Telekom Mehr Glasfaser für alle! Aber erst später

Telekom-Chef Tim Höttges (links) gewährt seinen Aktionären einen ersten Blick auf seine Mittelfristplanung. Ab 2021, also in drei Jahren, will die Telekom mit dem Bau von Glasfaserleitungen bis in jedes Haus beginnen. Quelle: REUTERS

Auf der Hauptversammlung der Telekom stellt Chef Tim Höttges seine neue Mittelfristplanung vor. Daran lässt sich das größte Problem der Telekom ablesen: Richtige Glasfaser gibt es nämlich erst ab 2021.

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Den Auftakt einer Hauptversammlung macht Tim Höttges traditionell zu einem Einführungskurs wie an der Volkshochschule. Die Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr muss ein paar Minute warten. Lieber setzt sich der Telekom-Chef einen magentafarbenen Helm auf und erklärt äußerst anschaulich, wie denn so ein Glasfaserkabel auf den Bürgersteigen vergraben wird. 96 hauchdünne Fasern legen die Techniker der Telekom in jedes Leerrohr, das an einem der 380.000 grauen Kästen endet. „128 HD-Filme können gleichzeitig über so eine Gigabit-Leitung geschickt werden“, erklärt Höttges. 20.000 Techniker sind jeden Tag im Einsatz, um die Glasfaser bis in die grauen Kästen zu bringen.

Höttges demonstrativer Auftritt soll das größte Problem kaschieren, dass die Telekom auch in den nächsten Jahren nicht lösen kann. Mit einer Rekordinvestition in Höhe von 12 Milliarden Euro tut der Konzernchef zwar viel, um seine Infrastruktur für das Gigabit-Zeitalter zu ertüchtigen. Doch bisher erreichen seine mit zusätzlicher Glasfaser frisierten Kupferleitungen dieses Ziel nicht. Bis Ende 2018 will die Telekom 26 Millionen Haushalten eine Geschwindigkeit von bis zu 100 Megabit pro Sekunde bieten. 15 Millionen bekommen sogar bis zu 250 Megabit pro Sekunde. Mehr aber nicht. Bis zum Gigabit ist noch ein langer Weg. Und daran wird sich in den nächsten Jahren wenig ändern. Denn nur in Gewerbegebieten und einigen ausgewählten Regionen wie kürzlich in Rügen, Bautzen und Naumburg beginnt die Telekom jetzt schon mit dem echten Glasfaserausbau. Weitere Projekte werden hinzukommen, aber der ganz große Wurf ist das noch nicht.

Denn ganz nebenbei hat Höttges seinen Aktionären einen ersten Blick auf seine Mittelfristplanung gewährt, die er eigentlich erst auf dem Kapitalmarkttag in der nächsten Woche vorstellen wollte. Demnach will die Telekom ab 2021, also in drei Jahren, mit dem Bau von Glasfaserleitungen bis in jedes Haus beginnen. Und es wird auch keine Aufholjagd geben: Nur zwei Millionen Haushalte sollen jedes Jahr solch einen Giga-Anschluss bekommen. Bei 40 Millionen Haushalte wäre die Telekom dann 20 Jahre beschäftigt. „Wir räumen weg, was den Kunden stört“, verspricht Höttges den Aktionären. Aber auf den echten Gigabit-Anschluss müssen die Telekom-Kunden wohl noch länger warten. Aktionärsvertreter wie Ingo Speich von der Union Investment fragen bereits: „Rächt es sich, dass die Telekom nicht früher mit dem Glasfaserausbau begonnen hat?“

Einige Aktionäre wundern sich, dass Höttges in seiner Rede die Fusion zwischen Vodafone und Unitymedia mit keinem Wort erwähnt. Zum ersten Mal entsteht ein Gigant, der mit einer eigenen und schnelleren Infrastruktur angreifen und Marktanteile gewinnen kann. 25 Millionen Haushalte könnten schon bald doppelt so schnelle Internetanschlüsse über ihren TV-Kabelanschluss bekommen. Aber darauf hat Höttges ebennoch keine Antwort gefunden.

„Ich liebe Wettbewerb“, antwortete Höttges später dem Aktionär, „sonst hätten wir nicht den Turnaround in den USA geschafft.“ Aber die Fusion von Vodafone und Unitymedia sei nichts anderes als eine „Re-Monopolisierung. „Wenn ein Kabelunternehmen 70 Prozent aller Fernsehkunden verbindet, dann wirft das viele kartellrechtlich Fragen auf.“ Höttges, so viel ist inzwischen klar, kämpft dafür, dass diese Fusion nicht zustande kommt. Sonst könnte die Telekom ihren Anspruch, mit dem besten Netz die Kunden zu begeistern, bald einstampfen.

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