Telekommunikation Neuer Telekom-Chef will höhere Preise durchsetzen

Die Deutsche Telekom und ihre Konkurrenten streiten um den besten Weg zu schnellerem Internet.

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Telekom-Chef Höttges Quelle: Laif

Für die Konkurrenten der Deutschen Telekom ist Christian Schwarz-Schilling so etwas wie ein Schutzpatron. Wenn es etwas zu feiern gibt, dann lädt der Dachverband VATM den ehemaligen Postminister als Festredner ein. Der inzwischen 83-Jährige gilt als Vater der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes und Verfechter des Wettbewerbs. Gerne erinnert er an die Achtziger- und Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, als er gegen alle Widerstände der SPD-Opposition das damalige Post- und Telekommunikationsmonopol abschaffte: „Ich war einer der meistgehassten Minister.“

Dafür zollten die Manager der gesamten Telekommunikationsbranche dem weisen Alten mit dem schlohweißen Haar bis zuletzt uneingeschränkt Anerkennung. Die Reform, attestierten sie Schwarz-Schilling die ganzen Jahre, sei eine „einzigartige Erfolgsstory“ für die Volkswirtschaft, dies sei von allen Seiten „unbestritten“.

Doch am 13. November scherte erstmals ein Top-Manager der Branche aus und meldete Zweifel an, ob der Wettbewerb tatsächlich so große Erfolge eingefahren habe. Die Telekom-Konkurrenten zelebrierten gerade im historischen Ambiente der Berliner Kalkscheune, einer ehemaligen Maschinenfabrik, den 15. Jahrestag der Liberalisierung. Da nutzte der designierte Telekom-Chef Timotheus Höttges, der am 1. Januar René Obermann an der Konzernspitze ablöst, seinen Auftritt für eine ganz neue Bewertung.

„Wir sind gar nicht so gut, wie Herr Schwarz-Schilling immer sagt“, überraschte Höttges seine Branchenkollegen. Bei der Regulierung der Telekommunikation würden „systematisch Fehler“ gemacht. Dies sei eine der Ursachen dafür, dass Europa in den vergangenen sechs Jahren weit hinter den USA und Asien zurückgefallen sei und seine einstige Vorreiterrolle verloren habe.

Entwicklung von Umsatz, Beschäftigung und Investitionen in der deutschen Telekommunikationsbranche seit 2008 Quelle: DIW econ

Mit seinem Stimmungstöter rüttelt Höttges an den Grundfesten der bisherigen Regulierung in der Telekommunikation. Denn mit dem Abstieg Europas rückt die Frage auf die Tagesordnung, wer das bessere Wettbewerbsmodell für den Telekommunikationsmarkt besitzt, die USA oder Europa. Oder vereinfacht: Würgen die Deutschen und ihre Nachbarn das künftige Wachstum im Geschäft mit Mobilfunk, Datenübertragung und Internet ab. Die Antwort darauf fällt zwiespältig aus. Gemessen an der Angebotsvielfalt und den Preisen für die Verbraucher, hat Europa deutlich die Nase vorn. Die Politiker in der Alten Welt haben für intensiven Wettbewerb mit möglichst vielen Anbietern gesorgt, damit die Verbraucher möglichst wenig fürs Telefonieren und Surfen im Internet bezahlen müssen, ob mobil oder im Festnetz.

Laut aktueller Statistik der Bundesnetzagentur liefern sich zurzeit rund 3500 Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen aller Art einen solch erbitterten Wettbewerb mit der Deutschen Telekom, dass die Preise in einigen Marktsegmenten wie zum Beispiel den Ferngesprächen in den vergangenen Jahren um über 90 Prozent purzelten. Doch die Wohltat für die Verbraucher gab es nicht umsonst. Denn die Preissenkungen führten auch dazu, dass Umsätze, Beschäftigung und Investitionen in die Infrastruktur seit 2008 stetig schrumpften (siehe Grafik).

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