle Grundregeln des Infrastrukturwettbewerbs zu verletzen.
von Jürgen Berke

Der Vertrag sollte als Blaupause für Kooperationen mit anderen Stadtwerken dienen. Vorteile hätten beide Seiten: Die Telekom spart Investitionen in Milliardenhöhe. Und die Kommunen bekommen schneller eine moderne Datenautobahn.

Heute, drei Jahre später, sind all die schönen Pläne wieder in der Schublade verschwunden. Timotheus Höttges hat den Kooperationskurs seines Vorgängers begraben und sucht wieder die Konfrontation. Der Telekom-Chef will nicht nur die alleinige Kontrolle über die gesamte Netzinfrastruktur bekommen. Er greift auch bereits existierende alternative Infrastrukturen seiner Konkurrenten an.

Die Internet-Anschlüsse der deutschen Haushalte

Abriss bestehender Verbindungen

Die vorwiegend kommunalen Energieversorger, die viele Städte längst mit superschnellen Glasfaseranschlüssen versorgen, sollen nun einen Teil ihrer Verbindungen wieder abreißen. Das sieht ein Plan vor, den die Telekom vergangene Woche der Bundesnetzagentur vorlegte.

Die Behörde kann das genehmigen im Interesse eines schnelleren Netzausbaus. Damit würden jedoch ausgerechnet die oft staatlich kontrollierten Regionalanbieter unter dem Konfrontationskurs der ebenfalls staatlich dominierten Telekom mit dem Bund als Großaktionär (34 Prozent) leiden.

Die hartnäckigen Wettbewerber der Telekom

Ziel der Telekom ist es, aus ihren alten Telefonleitungen höhere Geschwindigkeiten herauszupressen. Dazu beschleunigt sie den DSL-Anschluss durch den verstärkten Einsatz von Glasfasern im Ortsnetz und Turbotechniken wie dem sogenannten VDSL-Vectoring in den Verteilerschränken – die grauen Kästen am Straßenrand – auf 100 Megabit pro Sekunde.

Der neue Turbo funktioniert allerdings nur störungsfrei, wenn es einen einzigen Anbieter gibt. In vielen Orten haben aber die Stadtwerke-Töchter schon eigene Glasfasernetze gebaut.

Anbieter wie Netcologne in Köln, M-Net in München oder Ewetel im Nordwesten Niedersachsens verlegen die Glasfaserleitungen meist gleich bis in die Häuser, setzen aber in kleineren Städten – quasi als Übergangslösung bis zum endgültigen Ausbau – auch die VDSL-Technik ein.

Aus diesen Ortsvermittlungsstellen will die Telekom jetzt ihre hartnäckigsten Wettbewerber vertreiben. Entsprechend laut ist der Proteststurm bei Stadtwerken und anderen Konkurrenten. Sie fürchten eine „Remonopolisierung“.

Nicht betroffen ist die neuformierte Telefónica-/E-Plus-Gruppe: Sie legt gerade ihre eigenen DSL-Anschlüsse still und bezieht alle Leistungen von der Telekom. Und Rivale Vodafone sattelt nach der Übernahme von Kabel Deutschland auf das ebenfalls superschnelle TV-Kabelnetz um.

Als stärkster Gegenspieler mit einer eigenen, oft viel schnelleren Glasfaserinfrastruktur in den Städten bleiben da nur die weit mehr als 100 Regionalanbieter. Diese heterogene Gruppe zu schwächen und zu verunsichern sei das eigentliche Ziel der Telekom, heißt es bei den Verbänden der Konkurrenten.

Beilegen ließe sich der Konflikt, wenn Berlin eine Idee des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikation in Bad Honnef aufgreifen würde.

Demnach ließe sich der Glasfaserausbau beschleunigen, wenn der Bund dafür eine staatliche Holding gründet. Der Ausbau würde besser koordiniert, keiner trickst den anderen aus. Danach zieht sich der Bund zurück und verkauft seine Anteile.

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