Twitter Jack Dorsey scheitert mit der Wiederbelebung

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Ein ausgeglichener Dorsey

Der zweite läuft gerade. Mit ihm verbinden sich Befürchtungen – und Hoffnungen. Enge Weggefährten wie Twitter-Mitgründer Biz Stone sind überrascht, wie sehr sich Dorsey gewandelt hat. Der Gründer wird im November 40; das mittlere Alter scheint ihn wenn nicht weiser, so doch ausgeglichener gemacht zu haben. Sicher, Dorsey kann mit seinem langen Schweigen weiterhin jeden aus dem Konzept bringen. Seine Lieblingsfrage ist immer noch: Warum? Der Unterschied ist: Dorsey will nicht mehr Menschen abkanzeln. Sondern Debatten befeuern.

Gleichwohl: Seit Dorseys Amtsantritt hat eine Riege von erfahrenen Managern Twitter verlassen, so Marketingchefin Katie Stanton, Produktchef Kevin Weil und Personalleiter Brian Schipper. Dorsey hat knapp 350 von 3900 Mitarbeitern gefeuert und die Verantwortlichkeiten neu definiert. „Ich wusste bei Twitter eigentlich nie, wer gerade tatsächlich für das Produkt zuständig war“, sagt ein CEO aus dem Silicon Valley, dessen Unternehmen mit dem Kurznachrichtendienst kooperiert hat. Das sei nun anders.

Das Problem ist nur, dass Twitter nicht innoviert. Während Facebook-Chef Mark Zuckerberg, mit dem sich Dorsey hin und wieder zum Essen trifft, sein Netzwerk mit neuen Formaten zum Tummelplatz für die ganze Familie entwickelt hat, wird bei Twitter jede Idee probiert und wieder verworfen. So ist bis heute kein nachhaltiges Geschäftsmodell entstanden. Seit der Gründung wurden fast 2,5 Milliarden Dollar verbrannt. Allein in 2015 standen einem Umsatz von 2,2 Milliarden Dollar rund 520 Millionen Dollar Verlust gegenüber. Hat Twitter eine Zukunft?

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Marc Benioff, milliardenschwerer Gründer von Salesforce, ist davon überzeugt. Er würde aus dem Nachrichtenstrom bei Twitter gern ein Frühwarnsystem für Manager basteln, etwa wenn sich Anzeichen verdichten, dass ein neues Produkt beim Kunden durchfällt oder eine Marketingkampagne zu kontrovers ist. Google-CEO Sundar Pichai sieht das ähnlich. Twitter könnte den persönlichen Assistenten aufwerten, den sein Konzern entwickelt. Selbst Disneys Interesse ist nicht weit hergeholt: In dem Maße, wie Smartphones für den Medienkonsum immer bedeutsamer werden, könnte Twitter zu einer Art Programmdirektor avancieren.

Letztlich zeigen die drei unterschiedlichen Beweggründe, woran Twitter und sein Manager Dorsey bis heute scheitern: an zu wenig Ideen und an zu viel Fantasie. Twitter ist weder soziales Netzwerk noch Medienkonzern. Weder simpel noch multifunktional. Die Zeit für eine Entscheidung naht. Endlich.

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